Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 425 / Juli 2022

Mieter/innen fragen – wir antworten

Steigende Energiepreise und Heizkosten

Von Sachverständiger Götz Autenrieth

Seit Herbst 2021 wird häufig von steigenden Energiepreisen berichtet und die Preise für Benzin und Diesel an den Tankstellen sind stark gestiegen. Der Preisanstieg betrifft die sogenannten fossilen Brennstoffe, vor allem Gas und Erdöl, aber auch Kohle. Da fast alle Häuser und Wohnungen in Deutschland damit beheizt werden oder die Fernwärme mit diesen Brennstoffen erzeugt wird, wirkt sich der Preisanstieg neben den Preisen an den Tankstellen vor allem auf die Heizkosten aus. Auch die Strompreise sind von dem Anstieg betroffen und stellen eine weitere Belastung für die Nutzer/innen dar.   

Ich habe noch gar nicht gemerkt, dass die Preise für Energie steigen. Vielleicht betrifft es mich gar nicht?

Da der Anstieg der Preise sich erst in den letzten Monaten stark beschleunigt hat, haben noch nicht alle Vermieter ihre Mieter/innen über die Kostensteigerungen informiert oder wissen selbst noch nicht genau, wie stark die Kosten für diese steigen werden.Wenn Sie zudem einen Bestandsvertrag für Strom haben, eventuell mit einer Preisbindung, kann es tatsächlich sein, dass Sie noch nicht betroffen sind und Ihr Versorger Sie noch nicht über zukünftige Erhöhungen informiert hat.Leider betrifft der Preisanstieg über kurz oder lang aber alle Menschen, die Strom verbrauchen und ihre Wohnung oder ihr Haus nicht mit erneuerbarer Energie heizen.

Wie stark sind denn die Preise genau gestiegen?

Auf diese Frage ist eine pauschale Antwort leider nicht möglich, da die Preise seit dem Frühjahr außergewöhnlich stark schwanken. Ungefähr kann man sagen: Anfang Juni kostete eine Kilowattstunde (kWh) Strom etwa 36 Cent und damit etwa 10 bis 20% mehr als vor einem Jahr. Heizöl kostete mit circa 140 Cent je Liter mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr, Gas mit ungefähr 14 Cent/kWh ungefähr doppelt so viel. Im März war Gas bei Neuabschlüssen noch teurer, hier ist zum Glück ein Rückgang zu verzeichnen.Bei Fernwärme ist eine Preisangabe schwieriger, da Vattenfall als Fernwärmelieferant in Berlin in vielen Fällen individuelle Preise anbietet, die dann nur ein Haus oder ein Wohngebiet betreffen. In mehreren Häusern die dem Autor dieses Artikels bekannt sind, hat Vattenfall seit Herbst 2021 die Verträge gekündigt und neue Verträge „angeboten“. Das Wort schreibe ich in Anführungszeichen, da man als Bezieher von Fernwärme keine Alternative hat und den Anbieter nicht wechseln kann. Ihrem Eigentümer oder Vermieter bleibt nichts anderes übrig als den neuen Vertrag mit höheren Preisen zu akzeptieren. Ausgehend vom Preis in den bisher vorliegenden Abrechnungen aus dem Jahr 2020 dürfte der Anstieg auf jeden Fall bei über 30% im Jahr 2022 liegen.

Wann muss ich denn höhere Preise bezahlen?

Bei den Heizkosten ist dazu ein Blick auf die unterschiedlichen Arten der Beheizung notwendig: Verfügt das Haus, in dem Sie wohnen, über eine Zentralheizung, die mit Gas, Fernwärme oder Öl betrieben wird, zahlt Ihr Vermieter die Rechnung/en und gibt die Kosten im Rahmen der Heizkostenabrechnung an Sie weiter. Und hier liegt genau das Problem: Die seit Anfang dieses Jahres gestiegenen Kosten belastet Ihr Vermieter Ihnen erst mit der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022; und diese erhalten Sie erst Mitte oder Endes des Jahres 2023. Sie werden dann höchstwahrscheinlich eine deutliche Nachzahlung zu leisten haben und außerdem mit einer Erhöhung der Vorauszahlung belastet werden. Da die erhöhten Vorauszahlungen aber eben erst Mitte oder Ende 2023 „wirken“ werden, kommt für 2023 auch wieder eine Nachzahlung auf Sie zu – es sei denn die Kosten sinken wieder, wovon aber nicht auszugehen ist.Beheizen Sie Ihre Wohnung dagegen mit einer Gasetagenheizung, haben Sie mit großer Wahrscheinlichkeit bereits ein
Schreiben Ihres Versorgers erhalten, in dem eine höhere Vorauszahlung gefordert wird.

Was bedeutet denn der Anstieg der Preise für mich, mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Hier ist nochmal der Blick auf die vorige Frage nötig: Bei einer Gasetagenheizung sind Sie wahrscheinlich bereits über den Anstieg informiert worden und zahlen einen höheren Abschlag, sodass Sie in der Jahresrechnung nicht mit einer großen Nachforderung rechnen müssen. Bei einer Zentralheizung ist das anders: Wenn das Haus beispielsweise mit Öl beheizt wird, kauft Ihr Vermieter möglicherweise gerade in diesen Tagen Heizöl und wird jetzt vermutlich überrascht sein. Kostete ein Liter Heizöl im vergangenen Jahr – wie oben ausgeführt – teilweise unter 60 Cent/Liter, liegt der Preis aktuell bei etwa 140 Cent. Der Preis für Heizöl hat sich also mehr als verdoppelt. Bei einer Beispielwohnung, die mit Öl beheizt wird, ca. 70 qm hat und Heizkosten von 800 Euro im Jahr 2021 verursacht hat, müssen Sie für das Jahr 2022 mit mindestens 1.300 Euro rechnen. Da die Kosten von vielen Faktoren abhängig sind, wie beispielsweise dem energetischen Zustand des Hauses, dem individuellen Heizverhalten und der weiteren Preisentwicklung im Lauf des Jahres, nehmen Sie diesen Wert bitte nur als grobe Schätzung.Bedenken Sie aber, dass auch die Warmwasserbereitung teurer wird. Egal ob Sie Warmwasser über die Zentralheizung beziehen, einen Gas- oder elektrischen Durchlauferhitzer nutzen, auch hier werden Sie voraussichtlich mit mindestens 50% höheren Kosten rechnen müssen. Die Kostenbelastung durch die steigenden Energiepreise setzt sich also aus drei Positionen zusammen: Heizung, Warmwasser und Strom. Und da kann in der Summe schon ein stattlicher Betrag heraus-
kommen!

Ich habe von Techem ein Schreiben erhalten, in dem eine monatliche Aufstellung meines Verbrauchs enthalten war. Was hat es damit auf sich?

Seit Anfang 2022 sind Vermieter verpflichtet ihren Mieter/innen monatlich Verbrauchsinformationen zur Verfügung zu stellen, wenn dies technisch möglich ist. Dies schreibt die neue Heizkostenverordnung (HKVO) vor. Vor allem große Vermieter lassen diese Aufstellung durch die sogenannten Messdienstleister (auch Ableseunternehmen genannt), wie Techem oder Ista erledigen. Durch die monatliche Information sollen die Nutzer/innen zu einem sparsameren Umgang mit Energie angeregt werden. Allerdings ist diese Auffassung durchaus umstritten: Interessierte Nutzer/innen können den individuellen Verbrauch schon bisher leicht an den Heizkostenverteilern an den Heizkörpern, den Wärmemengen- oder den Wasserzählern ablesen. Wer sich nicht so sehr dafür interessiert, wird auch das Schreiben nicht sehr spannend finden.Die Verbrauchsinformation kann auch per E-mail erfolgen, was aber insbesondere für ältere Mieter/innen oft nicht möglich oder nicht gewollt ist. Das Erstellen und der Versand der Informationen verursachen Kosten, egal ob sie per E-mail oder Post erfolgen. Dem Autor dieses Artikels wurde von einem Mieter mitgeteilt, dass Deutsche Wohnen wohl 0,86 Euro/Monat, entsprechend 10,32 Euro/Jahr berechnen würde. In einem anderen Fall verlangt Techem etwa 6,00 Euro/Jahr bei E-mail-Versand. Zusätzlich haben Vermieter schon kundgetan, dass sie Bearbeitungsgebühren berechnen wollen. Ob diese Kosten tatsächlich von den Mieter/innen zu tragen sind, ist nach dem Kenntnisstand des Autors wohl noch nicht abschließend geklärt.

Ich habe gelesen, dass mein Vermieter zukünftig einen Teil der Heizkosten bezahlen muss. Stimmt das?

Ja, dabei handelt es sich um die von der Bundesregierung beschlossene Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mieter/innen und Vermietern. Hierbei müssen Vermieter ab 2023 in einem Stufenmodell Kostenanteile von 0 bis 90% übernehmen, abhängig vom Energieverbrauch des Gebäudes.

Es geht bei der Kostenteilung aber nur um einen geringen Teil der Heizkosten, nämlich den der CO2-Kosten. Diese betragen in diesem Jahr 30 Euro je Tonne CO2 und im nächsten Jahr 35 Euro. Durch die Bepreisung soll der Verbrauch fossiler Brennstoffe reduziert werden. Ausgehend von den in Veröffentlichungen zu findenden CO2-Kosten in Höhe von ca. 80 bis 150 Euro je Haushalt würde eine hälftige Aufteilung der Kosten also zu einer Ersparnis für den Mieter von 40 bis 75 Euro/Jahr führen. Verglichen mit der Mehrbelastung durch die steigenden Energiepreise ist die Ersparnis folglich recht gering.Allerdings gibt es bereits viel Kritik an dem Stufenmodell, da nach dem derzeitigen Stand der Veröffentlichungen nicht der energetische Zustand der Gebäude betrachtet wird – also ob es eine Wärmedämmung der Fassade oder neue Fenster gibt – sondern lediglich der Verbrauch von Öl oder Gas. Und der Verbrauch ist – ähnlich wie beim Autofahren – stark vom Verhalten der Nutzenden abhängig. Dadurch kann Folgendes passieren: Zieht eine Familie mit Kindern in ein Haus/eine Wohnung und steigt der Energieverbrauch zum Beispiel dadurch, dass mehr geheizt und gebadet wird, muss der Vermieter eventuell einen höheren Anteil an den CO2-Kosten tragen. Der Vermieter hat also bei dem jetzt geplanten Stufenmodell ein Interesse daran, dass seine Mieter/innen möglichst wenig heizen. Er könnte dadurch veranlasst sein, zukünftig lieber an gut verdienende Singles (die häufig beruflich stark eingespannt und wenig zuhause sind) als an Familien mit Kindern zu vermieten.Zudem scheint die Sache recht kompliziert zu sein: Wenn Sie Ihre Wohnung mit einer Gasetagenheizung beheizen, zahlen Sie die Energiekosten direkt an den Versorger. In diesem Fall müssen Sie den Anteil der CO2-Kosten, den Ihr Vermieter zu tragen hat, bei diesem einfordern. Dass dieses Modell Konfliktpotential birgt, dürfte klar sein.

Das klingt ja alles nicht so gut: Die Preise sind gestiegen, die Verbrauchsinformation bringt wenig, die Aufteilung der CO2-Kosten bedeutet auch keine große Entlastung für mich. Was kann ich denn jetzt tun?

Wenn Ihre Wohnung an eine Zentralheizung angeschlossen ist, Sie also Ihre Energie nicht selbst bezahlen (wie bei einer Gasetagenheizung), empfehle ich Ihnen, kurzfristig Ihren Vermieter zu kontaktieren. Vereinbaren Sie mit ihm vorsorglich eine Erhöhung der Vorauszahlungen für die Heizkosten. Diese kann beispielsweise 50 Euro/Monat betragen und schützt Sie vor allzu großen Nachzahlungen. Das ändert natürlich nichts an der Höhe der Kosten – aber sie sind so leichter zu verschmerzen. Weiterhin sollten Sie versuchen, Heizenergie einzusparen. Das kann auf zwei Wegen erfolgen:

1. Sie senken die Raumtemperatur im Winter. Dabei ist zu bedenken, dass wesentliche Ersparnisse erst unterhalb von circa 5° C Außentemperatur erreicht werden. Wenn es in der Übergangszeit draußen zum Beispiel 10° C sind, bringt das Absenken nicht viel. Empfehlenswert ist das Absenken der Raumtemperatur um 1 oder 2° C. Mehr ist in der Realität nicht zu schaffen, da Sie sonst frieren müssten. Außerdem sind stark unterschiedliche Temperaturen in einzelnen Räumen in einer Wohnung nicht zu realisieren und können zudem zu Schimmel führen. Verzichten Sie deswegen auch nicht auf ausreichendes Lüften.

2. Schauen Sie, ob es undichte Stellen in Ihrer Wohnung gibt. Zieht es an den Fenstern oder der Wohnungseingangstür? Befindet sich unter dem Küchenfenster noch ein alter „Berliner Kühlschrank“, in dem die Hausaußenwand sehr dünn ist? Dann sollten Abdichtungsmaßnahmen vorgenommen und unter dem Fenster eine Innendämmung angebracht werden. Wer für die Maßnahmen zuständig ist, hängt vom Einzelfall ab und kann in der Beratung bei der Berliner MieterGemeinschaft besprochen werden. Die Erfahrung des Autors zeigt aber, dass die Durchführung der Maßnahmen zu erheblichen und spürbaren Einsparungen führt. Ganz nebenbei stellt sich durch verminderte Zugluft auch ein angenehmeres Raumklima ein.

Spielen die Inflation und die gestiegenen Energiepreise auch bei den anderen Betriebskosten eine Rolle?

Auch hier muss die Antwort leider ja lauten. Denn zusätzlich zu den in diesem Artikel behandelten Energie- und Heizkosten für Ihre Wohnung betreffen die gestiegenen Kosten auch die Hausmeister- und Hausreinigungsunternehmen und die anderen Dienstleister. Diese Unternehmen sind – genauso wie Sie als private/r Nutzer/in – von den steigenden Energie-, Benzin- und Stromkosten betroffen. Das Sanitärunternehmen, das in Ihrem Haus die Heizungswartung durchführt, muss seine Räume genauso heizen wie Sie, Strom bezahlen und seine Fahrzeuge tanken. Außerdem haben sich die Einkaufspreise für verschiedene Produkte wie Filter und Ersatzteile, die diese Unternehmen benötigen und einkaufen müssen, verteuert. Es dürfte nicht allzu lange dauern und diese Unternehmen werden die Preise erhöhen, was sich dann in den Betriebskostenabrechnungen widerspiegelt und die Wohnkosten weiter steigen lässt. Hausreinigungsbetriebe, die zusätzlich von der Erhöhung des Mindestlohns betroffen sind, haben teilweise bereits Preiserhöhungen durchgeführt.

In der Zusammenfassung muss man festhalten, dass Sie bei der Abrechnung für das Jahr 2022 mit einem erheblichen Kostenanstieg bei den Heiz- und Warmwasserkosten, wahrscheinlich aber auch bei den kalten Betriebskosten rechnen müssen.

 

Götz Autenrieth ist Sachverständiger für Erkennung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzschäden (TÜV), zertifizierter Bauschadenbewerter (DEKRA) und Fachmann für Energie, Mängel und Betriebskosten in Gebäuden.


MieterEcho 425 / Juli 2022

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