Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 411 /

Behinderung von Volksbegehren

Das Bündnis „Volksentscheid Transparenz“ wartet auf die Zulassung des Volksbegehrens durch den Senat

Von Heiko Lindmüller

Zurzeit ist Galeria Karstadt Kaufhof in Berlin wieder in aller Munde. Man sollte meinen, dass vor allem der Mutterkonzern Signa aufgrund der deutschlandweit angekündigten Schließung dutzender Filialen und der Entlassung tausender Angestellter öffentlich an den Pranger gestellt würde. Doch weit gefehlt.

 

Begleitet von deutlich geringerem Medieninteresse als „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, aber dennoch erfolgreich, konnte im vergangenen Jahr ein weiteres Volksbegehren auf den Weg gebracht werden. Am 3. Dezember überreichte das Bündnis Volksentscheid Transparenz über 30.000 Unterschriften für ein Volksbegehren für ein Berliner Transparenzgesetz an den Berliner Senat. Dieses hat – anders als bei Deutsche Wohnen & Co enteignen – keinen allgemein gehaltenen politischen Beschluss zum Inhalt, sondern einen komplett ausformuliertes Artikelgesetz, das im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids in Kraft gesetzt werden müsste.

Am 15. Januar bestätigte die zuständige Senatsverwaltung die Gültigkeit von über 27.000 Unterschriften. Das notwendige Quorum von 20.000 Unterschriften wurde somit deutlich übertroffen, der Weg zur 2. Stufe des Volksbegehrens, bei dem rund 177.000 Unterschriften binnen vier Monaten gesammelt werden müssen, stünde damit offen. Würde auch diese Hürde überwunden werden, käme es zum Volksentscheid über das Begehren. Doch wie in Berlin sattsam bekannt, lässt sich der Senat sehr viel Zeit bei der Prüfung der Zulässigkeit des angestrebten Volksbegehrens. Bislang gebe es noch nicht einmal Informationen über den ungefähren Zeitrahmen der Prüfung, sagt Lea Pfau, die als Campaignerin des Projekts „FragdenStaat“ für die Initiative tätig ist, dem MieterEcho auf Anfrage.

 

Umfassende Auskunftspflichten

Konkret soll mit dem Volksbegehren erreicht werden, dass Behörden von sich aus Informationen aller Art in einem Online-Register veröffentlichen müssen. Bisher ermöglicht zwar das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu solchen Dokumenten, aber nur in sehr beschränktem Umfang. Bürger/innen müssen dies zudem individuell beantragen und dafür teils happige Gebühren zahlen. Durch ein kosten- und barrierefreies Transparenzportal sollen diese Hindernisse beseitigt werden, um eine bessere Kontrolle der Arbeit der Verwaltungen, der landeseigenen Unternehmen, der vom Land und diesen Unternehmen getätigten Transaktionen und der Kooperation von Entscheidungsträger/innen und Lobbyist/innen zu ermöglichen. Auch Informationen über staatliche Beihilfen, Subventionen und Zuwendungen, die Vergabe von Fördermitteln sowie Verträge samt Nebenabreden ab einer bestimmten Größenordnung sollen einbezogen werden. Um verfassungsrechtliche Bedenken und Kollisionen mit anderen Rechtsnormen zu vermeiden, werden im Gesetzentwurf auch die Ausnahmen von der unbegrenzten Auskunftspflicht benannt, etwa zum Schutz von Persönlichkeitsrechten und Geschäftsgeheimnissen oder bei Vorliegen übergeordneter Belange.
Wie es mit dem Volksbegehren jetzt weitergehen soll, vermag Pfau nicht zu sagen. Man setze nach wie vor darauf, dass der Senat die Prüfung einigermaßen zeitnah abschließen werde. Zumal sich die drei Regierungsparteien bereits im Koalitionsvertrag von 2016 verpflichtet haben, in dieser Legislaturperiode ein Transparenzgesetz auf den Weg zu bringen, was aber schlicht nicht passiert ist.
Untätig will man in dieser Wartezeit allerdings auch nicht bleiben. Am 14. Juli startete das Bündnis eine Kampagne mit dem Ziel, dass allen Mieter/innen betroffener Häuser der Inhalt von sogenannten Abwendungsvereinbarungen zwischen Bezirksämtern und Hauskäufern zugänglich gemacht wird. Mit der Unterzeichnung derartiger Vereinbarungen können die künftigen Besitzer verhindern, dass der Bezirk sein Vorkaufsrecht wahrnimmt. Doch da diese Verträge nicht öffentlich zugänglich sind, bleibt für die Betroffenen vollkommen unklar, inwieweit und vor allem für wie lange ein Schutz vor Umwandlung in Wohneigentum und Verdrängung durch preistreibende Modernisierungen gewährleistet ist. An dem eigentlichen Ziel des Bündnisses, nämlich der Einleitung eines Volksentscheids für ein umfassendes Transparenzgesetz, ändert sich dadurch nichts.


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