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MieterEcho 420 / September 2021

Gamechanger mit Einschränkungen

Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen durch neue Verordnung nur noch in Ausnahmefällen möglich

Von Philipp Möller

Anfang August beschloss der Berliner Senat eine Verordnung, die Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Die Linke) als wohnungspolitischen „Gamechanger“ bezeichnete, der dem Umwandlungsgeschehen einen Riegel vorschieben könnte. Die Verordnung stellt Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen generell unter einen Genehmigungsvorbehalt und regelt, wann diese zukünftig von den Bezirken genehmigt werden müssen.

Demnach dürfen Eigentümer/innen Mietwohnungen in Häusern mit fünf und mehr Wohnungen nur noch dann umwandeln, wenn sie zwei Drittel der Wohneinheiten ihren Mieter/innen zum Kauf anbieten. Scheel kündigte auf einer Pressekonferenz Mitte Juli an, dass die Mieter/innen dafür ihr Kaufinteresse notariell beglaubigen lassen müssten. Eine entsprechende Vorgabe soll in den Ausführungsvorschriften zum Gesetz festgehalten werden. Angesichts der hohen Kaufpreise für Eigentumswohnungen, die sich laut IBB Wohnungsmarktbericht 2020 auf 5.083 Euro/qm belaufen, dürften jedoch nur in Einzelfällen genug kaufinteressierte Mieter/innen in einem Haus zusammenkommen, um die neue Vorgabe zu erfüllen. Sollten die Bezirke eine notariell beglaubigte Willensbekundung einfordern, käme die Regelung einem Umwandlungsverbot für die fünfjährige Laufzeit des Gesetzes nahe.

Hintergrund der Verordnung ist das im Juni von der Bundesregierung beschlossene „Baulandmobilisierungsgesetz“. Dieses sieht im § 250 Baugesetzbuch (BauGB) weitgehende Einschränkungen der Möglichkeiten zur Umwandlung in angespannten Wohnungsmärkten vor. Die nun beschlossene Verordnung stuft den gesamten Berliner Wohnungsmarkt als angespannt ein. Neben der Zwei- Drittel-Regelung und Ausnahmen für Erben und Familienangehörige schreibt die neue Bundesgesetzgebung eine Genehmigungspflicht vor, wenn „unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum (…) nicht zumutbar ist“. Welche Einfallstore diese vage Formulierung bietet, lässt sich momentan noch nicht absehen. Die in der Vergangenheit vielfach bewiesene Kreativität von Eigentümer-Anwält/innen lässt jedoch nichts Gutes erwarten. Unverständlich ist, warum der Berliner Senat die Grenze erst bei Gebäuden mit 5 Wohnungen setzt und nicht alle Mietshäuser miteinbezieht. 

Umwandlung 2020 auf Höchststand

Bislang wurden Umwandlungen lediglich in Milieuschutzgebieten erschwert. Jedoch enthält die Umwandlungsverordnung im Milieuschutz ein großes Schlupfloch. Die Bezirke mussten Umwandlungen genehmigen, wenn die Eigentümer/innen in den ersten 7 Jahren nach der Teilungserklärung die umgewandelte Wohnung nur ihren Mieter/innen anboten. Jedoch besteht dazu keine Pflicht, weshalb die Frist oftmals ohne Angebot abgewartet wurde. Lediglich in 0,3% der Fälle kam es tatsächlich zum Verkauf an die Mieter/innen. 

Seit 1991 wurden in Berlin etwa 290.000 Mietwohnungen umgewandelt. Die kontinuierlich hohe Zahl von Umwandlungen erreichte im vergangenen Jahr mit rund 18.800 einen Höchstwert. Ein Grund dafür war die Einführung des Mietendeckels, dem einige Eigentümer/innen durch die Umwandlung ihrer Wohnungen entgehen wollten. In der Vergangenheit hatte der Senat durch Bundesratsinitiativen erfolglos versucht, die Schlupflöcher in der Umwandlungsverordnung zu schließen.

Für viele Mieter/innen bedeutet die Umwandlung ihrer Wohnung den Beginn von jahrelanger Unsicherheit. Nach Auslauf des zehnjährigen Kündigungsschutzes drohen Wohnungsverluste wegen Eigenbedarf. Vermieter/innen versuchen  oftmals, Mieter/innen zu vergraulen, um die leerstehenden Wohnungen anschließend teuer zu verkaufen. In den vergangenen Jahren kam es verstärkt zu Protesten gegen Umwandlungen, wie etwa durch das Bündnis „200 Häuser“ und die Arbeitsgruppe „Eigenbedarf kennt keine Kündigung“.

Die neue Verordnung ist eine der wichtigsten Verbesserungen für Mieter/innen, die die rot-rot-grüne Koalition kurz vor Ende der Legislatur auf den Weg gebracht hat. Bereits jetzt sind juristische Angriffe gegen die neue Verordnung durch die Eigentümerlobby absehbar. Für Mieter/innen in bereits umgewandelten Häusern kommt die Regelung ohnehin zu spät. 


MieterEcho 420 / September 2021