Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 428 / November 2022

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

ob das Ziel des Senats von Berlin, „preiswerten Wohnraum zu erhalten und die Bevölkerung vor Verdrängung zu schützen“ durch das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten wirklich erreicht worden ist, kann bezweifelt werden. Marktmechanismen lassen sich in einer kapitalistischen Gesellschaft nicht durch Verordnungen aushebeln. Dennoch hatte sich die Hoffnung vieler Mieter/innen mit diesem Instrument verbunden, bei einem Eigentümerwechsel vor drohender Umwandlung ihrer Miet- in Eigentumswohnungen und anschließender Eigenbedarfskündigungen geschützt zu sein.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts sollte insbesondere verhindern, dass Verdrängung durch Mieterhöhungen oder Umwandlung in Eigentumswohnungen nach dem Verkauf stattfinden würde. Wohlgemerkt „nach dem Verkauf“.

Doch das Bundesverwaltungsgericht äußerte im November 2021 in seiner Urteilsbegründung zur faktischen Abschaffung des Vorkaufsrechts eine gegenteilige Auffassung: „Dabei kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts an, während mögliche zukünftige Entwicklungen nicht von Bedeutung sind.“

Das heißt: Nur wenn die Verdrängung durch Mieterhöhungen und Umwandlungen zum Zeitpunkt des Verkaufs schon stattgefunden hat, kann das Vorkaufsrecht ausgeübt werden, während die Zukunft ganz dem Verwertungsinteresse der neuen Eigentümer gehört. Wer nach vollzogener Verdrängung nach dieser Logik noch vor Verdrängung geschützt werden soll, hatten die obersten Verwaltungsrichter leider mitzuteilen vergessen.

Grundstückskäufer konnten allerdings den kommunalen Vorkauf auch dadurch vermeiden, dass sie Abwendungsvereinbarungen zur Vermeidung negativer Folgen unterzeichneten. Davon wurde häufig Gebrauch gemacht. Die Senatsverwaltung hatte das als vorrangiges politisches Ziel bezeichnet und damit die Anwendung des bezirklichen Vorkaufsrechts deutlich eingeschränkt.

Im September 2022 wurde durch das Verwaltungsgericht Berlin die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dadurch vervollständigt, dass sie einem klagenden Käufer ermöglichte, die seinerzeit geschlossene Abwendungsvereinbarung zu kündigen. Es wäre ja zu dieser Vereinbarung unter den Bedingungen des durch das Bundesverwaltungsgerichts später ausgestellten Freibriefs für Verwertung gar nicht gekommen, meinte das Gericht wirklichkeitsnah.  

Ihr MieterEcho


MieterEcho 428 / November 2022

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