Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 418 / Juni 2021

Die Akteure der Verdrängung treffen

Interview mit Aktiven von „Eigenbedarf kennt keine Kündigung“ (E3K)

Mieter/innen, die von Eigenbedarfskündigungen bedroht sind, brauchen praktische Unterstützung in den betroffenen Häusern.


MieterEcho: Seit wann gibt es Ihre Gruppe und was war der Anlass der Gründung?

E3K: Die Arbeitsgruppe E3K gibt es seit 2,5 Jahren. Anlässlich der immer häufiger werdenden Anfragen in verschiedenen Mieterinitiativen zu Eigenbedarfskündigungen mit und ohne Umwandlung lud die Initiative Wem gehört Kreuzberg im Herbst 2018 zu einer Versammlung zu diesem Thema ein. Daraus entstand unsere Arbeitsgruppe.


Sie haben Mitte Mai anlässlich eines Berufungsprozesses eine Kundgebung vor dem Landgericht Mitte abgehalten. Um was ging es bei dem Prozess?

Eigenbedarfskündigungen sind die am häufigsten verhandelten Kündigungen am Landgericht Berlin. Wir wollten mit der Kundgebung unsere Solidarität mit den betroffenen Mieter/innen zeigen und auf das zu wenig beachtete Thema der Verdrängung durch Eigenbedarfskündigungen aufmerksam machen. Konkret ging es in diesem Berufungsprozess um die 5. und 6. Eigenbedarfskündigung in der Reichenberger Straße 73. Dieses Haus gehört dem Justiziar der Berliner CDU, Ernst Brenning.


Wie ist der Prozess verlaufen, haben die Proteste etwas bewirkt?

Die endgültige Entscheidung wird erst am 9. Juni verkündet (nach Redaktionsschluss). Aber es sieht ganz gut aus für die Mieter/innen, die ja bereits in der 1. Instanz gewonnen hatten. Bereits vor 2 Jahren verlor die Familie Brenning einen ähnlichen Prozess vor dem Amtsgericht Köpenick. 

Die Proteste waren im Gerichtssaal gut zu hören. Ob das Richter/innen beeinflusst, lässt sich schwer sagen. Es ist aber eine wichtige Unterstützung für die Mieter/innen, mit gemeinsamen Protesten der Individualisierung der Wohnungsfrage vor Gericht etwas entgegenzusetzen.


Haben Sie auch noch andere Aktionsformen im Kampf gegen Eigenbedarf?

Die Begleitung von Besichtigungen bei Wohnungsverkäufen ist eine von uns unterstützte Aktionsform, die einfach zu machen ist und sich als recht erfolgreich erwiesen hat. Außerdem trifft man dabei direkt auf die Akteure der Verdrängung in Form von Makler/innen und Wohnungskäufer/innen.

Dabei werden Mieter/innen, die das wünschen, in ihren Wohnungen, die zu Verkaufszwecken besichtigt werden, durch Nachbar/innen und solidarische Mieter/innen unterstützt und gestärkt. 

Weitere Nachbar/innen und Mieter/innen können sich zum Termin spontan vor dem Haus versammeln, sich austauschen und auch den Kaufinteressierten, sowie den Makler/innen mitteilen, was sie von der Gentrifizierung in der Stadt und konkret im Haus halten. Betroffene Mieter/innen können uns dazu einladen, aber Nachbar/innen können das auch schnell selbst organisieren. 


Wie reagieren potentielle Wohnungskäufer/innen darauf?

Die Reaktion ist sehr unterschiedlich. Da gibt es die, denen das sehr unangenehm ist und andere denen sowieso alles egal ist. Unabhängig davon sind alle erst einmal überrascht und sehen sich oft erstmalig direkt mit den Auswirkungen ihres Handelns konfrontiert. Als Ergebnis lassen einige von ihrem Kaufvorhaben ab und auch Makler/innen haben schon auf weitere Besichtigungen verzichtet. Letztlich haben wir damit bereits mehre Verkäufe verhindern können.


Wie kann man bei ihnen mitmachen oder Sie um Unterstützung bitten?

Wir empfehlen sich an eine lokale Mieterinitiative zu wenden. Wenn dieser Wissen zu Eigenbedarfskündigungen fehlt, werden sie sich an uns wenden. Die Initiativen in Berlin sind gut vernetzt. Wir verstehen uns eher als eine Arbeitsgruppe, die Initiativen und Mieter/innen zu diesem speziellen und komplexen Thema zuarbeitet und Öffentlichkeit herstellt. Unabhängig davon sind wir eine offene Gruppe. Wer zu diesem Thema arbeiten möchte oder anderweitig keine Unterstützung findet, kann sich gerne an uns wenden.


Vielen Dank für das Gespräch


Das Interview führte Andreas Hüttner.

 

Website: https://tinyurl.com/E3K-start
E-mail: e3k@riseup.net
Twitter: @E3K19

Sonja Sonnenwasser* und Erich Dunkel* engagieren sich bei Eigenbedarf kennt keine Kündigung (E3K). Dort organisieren sich Mieter/innen, die von Eigenbedarfskündigungen betroffen sind.
* Name von der Redaktion geändert


MieterEcho 418 / Juni 2021

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