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MieterEcho 428 / November 2022

Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen rund um das Wohngeld

Von Rechtsanwältin Andrea Draeger  

Ich beziehe Wohngeld, die Bewilligung ist bis einschließlich Januar 2022 erfolgt. Ab Februar 2022 habe ich einen Weiterbewilligungsantrag eingereicht. In diesem habe ich angegeben, dass sich mein monatliches Gehalt erhöht hat und der Arbeitgeber ab Januar 2021 die Kosten des Monatstickets für den öffentlichen Nahverkehr in Berlin übernommen hat. Ab Februar wurde ein deutlich geringeres Wohngeld gewährt und gleichzeitig für den Monat Januar eine  Rückzahlung von Wohngeld geltend gemacht. Ich bin damit nicht einverstanden, weil das erhöhte Gehalt ab Januar erstmals im Februar ausgezahlt wurde.

Bei der Bewilligung des geringeren Wohngelds ab Februar ist zu berücksichtigen, dass die Gehaltserhöhung in die Berechnung einfließt, jedoch nicht die Zahlung des Arbeitgebers für das Monatsticket im öffentlichen Nahverkehr in Berlin. Hierbei handelt es sich nämlich um eine steuerfreie Einnahme im Sinne des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Ein solch steuerfreier Zuschuss ist beim Gehalt für die Berechnung des Wohngeldes nicht zu berücksichtigen, sondern vorher in Abzug zu bringen. Auch eine Rückzahlung für den Monat Januar kann nicht geltend gemacht werden. Das Einkommen wird jeweils in dem Monat berücksichtigt, für den Sie es bezogen haben, egal wann die Auszahlung erfolgt. Aber es darf nur berücksichtigt werden, wenn sich das Jahreseinkommen, welches der Berechnung des Wohngeldes zugrunde lag, um mehr als 15% erhöht hat. Da nur für einen Monat die Erhöhung vorlag und diese auch noch um die Kosten der Fahrt für den Nahverkehr zu bereinigen war, fällt eine Rückzahlung erst an, wenn die Erhöhung mehr als 15% betrug. Anderenfalls verbleibt es bei dem bereits gewährten Wohngeld. 

Meine Familie hat Wohngeld bezogen. Vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes sind wir in einen anderen Bezirk umgezogen und haben für die neue Wohnung ebenfalls Wohngeld beantragt. Nach erfolgtem Auszug aus der alten Wohnung mussten wir für einen weiteren Monat auch noch für die alte Wohnung Miete zahlen. Die Wohngeldstelle hat das Wohngeld für diesen Monat jedoch aufgehoben und die Zahlung eingestellt. Damit hatte meine Familie eine Mietdoppelbelastung für beide Wohnungen und keinen Zuschuss über das Wohngeld, was eine erhebliche finanzielle Belastung und Härte darstellte.  Muss ich das akzteptieren?

Ja. Die Bewilligung von Wohngeld wird vom 1. des Monats an unwirksam, in dem der Wohnraum, für den Wohngeld bewilligt ist von keinem zu berücksichtigendem Haushaltsmitglied mehr genutzt wird. Eine Nutzungsaufgabe liegt vor, wenn der Wohnraum nicht mehr Mittelpunkt der Lebensbeziehung der Haushaltsmitglieder ist, insbesondere wenn diese in eine andere Wohnung umgezogen sind. Auf die noch bestehende Mietzahlungsverpflichtung für die bisherige Wohnung kommt es daher nicht an. Mit dem Auszug aus der Wohnung endet der Anspruch auf Wohngeld, so dass Sie die Mietdoppelbelastung selbst tragen müssen. 

Ich bin mit der Höhe des gewährten Wohngeldes nicht einverstanden, mein Widerspruch wurde zurückgewiesen. Ich möchte gerne eine Klage beim Verwaltungsgericht einreichen, jedoch weiß ich nicht, welche Kosten dabei entstehen. Ich verfüge über keine Rechtsschutzversicherung.

Seit 2019 werden für Streitigkeiten von Wohngeldempfängern vor dem Verwaltungsgericht keine Gerichtskosten mehr erhoben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 08. August 2019 entschieden. Verfahren vor dem Sozialgericht sind seit jeher gerichtskostenfrei. Dies gilt nunmehr auch für Wohngeldangelegenheiten vor dem Verwaltungsgericht, da Wohngeld auch zu den Angelegenheiten der Fürsorge zählt. Der Streit um Wohngeld, welches ja wie eine individuelle Sozialleistung betrachtet werden kann, soll damit den Angelegenheiten vor dem Sozialgericht gleichgestellt werden. Es besteht kein Anwaltszwang, so dass Sie die Höhe des Wohngeldes ohne Kostenrisiko vom Gericht überprüfen lassen können. Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt mit der Führung des Verfahrens, müssen Sie aber dessen Kosten tragen. Hierbei ist zu prüfen, ob Sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben.  

Erhalte ich Wohngeld, wenn ich nur über äußerst geringe Einkünfte verfüge?

Nein, ein Anspruch auf Wohngeld besteht nur, wenn Sie nachweisen können, dass ausreichend Geld zum Lebensunterhalt vorhanden ist. Hierbei orientiert sich das Amt an den Sätzen der Grundsicherung. Sie müssen daher angeben, dass Sie über Einkünfte in Höhe der Miete zuzüglich Regelleistung verfügen (Plausibilitätsprüfung). Dazu zählen Einnahmen und gegebenenfalls monatliche Beträge aus Sparrücklagen. Es muss ein schlüssiges Konzept vorliegen. Der Einwand, ich lebe so sparsam, dass ich über die Regelleistung nicht verfügen muss, ist nicht durchgreifend. Sofern Sie ein Darlehen (beispielsweise von Verwandten) beziehen, ist dies beim schlüssigen Konzept zu Grunde zu legen. Es kann zum Anspruch auf Wohngeld führen. Bei der Berechnung der Wohngeldhöhe ist es jedoch nicht heranzuziehen. Darlehenszahlungen sind nicht als Einkommen anzurechnen.

Ich bin Rentner, meine Rente ist jedoch sehr gering. Grundsicherung im Alter erhalte ich nicht, da ich über Ersparnisse von ca. 50.000 Euro verfüge. Kann ich Wohngeld erhalten?

Ja, Wohngeld wird grundsätzlich unabhängig vom Vermögen gezahlt. Der Anspruch auf Wohngeld besteht erst dann nicht mehr, wenn die Zahlung wegen erheblichen Vermögens unbillig wäre. Als Grenze wird hierbei ein Betrag i. H. v. 60.000 Euro für das 1. Haushaltsmitglied und 30.000 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied angesehen. Wenn die Ersparnisse aufgebraucht sind, kann ein Anspruch auf Grundsicherung im Alter bestehen. Dann entfällt das Wohngeld, da Wohnkosten bereits Bestandteil der Grundsicherung sind. Bis dahin können Sie jedoch Wohngeld in Anspruch nehmen.

Ich bin 30 Jahre alt und möchte nach dem Studium eine mehrjährige Auszeit nehmen. Ich bestreite den Lebensunterhalt aus Sparrücklagen und möchte Wohngeld beantragen. Habe ich darauf einen Anspruch?

In dieser Konstellation könnte die Inanspruchnahme von Wohngeld missbräuchlich sein. Der Ausschlussgrund aus § 21 Nr. 3 WoGG knüpft an ein tatsächliches, auf die Herbeiführung der Leistungsgewährung gerichtetes Verhalten an. Dieses Verhalten muss mit dem Zweck des Wohngeldgesetzes, Wohngeld nur zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens zu gewähren, nicht zu vereinbaren sein. Hier ist das Verhalten im Einzelfall prüfen. Die Prüfung ist aus der Perspektive eines objektiven Beobachters vorzunehmen. Das Verhalten muss nicht als sittenwidrig, verwerflich oder gar betrügerisch einzustufen sein. Ergibt die Prüfung jedoch, dass das Verhalten mit dem Blick auf das Gebot einer sparsamen und effektiven Verwendung staatlicher Mittel unangemessen und sozialwidrig ist, besteht kein Anspruch auf Wohngeld. Sofern Sie sich überhaupt nicht um eine Erwerbstätigkeit bemühen, könnte der Ausschlusstatbestand erfüllt sein. Sofern Sie sich jedoch um eine Erwerbstätigkeit bemühen (bewerben) oder dies aus gesundheitlichen Gründen oder aus Gründen der notwendigen Kinderbetreuung oder Versorgung von Verwandten nicht können, müsste ein Wohngeldanspruch bestehen. Es ist der jeweilige Einzelfall zu prüfen.

Ich verfüge gegenwärtig über Einkünfte von ca. 1.000 Euro Rente. Meine Miete beträgt 480 Euro. Ich lebe alleine und habe daher keinerlei ergänzende Leistungen erhalten. Nunmehr habe ich eine Mieterhöhungserklärung erhalten und die Miete wird einschließlich Betriebskostenvorauszahlung 550 Euro betragen. Ich weiß nicht, wie ich dies finanziell bestreiten soll.

Nach der gegenwärtigen Rechtslage im Kalenderjahr 2022 hatten Sie keinen ergänzenden Anspruch auf Leistungen. Dies wird sich jedoch voraussichtlich ab dem 1. Januar 2023 ändern. Mit der Einführung des Bürgergeldes wird sich der Regelbedarf für alleinstehende Erwachsene auf 502 Euro erhöhen. Damit könnte bereits eine Anspruchsberechtigung aus Sozialleistungen bestehen. Aber auch die Wohngeldreform ab dem 1. Januar 2023 wird die Mehrbelastungen Betroffener abfedern. Ich empfehle Ihnen daher, vorsorglich einen Antrag auf Gewährung von Wohngeld zu stellen. Neu ab dem 1. Januar 2023 wird die Einführung einer Klimakomponente im Wohngeld sein. Dies erfolgt durch Gewährung eines Zuschlags auf die Höchstbeträge der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung in der Wohngeldberechnung. Gleichzeitig wird eine Anpassung der Berechnung der Höhe des Wohngeldes vorgenommen. Zu Beginn des Jahres 2023 werden die neuen Wohngeldrechner veröffentlicht, so dass Sie selbst eine Probeberechnung vornehmen können.

Ich bin Student und habe die Regelstudienzeit bereits überschritten. Ich erhalte kein BAföG und kann den Lebensunterhalt durch freiwillige Unterhaltszahlungen von Angehörigen und aus Ersparnissen bestreiten. Bisher habe ich Wohngeld bezogen. Nunmehr wird Wohngeld mit der Begründung abgelehnt, ich könnte mit Beendigung des Studiums andere Sozialleistungen beziehen. Ist die Ablehnung rechtmäßig?

Nein. Zwar kennt das Wohngeldgesetz auch die Prüfung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme, jedoch sind hieran hohe Anforderungen zu stellen. Die Inanspruchnahme des Wohngeldes kann als missbräuchlich ganz oder zum Teil abgelehnt werden, wenn es dem Betroffenen zuzumuten ist oder war, durch Aufnahme einer Arbeit zur Erhöhung des Gesamteinkommens soweit beizutragen, dass die Miete oder Belastung ganz oder zu einem höheren Anteil tragbar wird. Ob Ihnen dies zuzumuten ist/war, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Dazu ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Eine weitergehende Prüfung ist nur bei einem auffälligen Abweichen vom Regelverhalten vorzunehmen. Hierbei ist das Recht auf selbstverantwortliche Gestaltung des eigenen Lebens und die Freiheit der Berufswahl zu berücksichtigen. Die gewählte Erwerbstätigkeit/Nichterwerbstätigkeit wegen Studiums muss aus Ihrer Sicht plausibel und sinnvoll sein. Das Wohngeldgesetz enthält keine versteckte Sanktionsregelung und kann Vorgaben für Ihre Lebensgestaltung nicht treffen.

Ich bin getrenntlebend und bestreite meinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit. Mein Einkommen ist jedoch so gering, dass ich nach der Mietzahlung nicht mehr über genügend Geld zum Lebensunterhalt verfüge. Ich habe daher Wohngeld beantragt. Dieses wurde abgelehnt, da ich nicht bereit bin, Auskünfte über meinen getrenntlebenden Ehepartner zu erteilen. Ich möchte von diesem nämlich keine Unterstützung in Anspruch nehmen. Ist die Wohngeldablehnung rechtens?

Das kommt auf Ihre konkrete Situation an. Nach §§ 66, 60 SGB I kann eine Ablehnung von Leistungen erfolgen, wenn der Antragsteller seine Mitwirkungspflichten verletzt. Im Rahmen der Mitwirkungspflichten müssen Sie Auskunft darüber erteilen, ob und in welcher Höhe Unterhaltsansprüche vorliegen und ob Sie Unterhaltszahlungen erhalten. Es kann jedoch keine Auskunft von Ihnen verlangt werden über die Höhe des Einkommens des getrenntlebenden Ehepartners, wenn dies nicht in Ihrem Kenntnisbereich liegt. Sie können auch nicht verpflichtet wer-den, Unterhaltsansprüche durchzusetzen, wenn Ihnen das unzumutbar ist. Eine Unzumutbarkeit kann zum Beispiel vorliegen, wenn Ihr getrenntlebender Ehemann eine Straftat gegen Ihre körperliche Unversehrtheit verübt hat und Sie deswegen keinen Kontakt zu ihm mehr aufnehmen können.

Ich musste im letzten Jahr umziehen und habe bezahlbaren Wohnraum in Berlin nicht anmieten können. Daher habe ich mit einer ebenso betroffenen Person gemeinsam einen Mietvertrag für eine Zweiraumwohnung abgeschlossen und bewohne diese mit ihm in einer Wohngemeinschaft. Mein Einkommen hat sich aufgrund des Arbeitsplatzwechsels deutlich verringert, so dass ich nunmehr Wohngeld beantragen möchte. Mein Mitbewohner verfügt über ausreichende Einkünfte, um seinen Mietanteil zu tragen. Kann ich allein Wohngeld erhalten und muss ich Auskunft über seine Einkommenssituation erteilen?

Ja das können Sie. Mitglieder einer Wohngemeinschaft können selbst und nur für sich alleine Wohngeld beantragen. Zu unterscheiden ist die Wohngemeinschaft (WG) von einer Bedarfsgemeinschaft. Voraussetzung für die Bedarfsgemeinschaft ist, dass ein gemeinsames Wirtschaften vorliegt und man für einander einsteht. Wenn dies bei Ihnen nicht der Fall ist und die Verbindung allein zum Abschluss eines Mietvertrags und Teilung der Wohnkosten erfolgte, liegt eine WG vor. In diesem Fall müssen Sie nur Ihre eigene Einkommenssituation nachweisen und nur den von Ihnen zu tragenden Mietanteil angeben. Hierfür können Sie Wohngeld erhalten, die Einkünfte des Mitbewohners sind unbeachtlich.

Darf von der Wohngeldstelle bei einer Wohngemeinschaft die Vorlage des Gesamtmietvertrags verlangt werden?

Ja. Den Gesamtmietvertrag müssen Sie vorlegen, da der von Ihnen zu tragende Mietanteil mit der Höhe der Gesamtmiete korrespondieren muss. Das bedeutet, nur der Mietanteil für den von Ihnen genutzten Wohnanteil darf beim Wohngeld zugrunde gelegt werden. Auch hinsichtlich der Aufteilung der Wohnkosten der gesamten Wohnung muss ein schlüssiges Konzept vorliegen. Aus diesem Grund ist der gesamte Mietvertrag vorzulegen.

 

Rechtsanwältin Andrea Draeger ist Fachanwältin für Sozialrecht und Fachberaterin für Opferhilfe.


MieterEcho 428 / November 2022