Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 420 / September 2021

Mieter/innen fragen – wir antworten

Fragen und Antworten zu Möglichkeiten, die Miete herabzusetzen

Von Rechtsanwältin Daniela Rohrlack

Ich habe von meinen Nachbar/innen gehört, dass man trotz des Wegfalls des Mietendeckels die Miete absenken kann. Stimmt das?

Ja, das ist möglich. Der sogenannte Mietendeckel, also das MietenWoG Bln, regelte als reines Landesgesetz u. a. die Absenkung der Miete. Das Gesetz war aber nicht das einzige, welches die Miethöhe reguliert. Auch die sogenannte Mietpreisbremse, eine Regelung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 556d ff.), sieht eine Mietbegrenzung bei Neuvermietung vor. 

Gibt es denn einen Unterschied zwischen Mietendeckel und Mietpreisbremse?

Ja. Das Land Berlin hat den Mietendeckel 2020 als Ländergesetz erlassen, so dass es überhaupt nur in Berlin Anwendung finden konnte. Gescheitert ist das Gesetz sodann am Bundesverfassungsgericht, nach dessen Auffassung das Land Berlin zum Erlass des Gesetzes nicht befugt gewesen sei.Die Mietpreisbremse existiert demgegenüber schon seit 2015 und ist bundesgesetzlich geregelt. Sie gilt daher in ganz Deutschland gleichermaßen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich auch bereits mehrfach mit den Mietpreisbremsenregelungen auseinandergesetzt und diese bislang als verfassungsgemäß bestätigt. Sie hat diese ersten „Stresstests“ im Gegensatz zum Mietendeckel bereits erfolgreich hinter sich.

Kann ich dann nicht einfach die Absenkung, die mein Vermieter schon wegen des Mietendeckels vorgenommen hatte, einfach als Mietpreisbremse geltend machen? 

Nein, leider geht das nicht so einfach. Die Absenkung über den Mietendeckel wurde anhand einer gesetzlich festgelegten Mietentabelle errechnet, die nur wenige Merkmale der Wohnung berücksichtigte. So war es sowohl für Mieter/innen als auch Vermieter leicht, die Höhe der zulässigen Miete zu ermitteln.

Eine solche gesetzlich festgelegte Tabelle gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht. Die Mietpreisbremse knüpft an die ortsübliche Vergleichsmiete an, die wesentlich komplizierter zu ermitteln ist. In der Regel kommt hierbei der jeweilige Mietspiegel zum Einsatz, der die Ausstattung der Wohnung, des Gebäudes, die Wohnlage und das Wohnumfeld berücksichtigt. Von daher unterscheiden sich die Berechnungen der beiden Gesetze, da sie an unterschiedlichen Punkten ansetzen. Mieter/innen können daher die Werte nicht einfach übernehmen. Lassen Sie sich beraten.

Und kann dann nicht jede/r einfach die Mietpreisbremse geltend machen?

Das ist nicht möglich. Die Mietpreisbremse enthält etliche Ausnahmen, so dass sie nur gilt, wenn keine dieser Ausnahmen vorliegt. 

Zum einen darf der Mietvertrag nicht zu alt sein. Nur Mietverträge, die geschlossen wurden, als das Gesetz schon existierte, fallen auch darunter. Konkret können also nur die Mieter/innen die Mietpreisbremse geltend machen, die ihren Mietvertrag ab dem 01. Juni 2015 geschlossen haben. Maßgeblich hierbei ist der Vertragsschluss und nicht, wann die Wohnung bezogen wurde. Zum anderen ist die Mietpreisbremse aber auch bei nach dem 01. Juni 2015 geschlossenen Mietverträgen nicht anwendbar, wenn die Wohnung in einem Neubau liegt. Wird die Wohnung nach dem 01. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet, ist sie von den Regelungen der Mietpreisbremse ausgenommen.Ausgenommen sind daneben auch Mietverhältnisse über Wohnungen, die umfangreich modernisiert und danach neuvermietet wurden. Der Gesetzgeber wollte solche Wohnungen, die durch die Modernisierung einem Neubau entsprechen, auch den Neubauten gleichstellen.

Was kann ich mir denn unter „umfangreich modernisiert“ vorstellen?

Diese Frage wurde von der Rechtsprechung lange Zeit unterschiedlich beantwortet, da der Begriff „umfangreich“ leider äußerst schwammig ist. Der Bundesgerichtshof hat jedoch in seinem Urteil vom 11.November 2020 (VIII ZR 369/18) klargestellt, was er darunter versteht: Eine Modernisierung soll dann umfassend sein, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen lässt. Dabei ist eine Modernisierung mit einem Neubau immer dann gleichzusetzen, wenn diese im Hinblick auf die hierfür angefallenen Kosten einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und zu einem Zustand der Wohnung führt, der demjenigen eines Neubaus in wesentlichen Teilen entspricht. Diese beiden Kriterien müssen gleichzeitig erfüllt sein, damit eine Modernisierung als „umfangreich“ bezeichnet werden kann.Als „wesentlicher Bauaufwand“ (erstes Kriterium) hat der Bundesgerichtshof Kosten in Höhe von 1/3 der Neubaukosten angesehen, die für die Wohnung aufgewendet wurden. Natürlich ist es nahezu unmöglich, diese Kosten konkret zu beziffern. Den Angaben des Statistischen Bundesamts entsprechend kostet der Neubau von Mietwohnungen in Berlin zurzeit etwa 2.000 Euro/qm. Das bedeutet, dass die neu vermietete Wohnung für etwa 600 Euro/qm und mehr modernisiert worden sein muss, um dieses Kriterium zu erfüllen. Instandsetzungskosten wie z. B. das Malern oder das bloße Erneuern von Fenstern zählen hierbei nicht mit. Nur, was auch wirklich unter „Modernisierung“ fällt, fließt in die Berechnung ein.

Neben dem finanziellen Aspekt muss allerdings auch eine wesentliche qualitative Verbesserung der Wohnung (zweites Kriterium) durch die Modernisierung erreicht worden sein. Hierzu gehören insbesondere die Verbesserung der Heizung, der Sanitäranlagen, Fenster, Fußböden, Elektroinstallationen oder sonstige energetische Eigenschaften auf einen Stand, der mit einem Neubau vergleichbar ist. Es reicht also nicht aus, nur eine teure Modernisierungsmaßnahme durchzuführen – die Verbesserung insgesamt muss hier in den Blick genommen werden.

Wie mache ich das konkret mit der Absenkung? Muss ich dafür selbst aktiv werden?

Jein. Grundsätzlich ist nur die Miete vereinbart, die zulässig ist. Das bedeutet, dass sie per Gesetz automatisch nur in der Höhe vereinbart ist, die auch den gesetzlichen Regelungen entspricht. Sie könnten also einfach nur die Miete zahlen, die zulässig ist und müssten nichts weiter veranlassen. Ein solches Vorgehen ist aber äußerst risikobehaftet und keinesfalls ratsam, da es eine Wohnungskündigung nach sich ziehen kann. Denn die meisten Vermieter reagieren ungehalten, wenn Mieter/innen die Mietpreisbremse geltend machen. Hier ist also mit einigem Widerstand zu rechnen.Von daher sollten Sie die Mietpreisbremse unbedingt auf sichere Art und Weise geltend machen – über eine Rüge. Eine solche hat den Vorteil, dass der Vermieter zum einen weiß, was genau Sie geltend machen. Zudem können Sie zu viel gezahlte Miete nur zurückverlangen, wenn Sie diese gerügt haben.

Um keine Kündigung Ihres Mietverhältnisses wegen Zahlungsrückständen zu riskieren, sollten Sie also nicht einfach selbst die Miete absenken, sondern die zulässige ortsübliche Vergleichsmiete bei Vertragsschluss über die Angaben im Mietvertrag und unter Zuhilfenahme des jeweiligen Mietspiegels ermitteln und dem Vermieter schriftlich mitteilen, dass Sie die Miethöhe rügen. Auf der Webseite der BMG finden sich hierzu Musterschreiben. Auch wenn es für Mietverhältnisse ab dem 01. Januar 2019 nicht mehr notwendig ist, sollten Sie die Rüge begründen. Hier reicht es aus, wenn dem Vermieter die eigene Berechnung erläutert wird. 

Ich weiß nicht, ob modernisiert wurde oder wann genau das Haus, in dem ich wohne, gebaut wurde. Und jetzt?

In diesem Fall sollten Sie sich an den Vermieter wenden. Sie haben einen Anspruch darauf, über die wesentlichen Tatsachen, die für den Mietpreis entscheidend sind, informiert zu werden. Sie können daher Auskunft darüber verlangen, ob das Gebäude ein Neubau ist und ob umfangreiche Modernisierungen stattgefunden haben. Weiterhin muss der Vermieter auch Auskunft darüber geben, wie hoch die Kosten für die Modernisierung der Wohnung waren, damit die entsprechenden Ausnahmeregelungen überprüft werden können.

Antwortet der Vermieter nicht oder macht falsche Angaben, geht dies zu seinen Lasten. Vor der Verschärfung der Mietpreisbremse Anfang 2019 hatte der Vermieter hier lediglich zu befürchten, dass er auf den Prozesskosten sitzen bleiben konnte, weil er Anlass zur Klage gegeben hatte. Seither aber gilt: Für Mietverträge, die ab dem 1. Januar 2019 abgeschlossen wurden, wird der Vermieter sanktioniert, wenn er Mieter/innen vor Vertragsschluss keine Auskunft in Textform darüber erteilt hat, dass das Haus erstmals ab 01. Oktober 2014 bezugsfertig geworden oder dass es vor der Wiedervermietung umfangreich modernisiert worden ist. Der Vermieter darf sich dann so lange nicht auf eine Ausnahme berufen, bis er die Auskunft in Textform nachgeholt hat. Hat er die Auskunft formgemäß nachgeholt, darf er sich erst zwei Jahre nach der Auskunftserteilung auf die Ausnahmetatbestände berufen. Hat der Vermieter die Auskunft zwar erteilt, aber nicht in der vorgeschriebenen Form (z. B. nur mündlich), kann er sich erst auf die Ausnahmetatbestände berufen, wenn er die Auskunft formgemäß nachgeholt hat.Das bedeutet, dass Sie sich auf die Mietpreisbremse berufen dürfen, auch wenn eigentlich eine Ausnahme vorliegt. Entscheidend ist dann, ob der Vermieter das Vorliegen der Ausnahme vor Vertragsschluss in Textform mitgeteilt hat. Achtung: Es reicht aus, wenn die Angaben im Mietvertrag selbst enthalten sind.

Woher weiß ich denn, welche Miete zulässig ist?

Grundsätzlich ist nur eine Miethöhe bei Mietbeginn zulässig, die die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10% übersteigt. Wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete ist, lässt sich über den jeweiligen Mietspiegel ermittelt. Die meisten Mietspiegel sind im Internet noch abrufbar, so dass auch die Prüfung eines Vertrages, der im Jahr 2015 geschlossen worden ist, möglich ist. Allerdings gibt es auch hierbei Ausnahmen: Der Vermieter darf auch dann eine höhere Miete vereinbaren, wenn diese der Vormiete entspricht und die Vormiete in zulässiger Höhe vereinbart war. Allerdings muss die Vormiete ebenfalls schon zulässig gewesen sein. Verstößt auch die Vormiete gegen die Mietpreisbremse, kann sich der Vermieter nur in der Höhe darauf berufen, die zulässig ist. Auch, wenn in den letzten drei Jahren vor Vertragsschluss modernisiert worden ist, darf die Miete bei Mietbeginn höher sein. Die Regelungen der Mietpreisbremse erlauben dem Vermieter, die ortsübliche Vergleichsmiete für die neuvermietete Wohnung um den Modernisierungszuschlag zu erhöhen.

Für beide Ausnahmen gelten ebenfalls die neuen Regelungen zu den Auskunftspflichten. Für Mietverhältnisse ab dem 01.Januar 2019 ist die Vormiete bzw. dass in den letzten drei Jahren modernisiert worden ist, vor Vertragsschluss in Textform mitzuteilen. Der Vermieter kann sich also nicht auf eine Ausnahme berufen, wenn er den Mieter/innen diese nicht formgemäß mitgeteilt hat. Holt er dies nach, kann er sich erst zwei Jahre später darauf berufen. Hat der Vermieter die Auskunft in der falschen Form erteilt (z.B. mündlich), gilt sie erst, wenn er die Auskunft formgemäß nachgeholt hat.

Was mache ich, wenn mein Vermieter meine Rüge ablehnt oder gar nicht reagiert?

Leider kommt es in der Praxis häufig vor, dass Vermieter einfach nicht reagieren oder anderer Meinung sind. Da es zu risikoreich ist, einfach selbst die Miete zu kürzen, bleibt den Mieter/innen nur der Gang zum Gericht. Das Gericht ermittelt dann die zulässige Miete bei Mietbeginn und urteilt diese konkret aus. Sowohl der Vermieter als auch die klagenden Mieter/innen sind dann hieran gebunden. 

Ich habe nun meine Miete gerügt – bekomme ich rückwirkend die zu viel gezahlte Miete zurück?

Das kommt darauf an, wann der Mietvertrag geschlossen wurde. Mietverhältnisse, die bis zum 01. April 2020 geschlossen worden sind, unterliegen noch den bis dahin geltenden Regelungen. Nach diesen können Mieter/innen eine überzahlte Miete nur ab dem Zeitpunkt der Rüge zurückverlangen.Der Vermieter muss die Mieten, die vor der Rüge überzahlt worden sind, nicht zurückzahlen.

Mit Wirkung ab dem 01. April 2020 ist die Mietspreisbremse jedoch noch einmal verschärft und daher mieter/innenfreundlicher gestaltet worden. Mietverträge, die ab dem 01. April 2020 geschlossen worden sind, unterliegen daher den neuen Regelungen. Danach können Mieter/innen die gesamte überzahlte Miete seit Vertragsschluss zurückverlangen, wenn die Rüge innerhalb von 30 Monaten erhoben wird. Die neue Regelung lässt also zu, dass die überzahlte Miete vom Vermieter rückwirkend zurückgezahlt werden muss. Verpassen Mieter/innen diese Frist (von immerhin 2,5 Jahren), gilt nach wie vor: erst die Rüge, dann gibt es Geld zurück.

Ich habe einen Staffelmietvertrag/Indexmietvertrag, gilt die Mietpreisbremse dann auch?

Ja, die Mietpreisbremse gilt auch für Staffel- und Indexmietverträge. Bei den Indexmietverträgen gibt es keine Besonderheiten, da wie sonst auch die zulässige Miethöhe bei Vertragsbeginn ausschlaggebend ist.

Für Staffelmietverträge gibt es eine kleine Besonderheit: Nicht nur die Anfangsmiete unterliegt der Mietpreisbremse, sondern auch alle weiteren vereinbarten Staffeln. Jede einzelne Staffel kann daher mit der Mietpreisbremse angegriffen werden, sofern die Mietpreisbremse auf den Mietvertrag anwendbar ist.

Gilt die Mietpreisbremse auch bei Bruttokalt- bzw. Bruttowarmmieten?

Ja. Die Mietpreisbremse setzt zwar bei der Nettokaltmiete an – allerdings schließt das nicht deren Anwendung bei Bruttomietverträgen aus. Hier ist es lediglich etwas schwieriger, die zulässige Miete bei Mietbeginn zu ermitteln, da die Mietspiegel lediglich Nettokaltmieten abbilden. Da es jedoch möglich ist, den Nettokaltmietenanteil aus der Bruttomiete herauszurechnen, kann wie bei Nettokaltmietverträgen auch in diesen Fällen die zulässige Miete berechnet werden.


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