Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 408 /

Wenn der Badespaß zum Luxus wird

Das Strandbad Tegel soll an private Investoren vergeben werden

Von Heiko Lindmüller      

Am 22. Oktober endete die Ausschreibungsfrist für das Strandbad Tegel. Das Bad war 2016 von den  Berliner Bäderbetrieben, einer im Landesbesitz befindlichen Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), wegen „mangelnder Rentabilität“ und hoher Sanierungskosten geschlossen worden.                                        

In der von der ebenfalls landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) durchgeführten Ausschreibung werden als Kriterien neben der Garantie des öffentlichen saisonalen Badebetriebs auch umfangreiche Investitionen in den Gebäudebestand und die Entwicklung von Konzepten zur verkehrlichen Anbindung benannt. Rein privatwirtschaftliche Nutzungen über den öffentlichen Badebetrieb hinaus sollen genehmigt werden, wenn „sie wirtschaftlich geboten oder sinnvoll“ sind. Der neue Betreiber soll das Bad in Erbbaupacht mit einer Laufzeit von 40 Jahren übernehmen, der Verkauf des Pachtrechts an andere Investoren ist möglich.     Eine BIM-Sprecherin teilte auf Anfrage des MieterEchos nach dem Ende der Ausschreibungsfrist lediglich mit, dass es mehrere Bewerbungen gebe. Diese würden zunächst „formell geprüft“. Danach würden die zugelassenen Bewerber zur Präsentation ihrer Konzepte eingeladen. Eine Entscheidung über einen neuen Betreiber soll im ersten Quartal  2020 fallen. Bislang ist vorgesehen, dass das Bad bereits in der kommenden Sommersaison wieder eröffnet.                                        

Abschreckende Beispiele        
Damit soll erneut ein Berliner Bad an renditeorientierte Investoren vergeben werden. Mit entsprechenden Eintrittspreisen und Nutzungsentgelten beispielsweise für Schwimm- und Wassersportvereine ist zu rechnen. Die Privatisierungswelle für die derzeit 62 Berliner Frei-, Hallen-, und Sportbäder begann  bereits in den 1990er Jahren. In der Ägide des rot-roten Senats beschleunigte sich diese Entwicklung. 2004 gab es bei den Bäderbetrieben einen Sanierungsstau von rund 50 Millionen Euro, während die Zuwendungen des Landes Berlin kontinuierlich und drastisch zurückgefahren wurden. Durch Umstruktierung und Verpachtung der Bäder sollten Kosten weiter minimiert werden, vor allem durch Personalabbau.          
Was Privatisierungen für die Badegäste bedeuten können, zeigen zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Das Strandbad Halensee wurde bereits 2003 geschlossen. Für den gesamten See wurde wegen der hohen Schadstoffbelastung ein Badeverbot verhängt. Nach langwieriger Gewässersanierung eröffnete ein privater Betreiber das Strandbad 2016 unter dem Label „Ku‘damm Beach“ wieder. Mit saftigen Eintrittspreisen – eine Tageskarte kostet inklusive Badeliege 12 Euro, aber sein Geschäft macht der Pächter vor allem mit seinen hochpreisigen gastronomischen Einrichtungen auf dem Areal. Ohnehin galt viele Jahrzehnte die „wilde“, kostenfreie Badewiese gegenüber des Strandbads als eigentlicher Treffpunkt, vor allem in den Abendstunden. Doch in diesem Jahr wurde der Zugang plötzlich mit einem Metallzaun abgeriegelt. Der in feinster Lage am Ende des Kurfürstendamms gelegene See soll offensichtlich betuchteren Berliner/innen und Tourist/innen vorbehalten bleiben.            


Vollkommen unklar ist derzeit auch die Zukunft des traditionsreichen Baerwaldbads in Kreuzberg, das bereits 1998 den öffentlichen Badebetrieb einstellte. Es fand nur noch Schul- und Vereinsschwimmen statt. Nach vom Gesundheitsamt ab 2015 verfügten Teilschließungen wurde das Bad im April 2017 endgültig geschlossen und der TSB e.V., der das Areal 2011 in Erbpacht erhalten hatte, ging in die Insolvenz. Der Bezirk will zwar wieder einen auch öffentlichen Schwimmbetrieb ermöglichen, doch ihm fehlen die Mittel, da sich die Sanierungskosten im zweistelligen Millionenbereich bewegen. Aufgrund laufender juristischer Auseinandersetzungen mit dem vormaligen Pächter hat das Land Berlin als Eigentümer noch nicht einmal begonnen, eine mögliche Eingliederung des Baerwaldbades in die Beliner Bäderbetriebe auch nur zu prüfen. Von dem Gedanken, dass Schwimmbäder Bestandteil der sozialen Daseinsvorsorge sind und in städtische Trägerschaft gehören, hat man sich in Berlin schon lange verabschiedet.        


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