Doppelhaushalt 2020/21
Geld ist da – aber kann es auch sinnvoll ausgegeben werden?
Von Philipp Mattern
Der im Dezember beschlossene Doppelhaushalt für 2020/21 verspricht relativ viel Geld für wohnungs- und mietenpolitische Maßnahmen. Die Frage ist, ob es sinnvoll ausgegeben werden kann. Der Berliner Landeshaushalt wird pro Jahr über 31 Milliarden Euro umfassen. Gut eine Milliarde davon entfallen auf den Bereich Stadtentwicklung und Wohnen – unter Berücksichtigung der Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre steht noch weit mehr zur Verfügung.
Überschattet waren die diesjährigen Haushaltsdiskussionen vom geplanten Mietendeckel. Die von Kritiker/innen angeführte Mutmaßung, der Deckel werde aufgrund von Steuereinbußen zu erheblichen Mindereinnahmen führen, darf getrost als Panikmache abgetan werden. So wären sinkende Grunderwerbssteuereinnahmen aufgrund sinkender Immobilienpreise sogar wünschenswert. Auch wäre bei der Frage nach dem Steueraufkommen im Gegenzug die gesteigerte Kaufkraft der Haushalte in Betracht zu ziehen. Schließlich weiß heute niemand, was der Mietendeckel für Kosten verursachen wird, solange nicht geklärt ist, ob und in welchem Umfang er rechtlich Bestand haben wird. Insbesondere der Umfang der Zuwendungen an Vermieter im Rahmen der „Härtefallklausel“ lässt sich schlecht beziffern. Bisher sind für die Umsetzung des Mietendeckels für beide Jahre rund 40 Millionen Euro vorgesehen. Die erste Herausforderung dürfte sein, die im Gespräch befindlichen 150 neuen Stellen zeitnah und qualifiziert zu besetzen. Ob diese Aufstellung insgesamt reichen wird, größere Vollzugsprobleme auszuschließen oder ob der Mietendeckel – ähnlich wie Mietpreisbremse und Zweckentfremdungsverbot – gerade daran scheitern könnte, ist offen.
Strukturelle Hindernisse
Der geplante Mietendeckel ist für den Haushalt noch in anderer Hinsicht relevant. Die Mieten sollen für fünf Jahre gedeckelt werden, um in dieser Zeit den Wohnungsmarkt durch eine „zügige Ausweitung des Wohnungsangebots“ zu entspannen, so heißt es zur Begründung des Vorhabens. Dieser Herausforderung möchte der Senat vor allem durch eine Ausweitung der Wohnbauförderung begegnen, die erstmals im Haushaltsplan 2014/15 neu aufgesetzt wurde. So sollen im Jahr 2020 bis zu 4.500 preisgebundene Wohneinheiten gefördert werden, im Jahr 2021 dann 5.000, wofür die Förderbestimmungen überarbeitet wurden. Für die zusammen 9.500 Wohnungen stehen im Doppelhaushalt insgesamt 422 Millionen Euro für Darlehen und Zuschüsse bereit, hinzu kommen umfangreiche Verpflichtungsermächtigungen. Die Frage ist, ob es gelingen wird, dieses Geld auch auszugeben. Bisher wurde die Wohnbauförderung fast ausschließlich von den landeseigenen Unternehmen in Anspruch genommen, und auch die stießen schnell an Grenzen, so dass die Quote der Fertigstellungen hinter den Planungen zurückbleibt.
Den Wohnungsbau im größeren Stil anzukurbeln, erfordert nicht nur die Bereitstellung von Fördermitteln. Ebenso müssen größere Entwicklungsgebiete umgesetzt und die entsprechenden Kapazitäten bei den Wohnungsgesellschaften geschaffen werden. Das Problem zeigt sich auch am neu zu gründenden landeseigenen Bodenfonds. Bis zu 250 Millionen Euro sollen für den Flächenerwerb zwecks Aufbau einer strategischen Grundstücksreserve bereit stehen. Das klingt erfrischend nach Jahren der Privatisierung, aber 250 Millionen sind hierfür völlig unzureichend. Die Summe reicht gerade aus, um nötige Flächen für soziale und grüne Infrastruktur zu erwerben. Bei den Flächen für den Wohnungsbau gibt es noch ein anderes Pro-
blem: Bisher existiert kein öffentliches Liegenschaftskataster für die gesamte Stadt. Es fehlt schlicht der Überblick über bebaubare Flächen in der öffentlichen Hand.
Ein schlechtes Omen stellt der Doppelhaushalt für die Diskussion um eine mögliche Enteignung großer Wohnungsunternehmen dar: Trotz der offiziellen Unterstützung des Vorhabens durch Die Linke und Grüne ist im Haushalt kein Posten vorgesehen, um Rücklagen zu bilden, die zur Finanzierung einer in diesem Fall neu zu gründenden Gesellschaft und zur Entschädigungszahlung gebraucht würden.
MieterEcho 407 / Januar 2020