Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 408 / März 2020

Kaufen, kaufen, kaufen

Kommunale Wohnungsgesellschaften erweitern Bestand vor allem durch Ankäufe

Von Philipp Möller

 

Die Zielmarke von 30.000 neuen Wohnungen bis 2021, die 2017 zwischen Senat und den sechs landeseigenen Woh- nungsunternehmen vereinbart wurde, wird wohl verfehlt. Maximal 24.000 Wohneinheiten werden bis Ende 2021 ent- stehen, schätzt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Beim Ankauf hingegen wird der Plan übererfüllt. Statt mindestens 10.000 kauften die städtischen Gesellschaften zwischen 2017 und 2019 mehr als 17.000 Wohnungen. 2020 waren es laut Antwort auf eine parlamen- tarische Anfrage bereits 1.934 (Stand 28. Januar). Warum der Senat kurz vor Inkrafttreten des Mietendeckels, der die Verwertungsoptionen und damit die Immobilienpreise mindern dürfte, so kräftig zulangt, bleibt sein Geheimnis. Fest steht, dass die Politik durch dieses Agieren frisches anlagesuchendes Kapital auf den Wohnungsmarkt wirft und die Ankäufe nichts zu seiner Entspannung beitragen.


Laut Koalitionsvertrag sollten die kommunalen Gesellschaften seit 2017 jährlich 6.000 Wohnungen bauen. Dem nähern sich die Unternehmen nur langsam an. Am Gesamtbaugeschehen in der Stadt hatte der kommunale Wohnungsbau lediglich einen Anteil zwischen einem Viertel und einem Drittel. Viel zu we- nig, wie man dem Wohnraumbedarfsbericht 2019 entnehmen kann. Darin wird deutlich, dass es vor allem an Wohnungen für Haushalte mit geringen Einkommen, Einpersonenhaus- halte sowie für besondere Bedarfsgruppen wie Geflüchtete, Studierende und Wohnungslose mangelt. Sozialwohnungen mit einer Einstiegsmiete von 6,50 Euro/qm wurden bisher fast ausschließlich durch die Kommunalen errichtet. Ihr frei- finanzierter Wohnungsbau ist für ärmere Haushalte hingegen nicht leistbar. Laut dem jährlichen Bericht zur Kooperations- vereinbarung nahmen die kommunalen Gesellschaften 2018 bei 70,6% aller Neu- und Wiedervermietungen von seit 2012 fertiggestellten Wohnungen mehr als 8 Euro/qm. 48,8% waren sogar teurer als 10 Euro/qm. Spitzenreiterin war die Gewobag mit stolzen 11,88 Euro/qm für freifinanzierte Neubauten. Lediglich ein Viertel aller Neubauwohnungen wurde zu 6,50 Euro/qm vermietet. Etwas besser sieht es bei noch nicht fer- tiggestellten Neubauten aus. Hier weist der Bericht einen An- teil geförderter Wohnungen zwischen 26,7% im Jahr 2016 und 44,7% für 2018 begonnene Projekte aus. 5.316 von insgesamt 15.663 sich in diesem Zeitraum im Bau befindlichen Wohnun- gen sollen demnach mietpreis- und belegungsgebunden sein. Damit verfehlen die Wohnungsbaugesellschaften jedoch die Vorgaben der Kooperationsvereinbarung von 50% gefördertem Wohnungsbau. In der Jahrespressekonferenz Ende Januar ver- meldete Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke), derzeit seien 60.140 Wohnungen in Planung und Re- alisierung. Wie viele davon gefördert wurden, ist unbekannt.


Fehlende Baukapazitäten
Bezogen auf die nicht erreichten Neubauziele erklärte Lomp- scher, die Wohnungsunternehmen seien mit zunehmenden „Kapazitätsproblemen in der Bauwirtschaft konfrontiert.“ Bisher unternimmt der Senat jedoch zu wenig Anstrengungen zum Aufbau öffentlicher Baukapazitäten. Dabei könnte eine kommunale Bauhütte den öffentlichen Wohnungsbau unab- hängiger von den Konjunkturen und Renditeerwartungen der privaten Bauwirtschaft machen und würde eine strategische Organisation serieller Fertigung von Typenbauten erlauben. Eine Ausnahme bildet die geplante Bauhütte für Holzbau zur Bebauung des Flugfeldes Tegel. Für die Zeit des Mietende- ckels hat die Koalition bisher keine Vorschläge gemacht, wie der kommunale Wohnungsbau in Stellung gebracht werden könnte. Eine strukturelle Reform der Gesellschaften, um sie ihrem sozialen Versorgungsauftrag entsprechend auszurich- ten, ist nicht in Sicht. Stattdessen hat es der Senat nicht einmal fertiggebracht, mit der landeseigenen Berlinovo eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen. Sie betreibt mun- ter das lukrative Geschäft mit möbliertem Wohnraum und soll nach Wunsch von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zukünftig bis zu 2.000 Wohneinheiten jährlich errichten.


MieterEcho 408 / März 2020

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