Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 415 / März 2021

Mieter/innen fragen – wir antworten: Wie prüfe ich meine Betriebskosten-Abrechnung?

Von Götz Autenrieth

Immer wieder höre ich von einer Belegeinsicht. Was ist das?

Bei der Belegeinsicht, oder auch Rechnungseinsicht, werden die Belege und Rechnungen, die der Betriebskostenabrechnung Ihrer Wohnung zugrunde liegen, bei Ihrem Eigentümer oder Verwalter eingesehen und geprüft. So können Sie feststellen, ob die Kosten, die in Rechnung gestellt werden, auch angefallen sind oder ob Fehler vorliegen.

Wenn Ihnen Positionen in der Abrechnung unklar sind oder die Kosten stark gestiegen sind und Sie Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung vorbringen wollen, ist eine Belegeinsicht häufig erforderlich, um sich einen Überblick zu verschaffen und zu verstehen, ob und wofür die Kosten genau entstanden sind. Wollen Sie Ansprüche vor Gericht geltend machen, müssen Sie diese belegen können, dafür ist eine Belegeinsicht zwingend notwendig. So können Sie beispielsweise auf der Rechnung für die Aufzugswartung sehen, welche Arbeiten ausgeführt wurden oder ob eventuell eine Vollwartung, die kleinere Instandhaltungen beinhaltet, berechnet wird. Auch bei Heizungswartungen finden sich auf den Rechnungen immer wieder Reparaturen, die nicht im Rahmen der Betriebskostenabrechnung umlagefähig sind.

Wer legt fest, ob eine Belegeinsicht durchgeführt werden soll?

In erster Linie legen Sie das selbst fest. Wenn Ihnen Punkte in der Abrechnung unklar sind, es starke Kostensteigerungen gab oder Ihnen einzelne Positionen sehr teuer vorkommen, sollten Sie die zugrunde liegenden Belege einsehen. Ich empfehle Ihnen, sich vorher mietrechtlich beraten lassen und die Punkte zu besprechen, die Ihnen aufgefallen sind. In einer Beratung können vielleicht einige Ihrer Fragen schon aufgeklärt werden. So gab es zum Beispiel vor ein paar Jahren bei den Kosten des Winterdienstes einen auffallend starken Anstieg. Das lag meistens aber nicht an Fehlern der Verwalter/Eigentümer oder überhöhten Preisen der ausführenden Dienstleister, sondern an der Tatsache, dass Ende 2011 neue Räumbreiten für Gehwege festgelegt wurden und daraufhin Aufwand und Kosten deutlich stiegen. Der Kostenanstieg war zwar ärgerlich für die Anwohner/innen, aber begründet.Wenn Sie sich genauer mit Ihrer Betriebskostenabrechnung beschäftigen, tauchen schnell Fragen oder Probleme auf, die nur  Jurist/innen beantworten können. Muss ich eine Nachzahlung leisten, obwohl ich Zweifel an der Korrektheit der Abrechnung habe? Wie schnell muss ich reagieren? Ich empfehle Ihnen daher, eine Belegeinsicht erst nach einer Beratung durchzuführen. So vermeiden Sie Fehler und haben eine bessere Position gegenüber der Hausverwaltung oder dem Eigentümer, die sich meistens ebenfalls juristisch beraten lassen.

Welche Belege darf ich einsehen?

Alle Belege, die bei der Erstellung der Betriebskostenabrechnung eine Rolle spielen. Dies können beispielsweise sein: Rechnungen, Wartungs-, Hausmeister- und andere Verträge, Versicherungspolicen, Ableseprotokolle oder Arbeitszeitnachweise, bei angestellten Hausmeistern und Mitarbeiter/innen auch Lohnabrechnungen und Angaben über die Sozialversicherungsbeiträge. Aus den Verträgen und den darin enthaltenen Leistungsverzeichnissen können Sie unter anderem ersehen, welche Arbeiten der Hauswart ausführt. Dies kann interessant sein, wenn der Verdacht besteht, dass der Hauswart auch kleinere Reparaturen oder Instandhaltungen ausführt. Die Kosten dafür dürfen nicht als Betriebskosten umgelegt werden.

Während dieser Artikel entsteht, erreicht den Autor die Nachricht, dass es nach einem aktuellen Urteil (BGH VIII ZR 118/19) auch möglich ist, Zahlungsbelege oder -nachweise einzusehen, also Kontoauszüge oder Ausdrucke von Online-Überweisungen. Dies ist sinnvoll, wenn Sie Zweifel an den Belegen oder der getätigten Zahlung haben. Dies kann zum Beispiel bei Eigenbelegen des Eigentümers oder der Verwaltung der Fall sein. Wie häufig eine Prüfung der Zahlungsbelege notwendig sein wird und wie groß der Aufwand dafür ist, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden.

Kann ich meinen Vermieter anrufen und um eine Belegeinsicht bitten?

Hiervon würde ich stark abraten. Eine Terminvereinbarung sollte immer schriftlich erfolgen. Am besten schicken Sie Ihr Anschreiben auf zwei Wegen – also Post und E-Mail oder Post und Fax. 

Eine Vorlage für Ihr Anschreiben finden Sie unter: www.bmgev.de/mietrecht/musterbriefe/

Mit diesem Anschreiben haben Sie mehrere wichtige Punkte gleich mit erledigt: Sie bitten um geordnete Vorlage der Unterlagen, damit Sie nicht in Ordnern „wühlen“ und suchen müssen, Sie haben die Frage nach dem Ort der Belegeinsicht gestellt und bitten um Alternativtermin-Vorschläge, falls die angebotenen Termine nicht passen sollten.

Sollte Ihr Vermieter hierauf nicht antworten, empfiehlt sich ein zweites Anschreiben in gleicher Art.

Bitte beachten Sie: Auch die Terminbestätigung seitens des Vermieters oder Verwalters sollte auf jeden Fall schriftlich erfolgen. Sonst laufen Sie Gefahr, dass der Termin vielleicht vergessen wird und Sie vor verschlossenen Türen stehen.

Worauf muss ich bei der Belegeinsicht achten?

Nun wird es ernst: Sie haben die schriftliche Terminbestätigung erhalten, haben Ihre Kamera oder Ihr Handy geladen, damit Sie Fotos machen können, haben Ihre Abrechnung und etwas zu schreiben dabei und fahren zur Verwaltung.

In den meisten Fällen wird man Ihnen den oder die Ordner an einem Tisch bereitlegen, so dass Sie die Unterlagen in Ruhe ansehen können. Schauen Sie sich die Belege zu den Positionen, die Sie prüfen wollen, genau an. Prüfen Sie, wer der Rechnungsaussteller ist, ob das Rechnungsdatum mit dem Abrechnungszeitraum übereinstimmt, ob die Rechnung für Ihr Haus ist, addieren Sie Monatsrechnungen (wie beispielsweise für Hausreinigung) und prüfen, ob Sie auf den Betrag in der Abrechnung kommen. Bei Zahlungsnachweisen und Kontoauszügen sollten Sie auch den Empfänger und die Kontonummer prüfen.

Die Prüfung von Verträgen zum Beispiel für die Hausmeistertätigkeit ist für die meisten Nicht-Jurist/innen kaum zu bewerkstelligen. Hier sollten Sie lediglich schauen, ob der Vertrag Ihr Haus betrifft, die Seiten fotografieren und bei Zweifeln nach der Belegeinsicht in die Beratung gehen. Meistens dürfen Sie gegen Kostenerstattung auch Kopien der Belege anfertigen, was aber  aus meiner Sicht nur sinnvoll ist, wenn es nur um ein oder zwei Positionen aus der Betriebskostenabrechnung geht. Bei mehreren Positionen werden die Kosten für die Kopien schnell zu hoch. In Zeiten günstiger Digital- und qualitativ guter Handykameras ist es besser, die Belege zu fotografieren und nach dem Termin entsprechend zu speichern.

Der Termin kann aber leider auch ganz anders verlaufen: Es kann im Büro des Verwalters räumlich beengt sein, sodass Sie neben einem Mitarbeiter sitzen, der lautstark telefoniert und Sie sich dadurch nicht konzentrieren können, oder Sie sitzen nahe der Tür und ständig kommt jemand herein und begrüßt Sie freundlich, oder es ist so dunkel, dass Sie keine Fotos machen können.In diesem Fällen können Sie die Belegeinsicht abbrechen, weil auf diese Art eine Prüfung der Unterlagen nicht möglich ist. Lassen Sie sich beraten, wie Sie weiter vorgehen und was die nächsten Schritte sein können.

Worauf muss ich bei der Belegeinsicht besonders achten?

Die Liste möglicher Fehler und Ungereimtheiten in Abrechnungen ist lang. Das haben Sie vielleicht im Lauf der Jahre auch schon in Ihren Betriebskostenabrechnungen gesehen. Manchmal fallen Zählerstände für Wasser oder Heizung völlig aus dem Rahmen, manchmal verdoppeln sich Heiz- oder andere Kosten von einem Jahr auf das nächste oder es gibt neue – Ihnen unbekannte – Abrechnungspositionen. Wenn Sie zur Belegeinsicht gehen, werden Sie feststellen, dass die Liste noch deutlich länger werden kann. Es können Rechnungen in den Unterlagen sein, die nicht den Abrechnungszeitraum betreffen oder nicht das Haus, in dem Sie wohnen. Es können Rechenfehler enthalten sein oder die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Wohnungen ist nicht richtig. Es kommt auch vor, dass Sie Belege vorfinden, von denen nicht klar ist, zu welcher Kostenposition in der Abrechnung sie gehören. Wegen der vielen möglichen Fehlerquellen kann man leider nicht allgemein sagen, worauf besonders zu achten ist. Am besten ist es, Sie prüfen die Unterlagen in Ruhe, beachten die Gegebenheiten Ihres Hauses und fragen bei Unklarheiten nach. Machen Sie sich Notizen, addieren Sie Einzelbeträge und notieren Sie, welche Punkte eventuell unklar sind. Auf diese Weise können Sie sich später besser erinnern, was Ihnen aufgefallen ist. Und zu guter Letzt: Nehmen Sie zum Termin das Merkblatt „Belegeinsicht“ der Berliner Mieter­Gemeinschaft mit. Hierauf sind viele der Punkte, die es zu beachten gilt, vermerkt.

Das klingt alles ziemlich schwierig. Kann ich mich begleiten lassen oder kann das jemand anderes für mich erledigen?

Ehrlich gesagt, eine Belegeinsicht ist wirklich eine schwierige Sache. Man muss sich in unbekannte Unterlagen einarbeiten, gleichzeitig lesen, nachrechnen und fotografieren, sich Notizen machen und dabei auch noch den Überblick behalten, welche Belege schon geprüft wurden und zu welcher Abrechnungsposition sie gehören. Erschwert wird die Sache dadurch, dass große Wohnungsgesellschaften häufig mehrere Häuser oder Aufgänge zu einer Wirtschaftseinheit zusammenziehen. So gibt es Abrechnungen, die über 500 Wohnungen umfassen. Dadurch kann es sein, dass zum Beispiel 10 Wasserrechnungen oder mehrere Aufzugsrechnungen für Wartung, Notruf, Strom usw. vorliegen, die in die Abrechnung einfließen. Der Umfang der Unterlagen kann in solchen Fällen sehr groß sein. Sie sollten sich daher bereits vor der Belegeinsicht überlegen, welche Punkte Sie prüfen sollten und welche Sie für nachvollziehbar halten.Zu Ihrer Unterstützung können Sie eine Person Ihres Vertrauens zum Termin mitnehmen. Dies kann ein/e Mitbewohner/in oder Nachbar/in oder ein/e Verwandte/r sein. Zu zweit kämpft es sich leichter durch den Berg an Informationen, der einzusehen ist. Dabei können Sie eine Art Arbeitsteilung machen. Eine/r sucht die entsprechenden Belege heraus und macht Fotos davon, der/die andere macht Notizen. Sie können sich durch einen Fachmann, beispielsweise eine/n Juristen/in oder den Autor dieses Artikels begleiten oder sich ganz vertreten lassen. Dabei sollten Sie vorab die Kostenfrage klären und noch einmal überlegen, ob eine Belegeinsicht und wenn ja in welchem Umfang notwendig ist, da diese ja einen erheblichen Aufwand bereitet.

Was mache ich nach der Belegeinsicht?

Geschafft! Der Termin der Belegeinsicht liegt hinter Ihnen, Sie haben Kopien gefertigt oder die Fotos auf einem Stick oder Ähnlichem gespeichert und können anhand Ihrer Notizen aus dem Termin eventuelle Ungereimtheiten nachweisen. Möglicherweise sind Fragen offen und Teile der Unterlagen waren für Sie nicht verständlich. Haben Sie sich vertreten lassen, wird Ihnen der Belegprüfer die Fotos digital oder auf einer CD übersenden, verbunden mit einer kurzen Stellungnahme, in der auf weiter zu prüfende Punkte hingewiesen wird. Mit Ihren Notizen oder der Stellungnahme des von Ihnen beauftragten Vertreters und den gespeicherten Bildern gehen Sie wieder zur Berliner MieterGemeinschaft, um sich zu den weiteren Schritten beraten zu lassen, etwa zu Nachzahlung,  teilweiser Nachzahlung oder der Erhebung von Einwendungen in einem Schreiben an Verwalter oder Vermieter. 

Was ist noch wichtig?

Am sinnvollsten ist ein schrittweises Vorgehen. Zuerst die Abrechnung in der Beratung prüfen lassen, dann die Belegeinsicht durchführen oder einen Belegprüfer damit beauftragen. Danach gehen Sie wieder in die Beratung und lassen sich zum weiteren Vorgehen beraten. Beachten Sie, dass bei der Belegeinsicht juristische Fragen auftauchen können, die vom Autor dieses Artikels als Nichtjurist nicht beantwortet werden können. Einige Punkte lassen sich nicht im Rahmen der Belegeinsicht klären. Gibt es eine Steckdose mit Allgemeinstrom im Keller, die für die private Kühltruhe eines Mieters genutzt wird? Wird die Hausreinigung nicht ordnungsgemäß durchgeführt? Ist der Hauswart oft nicht erreichbar? Solche Sachen müssen außerhalb einer Belegeinsicht mit der Verwaltung oder dem Eigentümer geklärt werden.

 

Götz Autenrieth ist Sachverständiger für Schimmelpilzschäden (TÜV), zertifizierter Bauschaden-bewerter (Dekra) und führt als Fachmann für Energie, Mängel und Betriebskosten in Gebäuden die Belegeinsichten für Mitglieder durch. Voraussetzung dafür ist, dass Sie zuerst die Betriebskostenabrechnung in der Beratung der Berliner MieterGemeinschaft prüfen lassen. Dort erfahren Sie auch die aktuell gültigen Konditionen für die Belegeinsicht.


MieterEcho 415 / März 2021

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