Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 407 / Januar 2020

Wohnen als Service

Die Plattformökonomie ist der Motor der möblierten Vermietung

Von Philipp Möller                                   

Auf Plattformen wie Wunderflats und Homelike können Wohnungseigentümer/innen möblierte Wohnungen auf Zeit anbieten. Das Geschäftsmodell beruht auf der Aushebelung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung sowie der Mietpreisbremse und erlaubt durch eine umfassende Digitalisierung des An- und Vermietungsprozess eine passgenaue Vermarktung von möblierten Wohnungen zu horrenden Preisen.     

„Erlebe Housing as a Service“, so bewirbt das Berliner Start-up Wunderflats „löffelfertige“ und temporär anmietbare Wohnungen. Ein Zuhause in der Ferne inklusive W-Lan, Putzdienst und Wäscheservice für hotelmüde Geschäftsreisende. Für Unternehmen bietet Wunderflats erste Unterbringungsmöglichkeiten für neu angeworbene Mitarbeiter/innen. Über die Plattform des Marktführers für möbliertes Wohnen in Berlin können die Unterkünfte von überall auf der Welt digital besichtigt und mit wenigen Klicks, ohne Schufa-Auskunft, gebucht werden. Im Februar errechnete der Tagesspiegel einen durchschnittlichen Preis von 27,78 Euro/m² für Angebote auf Wunderflats. Der Einstieg in das Carepaket des Wohnens ist lediglich den Gewinner/innenn des globalen Kapitalismus vorbehalten. Dringend benötige Mietwohnungen für Haushalte mit kleineren Einkommen werden dem Markt entzogen und stattdessen für die hochmobile Klasse der Gutverdiener/innen schick gemacht. Zu den Kunden/innen von Wunderflats gehören Mitarbeiter/innen von Zalando, Microsoft und Google, in Berlin dürften bald gut bezahlte Entwickler/innen von Amazon hinzukommen. Vermieter/innen lockt die Plattform mit hohen Renditen, geringen Leerstandsquoten sowie einer großen Flexibilität bei der Belegung. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt laut Wunderflats bei vier Monaten. Für den Fall, dass die Ware Wohnraum weiterverkauft werden soll, kann sie nach dem temporären Gebrauch leerstehend, also gewinnbringend verscherbelt werden.          

                                   
Unregulierte Zuschläge        
Wunderflats garantiert Vermieter/innen durch die Verifizierung von Einkommen und Arbeitsverhältnissen „Premiummieter“. Die Plattform übernimmt für eine Servicepauschale von 11,6% der erzielten Miete die Vermarktung und berät in rechtlichen Fragen. Letzteres ist notwendig, schließlich funktioniert die Vermietung von möblierten Wohnungen zu Höchstmieten durch juristische Tricks und beruht auf einer lückenhaften Regulation. Die Mietpreisbremse wird praktisch ausgehebelt, da es an einem festen und juristisch abschließend geklärten Möblierungszuschlag fehlt (MieterEcho 394/April 2018). Diese Gesetzeslücke macht es möglich, dass für die Möblierung Fantasiepreise verbucht werden, welche zusammen mit den Betriebskosten in eine „All-inclusiv- Miete“ einfließen. Laut einer Studie von F+B lagen die Angebotsmieten für möblierten Wohnraum 2018 bundesweit bei 15,5 Euro/m², für unmöblierten Wohnraum bei 8,01 Euro/m². Demnach müssten Kosten für die Möblierung fast die Hälfte des Mietzinses ausmachen. Das Zweckentfremdungsverbot, das die gewerbliche Vermietung von Wohnraum eindämmen soll, wird durch die vorgeschriebene Mindestmietdauer von einem Monat ausgehebelt. Wunderflats beteuert zudem, dass ihre Zielgruppen aus beruflichen Gründen ihren Lebensmittelpunkt in die Stadt verlegten und sich in den möblierten Apartments wohnhaft melden könnten. Die Vermietung gelte dadurch nicht mehr als gewerblich, sondern als wohnwirtschaftlich.                     
Der Mietendeckel sieht vor, dass die Obergrenzen inklusive der Zuschläge für Möblierung gelten sollen. Ob die oft nur kurzzeitig mietenden Nutzer/innen Verstöße aber tatsächlich anzeigen werden, ist fraglich. Stattdessen muss die Verwaltung wohl selbständig aktiv werden. Die mangelhafte Kontrolle des Zweckentfremdungsverbots wirft dabei ihre Schatten voraus. Hinzu kommt, dass die landeseigene Investitionsbank IBB, die wesentlich für die Umsetzung des Mietendeckels verantwortlich ist, den Aufstieg von Wunderflats selbst mit befeuerte und zuletzt im Juli 2019 weiteres Risikokapital hinzuschoss. Das Interesse an dem Entzug der Geschäftsgrundlage ihres Zöglings dürfte daher nur gering sein.              


MieterEcho 407 / Januar 2020

Teaserspalte

Berliner MieterGemeinschaft e.V.
Möckernstraße 92
10963 Berlin

Tel.: 030 - 21 00 25 84
Fax: 030 - 216 85 15

Email: me(at)bmgev.de

Ferienwohnungen

Unsere Umfrage

Falls sich eine oder mehrere Ferienwohnung(en) in Ihrem Haus befinden, berichten Sie uns davon und schildern Sie Ihre Erfahrungen in unserer Online-Umfrage.