Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 413 / Dezember 2020

Editorial

Editorial MieterEcho

Liebe Leserinnen und Leser,

vor zwei Jahren fand der Wohngipfel statt, eine Reaktion der Großen Koalition auf die bedrohlichen Mietpreissteigerungen und Verknappungen von Wohnraum. Mehr als belanglose Maßnahmen wurden nicht erwartet, doch enthielt das beschlossene Ergebnispapier die Passage: „Der Bund strebt an, unter Einbeziehung von Ländern und Kommunen die Möglichkeiten zu reduzieren, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln.“ Ausnahmen sollten „nur in Einzelfällen geltend gemacht werden dürfen“. Erst im Juni dieses Jahres wurde als Resultat des Wohngipfels ein erster Entwurf eines Baulandmobilisierungsgesetzes vorgelegt, in dem tatsächlich eine Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen durch die Kommunen vorgesehen war. Allerdings sollte die Anwendung der Vorschrift daran gebunden werden, dass „die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“. Statt eines notwendigen allgemeinen Verbots der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen oder zumindest einer grundsätzlichen Genehmigungspflicht von Umwandlungen sollte also die Anwendung an das Bestehen einer besonderen Gefahrenlage gebunden und zudem auf fünf Jahre befristet werden.

Drei Monate später jedoch erschien eine veränderte Fassung des Gesetzentwurfs, in der die durch weitere Ausnahmen eingeschränkte und verharmloste Vorschrift über die behördliche Genehmigungspflicht überhaupt nicht mehr enthalten war. Eine wichtige Funktion bei diesem Rollback kam dem rechtspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, zu. Abgesehen davon, dass er ein eifriger Verfechter der Videoüberwachung auf den Berliner Straßen ist, wurde er durch die politische Leidenschaft, mit der er gegen den Mietendeckel kämpft, bekannt. Er ist der Koordinator des abstrakten Normenkontrollverfahrens gegen den Mietendeckel für die CDU/CSU-Fraktion und hält dieses Vorgehen „für ein starkes Signal“. Als Bannerträger des Eigentums ist für ihn auch das Baukindergeld – eine absurde Verschwendung von Steuergeldern in Höhe von maximal 9,9 Milliarden Euro, mit der nur Besserverdienende bereichert werden – ein großer Erfolg. Um die Wohneigentumsquote zu steigern, würde er gern die Grunderwerbssteuer senken oder sogar vollkommen abschaffen. Er hatte konsequenterweise „hart gerungen“, um die Einschränkung der Umwandlung zu verhindern.

Allerdings war sein Erfolg nicht endgültig. Die SPD widersetzte sich, sodass nun doch ein Genehmigungsvorbehalt für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Gesetz enthalten ist. Die aufgeführten Fälle, in denen die Umwandlung genehmigt werden muss, bieten jedoch zahlreiche Schlupflöcher für findige Eigentümer, wie etwa der geplante Verkauf an Familienangehörige oder die Veräußerung an mindestens zwei Drittel der Mieter/innen. Wie Umwandlungsverbote von Eigentümern erfolgreich umgangen werden, lässt sich seit Jahren in den Berliner Milieuschutzgebieten beobachten.


Ihr MieterEcho


MieterEcho 413 / Dezember 2020

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