Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 433 / Juni 2023

Kulturkampf um Parkplätze

In der Cité Foch werden keine Sozialwohnungen entstehen

Von Felix Lederle

In der Cité Foch im Ortsteil Wittenau befindet sich ein großes, für Wohnungsbau geeignetes Grundstück im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Aber bezahlbare Wohnungen entstehen dort nicht. Doch die aktuelle Auseinandersetzung dreht sich stattdessen um PKW-Stellplätze.     


Öffentliche Baugrundstücke in Berlin sind kostbar, der Bezirk Reinickendorf besitzt keine eigenen mehr und die Flächenkonkurrenzen sind riesig. Die Preise für Wohnungen und Baugrundstücke sind in Folge jahrelanger, ungebremster internationaler Spekulation mit Berliner Betongold ebenso in die Höhe geschossen, wie – aus anderen Gründen – die Baukosten. Vielen Menschen bis weit in den Mittelstand steht das Wasser angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten bis zum Hals. Es wäre Aufgabe der Politik, die Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen, wie es in der Verfassung von Berlin festgeschrieben steht. Und natürlich stehen da auch der Bund – z. B. mit Blick auf das Mietrecht – und die BImA in der Verantwortung. 

Jahrelang haben sich das Land Berlin und die Bezirke bemüht, die BImA dazu zu bewegen, Flächen für die wachsende Bundeshauptstadt zur Verfügung zu stellen. Meist leider ohne Erfolg und so auch in der Cité Foch. Der rot-rot-grüne Senat und der CDU-geführte Bezirk hatten sich am Ende der letzten Legislatur eigentlich darauf  geeinigt, auf einem Teil der fraglichen Fläche eine perspektivisch auch für Einheimische nutzbare modulare Unterkunft für Geflüchtete mit Wohnungszuschnitt (MUF 2.0) zu errichten. Dies wurde seinerzeit von der BImA verweigert, stattdessen will man 590 Werkswohnungen für Bundesbedienstete bauen. 

Gemäß dem Berliner Modell der Kooperativen Baulandentwicklung war die BimA immerhin verpflichtet, einen 30%igen Anteil mietpreis- und belegungsgebundener Sozialwohnungen zu errichten, und der seinerzeitige Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) bekräftigte noch im August 2020 in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) diese Verpflichtung. 

Sozialwohnungsquote ausgehebelt

Aber nach den Wahlen im September 2021 teilte die neu zuständige Stadträtin Korinna Stephan (B90/Grüne) im zuständigen BVV-Ausschuss am 16. Juni 2022 hingegen überraschend mit, dass die BImA von dieser gesetzlichen Verpflichtung befreit wurde. Die Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus bestätigte am 4. Juli, dass die von Andreas Geisel (SPD) geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Abstimmung mit der Grünen-Stadträtin der BImA eine Ausnahmegenehmigung erteilt und sie aus der Verpflichtung entlassen habe, Sozialwohnungen zu errichten.

Begründet wurde dies damit, dass die BImA für alle Wohnungen eine Höchstmiete  vereinbart habe. Diese wird aber im Regelfall bei 10 Euro/qm liegen und damit weit über der Miethöhe von Sozialwohnungen (6,70 Euro/qm). Unklar ist zudem bislang, inwieweit sich die BImA finanziell an den Infrastrukturfolgekosten beteiligen muss. Öffentlicher Druck hat leider in der Folgezeit nichts daran geändert, dass mit Hilfe der Politik ausgerechnet für die BImA eine Extrawurst zu Lasten bezahlbaren Wohnraums gebraten wurde. 

In der BVV Reinickendorf ist dies kein Thema mehr. Stattdessen ist dort eine Art Kulturkampf für oder gegen jeden einzelnen Parkplatz ausgebrochen, obwohl die BImA ihr Mobilitätskonzept noch gar nicht vorgelegt hat und die Stadträtin bisher keine konkreten Angaben machen konnte, wie viele PKW-Stellplätze insgesamt und an welcher Stelle weichen sollen. In einer Bürgerversammlung waren zuvor Befürchtungen geäußert worden, dass der ruhende Verkehr in die umliegenden Straßen verdrängt wird. 

Die von der BVG geplante veränderte Linienführung der Buslinie 322 über die Avenue Charles de Gaulle und Rue Montesquieu würde die Einbindung des wachsenden Kiezes in das bezirkliche Verkehrsnetz verbessern. Dazu kommt die Planung des Bezirksamts, die Avenue Charles de Gaulle als verkehrsberuhigten Bereich anzulegen. Wichtige zu beachtende Aspekte sind sichere Fuß- und Radwege, Barrierefreiheit und die Aufenthaltsqualität, damit ein lebendiges Quartier entsteht. Der Kiez muss allerdings gemeinsam mit den Anwohner/innen entwickelt werden, und nicht über ihre Köpfe hinweg. Doch auch wenn es gelingt, Cité Foch zukünftig noch lebenswerter zu gestalten, bleibt ein bitterer Beigeschmack. Denn dringend benötigte, preiswerte Wohnungen werden hier nicht entstehen.  

 

Felix Lederle ist Bezirksverordneter für Die Linke in der BVV Reinickendorf.


MieterEcho 433 / Juni 2023

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