Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 434 / Juli 2023

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

am 26. September 2021 hatten – zusammen mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus – 59,1% der Wähler/innen dem Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ zugestimmt und damit den Senat beauftragt, ein Gesetz zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen (Vergesellschaftungsgesetz) zu erarbeiten. Ein klarer Auftrag! Doch nicht für Frau Giffey. Schon vor der Wahl hatte sie die Vergesellschaftung als rote Linie bezeichnet. Doch wie das mit roten Linien so ist, man muss sie einhalten können. Da Frau Giffey auf zwei vergesellschaftungsfreudige Koalitionspartner angewiesen war, wurde zwar nicht sofort an einem Gesetzentwurf gewerkelt, doch immerhin eine Expertenkommission einberufen, die eine Aussage zur Verfassungskonformität der Vergesellschaftung treffen sollte. Dies hat sie nun getan. Der bisher noch nie angewendete Artikel 15 des Grundgesetzes deckt die Vergesellschaftung der Immobilien, „sofern die gemeinnützige Bewirtschaftung für die Zukunft gesichert ist“, stellt die Kommission fest und lässt zudem keinen Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz Berlins. Außerdem – so die Kommission – könne die Höhe der erforderlichen Entschädigung unter dem Verkehrswert der Bestände liegen.

Frau Giffey hat Schwierigkeiten mit „Enteignungen“. Vor der Wiederholungswahl im Februar diesen Jahres hatte sie auf einer Diskussionsveranstaltung des Wirtschaftsverbands VBKI (Verein Berliner Kaufleute und Industrieller e.V.) und des Tagesspiegel gemeint, sie sei in der DDR geboren, „in einem anderen Land, in dem Enteignung auch eine Dimension hatte“, und fügte hinzu: „Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, mich für Enteignungen einzusetzen.“ 

Offenbar hat sie etwas vollkommen durcheinander gebracht. Die „Enteignung“ hat bereits vor Jahren stattgefunden. Der Verkauf der Gesellschaften durch die rot-rote Koalition unter Führung des durch spaßige Sprüche glänzenden Sozialdemokraten Wowereit an private Investoren – zu einem Spottpreis übrigens – stellte die Enteignung öffentlicher Güter dar. Wohnungsbaugesellschaften waren vor ihrer Privatisierung marktfern und auf soziale Wohnraumversorgung ausgerichtet. Dass sie jemals privater Verwertung überantwortet würden, hätte sich bei ihrer Gründung niemand träumen lassen. Der durch die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ in Gang gesetzte Volksentscheid stellt einen mühsamen Prozess des Rückkaufs dar. Dass er auch weiterhin mühsam bleibt, wurde von CDU und SPD vorsorglich im Koalitionsvertrag festgelegt. Denn dieser Senat will kein Gesetz zur konkreten Vergesellschaftung der im Volksentscheid bezeichneten Bestände erarbeiten, sondern nur ein allgemeines Vergesellschaftungsrahmengesetz. Das soll, so es denn fertig wird, auf seine Grundgesetztauglichkeit vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden und dann..., ja dann fallen dem Senat sicherlich noch weitere Hindernisse ein. 

Ihr MieterEcho


MieterEcho 434 / Juli 2023

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