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MieterEcho 418 / Juni 2021

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

mit der beschlossenen Übernahme von Deutsche Wohnen (DW) durch die Vonovia soll alles ganz anders werden. Schließlich, so der regierende Bürgermeister Michael Müller, seien Wohnungswirtschaft und Politik gleichermaßen an einem konstruktiven Austausch interessiert und nun begänne ein neues Miteinander. Das klingt, als habe der Sozialdemokrat Müller seine politische Kompetenz ausschließlich in der Sonntagsschule erworben.

Pläne für das Zusammengehen der Immobilienkonzerne existieren seit Jahren. Doch lehnte der DW-Chef Michael Zahn eine Fusion mit dem Hinweis auf die Unterschiedlichkeit von Kultur und Geschäftsmodellen beider Unternehmen stets ab. 2015 stiegen durch günstige Neubewertung der DW-Wohnungsbestände und eine daraus folgende Verdreifachung der Buchgewinne die Aktienkurse. Zudem waren die Aussichten für DW in Berlin ohne breitflächige Modernisierungsinvestitionen ein Mietwachstum von 4% zu realisieren, außerordentlich gut, so dass der Vorstandschef Michael Zahn mit dem Kommentar: „Auf dem Berliner Wohnungsmarkt steht jetzt die Ernte an. Warum sollte ich also das Risikoprofil meiner AG ändern?" den energischen Versuch einer feindlichen Übernahme durch die Vonovia abwehren konnte. Und auch im Herbst 2020 zweifelte der DW-Chef den Sinn einer Übernahme hinsichtlich der Vorteile für die Investoren am Kapitalmarkt noch an. Ein Unternehmen aber, das permanent im Zentrum politischer Auseinandersetzungen steht, wird vom Kapitalmarkt nicht übermäßig geschätzt, und so kann angenommen werden, dass die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ jetzt als Fusionsbeschleuniger gewirkt hat.Der Chef der Deutschen Wohnen sieht seinen Gesinnungswechsel positiv: „Wir haben lange viel Kraft in ein Gegeneinander investiert, aber jetzt entsteht ein großartiges Unternehmen mit einer Perspektive über Deutschland hinaus.“Eine solche auf Europa ausgerichtete Perspektive ist für Vonovia nicht neu.

2017 gelang die Übernahme der 2001 gegründeten österreichischen Immobiliengesellschaft Conwert Immobilien Invest. Mit ca. 26.700 Wohneinheiten unter anderem in Berlin, später auch Hamburg, Leipzig, Dresden und Potsdam, gehörte das Unternehmen zu den Branchenführern in Österreich. Ein Jahr später folgte die Vereinnahmung der Wiener BUWOG, die über ca. 48.000 Wohneinheiten verfügte.

Nicht weniger erfolgreich war Vonovia in Schweden. Die  14.725 Wohneinheiten der Victoria Park AB in Stockholm, Malmö und Göteborg waren 2018 ein erster Einstieg. Die nächste schwedische Übernahme Hembla AB mit 21.000 Wohneinheiten folgte ein Jahr später und vervollständigte das Portefeuille der Vonovia in Stockholm. Durch die Fusion mit der Deutschen Wohnen wächst der Vonovia-Bestand in Deutschland auf über 550.000 Wohnungen an und bildet die Grundlage für weitere europäische Expansionen.


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