Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 409 /

Gesundheitsgefahr Notunterkunft

Sozialinitiativen fordern besseren Seuchenschutz für Wohnungslose und Geflüchtete

Von Heiko Lindmüller                                        

Die Corona-Pandemie hat erhebliche Auswirkungen auf das alltägliche Leben in Berlin. Doch während Bundes- und Landesregierung vergleichsweise schnell und unbürokratisch einige Hilfspakete für die Abfederung materieller Notlagen auf den Weg gebracht und umgesetzt haben, die auch einen wenigstens temporären Schutz vor dem Wohnungsverlust beinhalten, ist die Lage für ohnehin marginalisierte Menschen dramatischer als je zu vor. Darauf wiesen der Flüchtlingsrat Berlin e.V., der AK Wohnungsnot und weitere Vereine und Initiativen am 7. April in einer gemeinsamen Erklärung hin. 

                                      
Neben den überwiegend oder vollständig auf der Straße lebenden Obdachlosen gibt es in Berlin rund 50.000 offiziell registrierte Wohnungslose, die in Geflüchteten-, Wohnungslosen- und Obdachlosenunterkünften untergebracht sind. Zumeist auf engem Raum in Mehrbettzimmern, mit Gemeinschaftsbädern und/oder Gemeinschaftsküchen. Unter diesen Bedingungen ist es faktisch unmöglich, die geltenden Kontaktrestriktionen und Hygienegebote einzuhalten. Zumal es dort auch an Desinfektionsmitteln in ausreichender Menge und Schutzausrüstung mangelt. Eine einzige Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus würde in derartigen Einrichtungen unweigerlich zu einer schnellen Ausbreitung führen. Zudem sind durch die Pandemie die ohnehin unzureichenden Beratungs- und Hilfestrukturen weitgehend zusammengebrochen. Notquartiere haben ihre Plätze reduziert, Tageseinrichtungen für Obdachlose größtenteils sogar geschlossen.

                   
Als Sofortmaßnahmen fordern die Gruppen und Verbände die Unterbringung der Betroffenen in den derzeit brachliegenden Beherbergungsbetrieben in Berlin. Dazu zählen neben Hotels und Pensionen auch zahlreiche Ferienwohnungen und „Businessapartments“. Denn dort gäbe es individuelle Sanitäranlagen und die Möglichkeit individueller Quarantänen statt Abriegelung ganzer Einrichtungen. Über ein lokales Netzwerk an gastronomischen Betrieben könnte die Versorgung von Menschen in Unterkünften ohne Kochmöglichkeit oder in Quarantäne erfolgen. „Wir sehen es besonders in Zeiten einer Pandemie als gesellschaftliche Verpflichtung an, für alle Menschen Bedingungen zu schaffen, die das Infektionsrisiko senken“, heißt es. Massenunterkünfte, in denen der Infektionsschutz nicht umsetzbar ist, müssten umgehend aufgelöst werden, um die Gefahr einer weiteren unkontrollierbaren Ausbreitung des Virus zu minimieren. Die kürzlich an zwei Standorten in Berlin geschaffenen 350 Plätze für obdachlose Menschen reichen dafür keineswegs aus und dienen wohl eher der Imagepflege der Sozialverwaltung.                               

Wohnraum statt Unterbringung   
Zum Infektionsschutz gehört neben einer angemessenen Unterkunft auch der umfassende Zugang zu Informationen über die aktuelle Lage. Gefordert wird daher, WLAN-Zugänge, beispielsweise von Hotels, Behörden und Schulen, zu öffnen. In bestehenden Unterkünften müsste in allen Wohnbereichen der Zugang zu einem leistungsfähigen WLAN vorhanden sein. Für Kinder und Jugendliche, die in solchen Einrichtungen leben, müssten Möglichkeiten geschaffen werden, an den digitalen Bildungsangeboten der Schulen teilzunehmen, um ihrer weiteren Marginalisierung entgegenzuwirken.          

 
Für die Unterzeichner/innen geht es nicht nur um dringend gebotene Sofortmaßnahmen, die buchstäblich über Leben und Tod entscheiden können. „Obdachlose, Wohnungslose und Geflüchtete sind aus Gründen des Infektionsschutzes und zur Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens nicht nur in der aktuellen Situation, sondern grundsätzlich vorrangig in Mietwohnungen statt in Not- und Sammelunterkünften unterzubringen“, so die Erklärung. Gefordert wird die schnelle und unbürokratische Ausstellung von Wohnberechtigungsscheinen (WBS) mit Dringlichkeit an die betroffenen Personengruppen. Bei der Vergabe von frei werdenden und neu gebauten Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften müssten Wohnungslose bevorzugt berücksichtigt werden. Unbedingt notwendig sei es in diesem Zusammenhang, die „Lagerpflicht“ für Asylsuchende aufzuheben. 


Weitere Infos: www.fluechtlingsrat-berlin.dehttp://www.fluechtlingsrat-berlin.de


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