Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 438 / Januar 2024

Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen und Antworten zur Wohnungsbewerbung und Anbahnung von Mietverträgen

Von Rechtsanwalt Jan Becker

Ich habe einige Onlineanzeigen für Wohnungsangebote gefunden. Wenn ich mich dafür interessiere, werde ich online direkt dazu aufgefordert, mich für eine Besichtigung anzumelden und ein Bewerbungsformular auszufüllen. Ist das überhaupt zulässig? Ich finde, meine persönlichen Daten gehen den Vermieter noch gar nichts an. 

In der Beratungspraxis hören wir in den letzten Jahren immer wieder davon, dass man sich auf Wohnungen nur noch online bewerben kann. Das alleine ist grundsätzlich erlaubt. Ob man nur für eine Besichtigung schon umfangreiche persönliche Daten abgeben muss, habe ich bis jetzt nicht gesehen oder gehört. Man ist sich ja noch gar nicht sicher, ob man die Wohnung mieten will. Da stellt sich die Frage, wofür der Vermieter die jeweiligen Daten benötigt. Den rechtlichen Rahmen für die Datenerhebung gibt Art. 6 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Danach ist die Verarbeitung von Daten nur rechtmäßig, wenn 

a) die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat, 

b) die Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, erforderlich ist, oder

c) zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen notwendig ist. Eine Wohnungsbesichtigung und der Austausch von Informationen zu der Wohnung und den Bedingungen der Vermietung sind solche vorvertraglichen Maßnahmen. Allein für die Besichtigung sind wohl allenfalls der Name und eine Kontaktmöglichkeit zur Terminkoordinierung erforderlich. Fordert hier der Vermieter schon im Vorfeld mehr Daten, ist das wohl nicht zulässig, andererseits kann es sein, dass Sie schlicht keinen Besichtigungstermin bekommen und nie wieder etwas von dem Vermieter hören, wenn Sie nicht weitere Daten abgeben. Die Praxis ist oft schwieriger als der Gesetzestext das vorzugeben scheint.  

Was kann ich tun, wenn ich einen Mietvertrag zur Unterschrift vorgelegt bekomme und darin Passagen finde, die ich ungerecht finde?

In der Praxis läuft es sehr oft so, dass man einen Mietvertrag mit sehr viel Text vorgelegt bekommt und nur sehr wenig Zeit bleibt, um diesen zu unterschreiben oder gar vorher prüfen zu lassen. Unterschreibt man nicht rechtzeitig, wird die Wohnung an andere vergeben. Fragt man zu einzelnen Textpassagen kritisch nach, bekommt man nicht selten die Antwort, dass der Text nicht weiter verhandelt wird, es gäbe ja genug andere Interessenten. Das erzeugt oft sehr hohen Druck auf Mieterseite und es besteht das Risiko, dass man einen sehr nachteiligen Vertrag unterzeichnet. 

Hier auf alle Einzelheiten einzugehen, würde Stoff für ganze Bücher geben. Als ersten Rat kann ich Ihnen mitgeben, dass sich viele nachteilige Regelungen aus einem Mietvertragstext schon per Gesetz als unwirksam herausstellen, so dass man den Vertrag unterzeichnen kann, wenn man damit rechnet, dass einzelne Teile unwirksam sind. Beispielsweise wäre eine Klausel unwirksam, in der steht „Der Vermieter darf die Wohnung mindestens zweimal jährlich zur Inspektion betreten. Der Mieter ist verpflichtet, den Zutritt zu gewähren.“ Die Unwirksamkeit hat ihre Grundlage im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, konkret in den §§ 305 bis 310 BGB. Danach unterliegen alle Vertragstexte, die von Vermieterseite vorformuliert sind, rechtlichen Grenzen und können im Einzelfall unwirksam sein, auch wenn Sie den Vertrag unterschrieben haben. Ausnahme: Wenn Ihr Vermieter nur eine oder nur wenige Wohnungen hat, also nach dem Gesetz nicht als Unternehmer angesehen wird, gelten diese rechtlichen Grenzen nicht und man muss vorher konkret die Einzelheiten verhandeln, wenn man nicht vollständig einverstanden mit dem Vertragsinhalt ist. Wenn Ihnen ein Vertragstext vorgelegt wird und Sie dazu Beratungsbedarf haben, rate ich Ihnen, eine unserer Beratungsstellen aufzusuchen.

Ich habe mich auf eine Wohnung beworben – nun fordert mich der Vermieter auf, einen Fragebogen auszufüllen. Was darf er fragen?

Die rechtliche Zulässigkeit von Fragen, die bei der Anbahnung eines Mietvertrages gestellt werden dürfen, ergibt sich aus den Rechten und Pflichten, die mit dem Mietvertrag begründet werden und aus einigen Gesetzen, wie beispielsweise dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Wesentliche Pflichten für Mieter/innen aus dem Mietvertrag sind die regelmäßige und rechtzeitige Zahlung der Miete und die Einhaltung der Hausordnung. Deswegen darf der Vermieter Fragen zu Ihrer wirtschaftlichen Situation und zur Anzahl der Personen, die einziehen werden stellen. Diese Fragen müssen dann auch wahrheitsgemäß beantwortet werden. Nicht zulässig sind Fragen, die Anlass für eine Diskriminierung geben, die nach § 19 Absatz 1 des AGG verboten ist, also Fragen, die auf eine rassistische Benachteiligung, Benachteiligungen wegen der ethnischen Herkunft der Mietinteressenten, auf eine Benachteiligung wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität hindeuten. Allerdings sind nach dem Normtext des § 19 Absatz 3 AGG „Ungleichbehandlungen bei der Vermietung von Wohnraum im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“ zulässig. Die bloße Frage nach dem Alter oder einer Behinderung deutet dann nicht sofort auf eine verbotene Ungleichbehandlung hin. Sind beispielsweise nur wenige barrierefreie  Wohnungen im Haus verfügbar, kann die Frage nach körperlichen Behinderungen durchaus zulässig sein. 

Bis jetzt sind mir aus der Beratungspraxis aber keine sehr umfangreichen Fragenkataloge von Vermietern bekannt geworden. Nach meiner Erfahrung werden vor allem Einkommensverhältnisse, Alter und Beruf abgefragt. Die Ungleichbehandlung auf dem Wohnungsmarkt läuft „verdeckt“, was man beispielsweise daran sieht, dass Personen mit nicht deutschen Namen häufig davon berichten, wesentlich schlechtere Chancen auf dem Wohnungsmarkt zu haben. Rechtlich lässt sich diese Art der Ungleichbehandlung schwer nachweisen.

Wenn ich eine Wohnung besichtige und dann sehe, dass da etwas nicht funktioniert: Was kann ich dann tun und worauf sollte ich generell achten?

Wenn Sie eine Wohnung besichtigen, rate ich dazu, möglichst einen Termin bei Tageslicht zu vereinbaren. So bekommen Sie einen Eindruck darüber, wie hell oder dunkel es generell sein wird, wo Sie vielleicht bald wohnen werden. Außerdem erkennt man bei Tageslicht eher verdächtige Verfärbungen an Wänden oder Beschädigungen an Türen und Fenstern, die vielleicht nur mit etwas Farbe überstrichen sind. Nehmen Sie eine Begleitperson mit, mit der Sie sich zu Ihren Eindrücken austauschen können. Achten Sie darauf, wie sehr man Straßenverkehr, anderen Lärm aus der Umgebung oder Wohngeräusche aus anderen Wohnungen wahrnimmt. Testen Sie die Toilettenspülung, Lichtschalter, Wasserhähne und eventuell vorhandene Lüftungssysteme. Läuft alles? Wenn nicht, wäre das für mich noch kein Grund, mich direkt nachdrücklich zu beschweren, aber ich würde alle Mängel, die ich sehen kann, unbedingt notieren und spätestens kurz vor dem Einzug bei dem Vermieter anzeigen. Denn wenn man in eine Wohnung einzieht, bei der man bestimmte Mängel schon kennt, aber dann nichts dazu sagt, verliert man sein Recht zur Mietminderung und den Anspruch auf Schadensersatz wegen dieser Mängel. Die Besichtigung dient also auch dazu, anfänglich erkennbare Mängel zu erfassen und gleich nach Unterschrift des Mietvertrages die Beseitigung zu fordern. Je nach Stimmung bei der Besichtigung und je nach Kommunikationsbereitschaft der Hausverwaltung oder des Vermieters kann man natürlich auch schon bei der Besichtigung auf Mängel aufmerksam machen. Sehr kritisch wäre ich bei Verfärbungen an Wänden oder Decken, die auf Schimmelpilz hindeuten.  

Welche Fragen muss ich in der Bewerbung beantworten? Darf ich unwahre Angaben machen? Wie ist das mit Haustieren oder Fragen zur Religion?

Hier ist es, wie man das aus dem Arbeitsrecht und aus veröffentlichten Urteilen kennt: Wenn Fragen rechtlich nicht zulässig sind, darf man tatsächlich lügen. Wird man also nach der sexuellen Orientierung gefragt, so darf man dort lügen. Denn die sexuelle Orientierung hat nichts mit den Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag zu tun (siehe oben, die Antwort zu der Frage im Bewerbungsformular), und eine Relevanz für ausgewogene Siedlungsstrukturen ist auch nicht zu erkennen. Fragen nach Haustieren können relevant sein. Die grobe Faustformel dazu ist, dass Fragen zu Tieren, die größer sind als Katzen (aber auch zu kleinen Hunden) wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen. Die Haltung bestimmter Hunde kann von Vermieterseite wirksam untersagt werden, insbesondere wenn die Hunde andere Personen im Haus gefährden oder nachhaltig stören könnten. Kleintiere wie Hamster oder Meerschweinchen darf man ohne Erlaubnis in der Wohnung halten. Deswegen muss man die Haltung dieser Tiere auch nicht im Vorfeld bei der Anbahnung eines Mietvertrages angeben.

Welche Unterlagen muss ich bei einer Bewerbung auf eine Wohnung einreichen?

In der Regel fordern Vermieter Einkommensnachweise, wie zum Beispiel Lohnabrechnungen der letzten drei Monate, den Arbeitsvertrag oder andere Dokumente, anhand derer das durchschnittliche monatliche Einkommen nachgewiesen werden kann. Wenn Sie also selbständig arbeiten, werden Sie gegebenenfalls den letzten Einkommensteuerbescheid und eventuell aktuelle Rechnungen oder andere nachvollziehbare Darstellungen der aktuellen Einkommenslage verwenden. Außerdem wird meiner Erfahrung nach so gut wie immer eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gefordert. Das ist eine Erklärung Ihres jetzigen Vermieters, in der ausdrücklich bestätigt wird, dass Sie keine Zahlungsrückstände aus Ihrem Mietverhältnis haben.

Mein jetziger Vermieter will mir keine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung für meine Wohnungsbewerbung erteilen, obwohl ich nachweislich keine Mietschulden habe. Habe ich ein Recht auf diese Bescheinigung?

Leider gibt es nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung kein Recht, also keinen Anspruch auf Erteilung der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung. Der Bundesgerichtshof hat diesen Anspruch zuletzt im Jahr 2009 verneint (siehe dazu BGH, Urteil vom 30. September 2009, AZ: VIII ZR 238/08). Die Richter des BGH haben entschieden, dass ein Mieter von seinem ehemaligen Vermieter keine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangen kann, wenn dies nicht mietvertraglich vereinbart ist. Eine solche Verpflichtung besteht auch nicht als mietvertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Aber: Sie haben Anspruch darauf, dass der Vermieter Ihnen eine Quittung über die empfangenen Mietzahlungen aushändigt. Fakt ist jedoch, dass nahezu ausnahmslos alle Vermieter eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung fordern. Alternativ können Sie auch die in vielen Ratgebertexten zu findende Methode versuchen, alle Kontoauszüge der Mietzahlungen aus dem vorherigen/bestehenden Mietverhältnis vorzulegen. Daten zu anderen Kontobewegungen sollten Sie schwärzen. Lassen Sie sich in einer unserer Beratungsstellen anwaltlich beraten, wenn Sie Fragen dazu haben.

Wie ist das mit einer Schufa-Auskunft /Selbstauskunft?

Schufa ist die Abkürzung für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“. Dort werden Daten über Personen, die am Wirtschaftsleben teilnehmen, gesammelt, gespeichert und an abfragende Stellen weitergeben. Die Schufa ist keine Behörde, sondern eine zivilrechtlich organisierte Aktiengesellschaft. Ihr Vorgehen und das Geschäftsmodell sind immer wieder umstritten und im Einzelfall kann es sich lohnen, die dort zur eigenen Person gespeicherten Daten zu überprüfen und Ansprüche auf Berichtigung oder Löschung geltend zu machen. 

Faktisch bekommt man auf dem freien Wohnungsmarkt allerdings so gut wie nie einen Mietvertrag angeboten, ohne diese Auskunft vorzulegen. Die Auskunft besteht aus Daten, die die Schufa verkauft, wenn die Anfragenden diese Daten im Wirtschaftsverkehr verwenden wollen. Die Schufa-Auskunft enthält Daten über Ihre Bonität oder Kreditwürdigkeit. Sie erhalten damit eine Bewertung darüber, wie wahrscheinlich es nach Information der Schufa ist, dass Sie einen Kredit oder andere Verbindlichkeiten tatsächlich bezahlen können. Privatpersonen können bei der Schufa einmal jährlich eine kostenlose Auskunft erhalten. Die Schufa stellt dafür eine Kopie der personenbezogenen Daten nach Art. 15 der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung zur Verfügung. Dieses Schreiben enthält alle Daten, die über die Person bei der Schufa gespeichert sind. Die Forderung des Vermieters zur Vorlage einer Selbstauskunft zu Einkommen und etwaigen Schulden ist legitim und sollte von Ihnen nicht verweigert werden. Denn diese Auskunft betrifft die wesentliche Frage, ob Sie Ihrer Mietzahlungspflicht nachkommen können.

 

Rechtsanwalt Jan Becker berät in der Beratungsstelle Sonnenallee in Neukölln.


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