Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 423 / April 2022

Eigentümer/in bleibt anonym

Die Rigaer94 verhindert immer wieder ihre Räumung durch eine Briefkastenfirma

Von Sabrina Ingerl

Die Eigentümerin des Hauses, eine Briefkastenfirma aus England, will seit Jahren das Gebäude räumen lassen. Doch solange deren Existenz nicht bewiesen ist, sind auch Razzien und fragwürdige Brandschutzbegehungen wirkungslos. 

Beim Haus mit der Nummer 94 in der Rigaer Straße steht für beide Seiten viel auf dem Spiel. Für die einen geht es nach einer Räumungswelle von linksautonomen Projekten um den Erhalt selbstverwalteter Orte in der Stadt. Die Auseinandersetzung ist für das Hausprojekt „ein Abbild eines weltweiten Kampfes derer, die gegenseitige Hilfe, Selbstverwaltung und Solidarität anstelle von Diskriminierung, Ausbeutung und Autorität suchen“, wie es auf der Internetseite heißt. Zudem fungiert das Haus als Gentrifizierungsbremse im von rasanten Mietsteigerungen gebeutelten Kiez. Für die andere Seite würde der Auszug der Rigaer94 aus dem Altbau im Szenebezirk eine Wertsteigerung der Immobilie um ein Vielfaches bedeuten. 

Wo kein Kläger, da kein Richter 

Doch um wen es sich bei der anderen Seite handelt, ist nicht so einfach zu beantworten. Bekannt ist, dass ein Privatmann in der Ukraine 6% der Anteile von Lafone Investements Limited hält, dem Unternehmen, an das das Haus 2014 verkauft wurde. Der Rest gehört einem Berliner Privatmann, der sich hinter einer weiteren Gesellschaft und Treuhandkonstruktionen verbirgt. Hinweise führen zu dem Namen Leonid Medved. Als John Dew-hurst 2016 seinen Posten als alleiniger Gesellschafter von Lafone Investments abtrat, gab er zu, nur Treuhänder für den eigentlichen Eigentümer gewesen zu sein und verwies auf die in Berlin ansässige Centurius Real Estate GmbH. Deren Geschäftsführer ist Leonid Medved. Sein Name fand sich auch auf einem Brief des früheren Eigentümeranwalts André Tessmer. Doch bis heute bleiben die Personen hinter Lafone Investments anonym und so erscheint bei allen Verhandlungen gegen die Rigaer94 lediglich deren Klägeranwalt Markus Bernau. Dessen Prozessvollmacht wird allerdings nicht anerkannt und alle Klagen bleiben deshalb ergebnislos. Für Lukas Theune, einen der Anwälte der Rigaer94, hat sich „Leonid Medved (…) in ein juristisches Konstrukt verrannt, aus dem er nicht mehr rauskommt. Er muss zwar in Deutschland keine Steuern auf seine Profite zahlen und auf den Kanalinseln auch nicht. Aber er darf sich dann eben auch nicht wundern, wenn die deutschen Gerichte sich vor diesen Karren nicht spannen lassen“. Für Theune ist klar: „Die Briefkastenfirma ‚Lafone Investments‘ existiert eben nur auf dem Papier. Und die britische Limited ist in Deutschland jedenfalls dann nicht mehr rechtsfähig, wenn ihr wahrer Sitz hier in Deutschland ist.“  

Klage erneut abgewiesen

Gerade muss sich die Rigaer94 auf zahlreiche Verhandlungen einstellen. Um Gründe für die laufenden Räumungsklagen zu finden, verschaffte sich der Eigentümer immer wieder mit einem massiven Polizeiaufgebot Zugang zum Haus. Doch solange die Rechtmäßigkeit der Eigentümergesellschaft fraglich ist, sind auch die Vorwürfe der Klägerseite gegenstandslos. In dem Verfahren um die Räumung der zum Haus gehörenden Vereinsräume Kadterschmiede Anfang Februar verkündete das zuständige Gericht, mit einem Rechtsgutachten die Existenz der Lafone Investments nach deutschem Recht klären zu wollen. Für Lukas Theune ist das ein Erfolg: „Wir begrüßen, dass das Gericht unsere Auffassung teilt, dass die Lafone Investments Limited spätestens seit dem Brexit nicht mehr existiert. Damit ist klar, dass die Steuervermeidungskonstruktion, die Herr Medved hier gewählt hat, gescheitert ist.“ Einen Vergleichsvorschlag, dass ab März ein Mietvertrag mit 650 Euro Monatsmiete abgeschlossen und auf die ausgebliebenen Mieten vergangener Jahre verzichtet werden solle, wurde von beiden Seiten abgelehnt. 

„Gerade gibt es ja Räumungsklagen gegen alle Wohnungen, insofern müsste es schon eine Gesamtlösung geben, die etwas bringt“, so Theune dazu. Die Räumungsklage gegen die Kadterschmiede wurde am 21. März abgewiesen – weil der Klägeranwalt keine wirksame Prozessvollmacht nachweisen konnte.  


MieterEcho 423 / April 2022

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