Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 418 / Juni 2021

Alle sitzen in einem Boot

In ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl vermeidet die SPD Forderungen nach durchgreifenden Regulierungen auf dem Wohnungsmarkt

Von Rainer Balcerowiak

Nicht nur in Berlin wird die Wohnungspolitik eine wichtige Rolle in den bevorstehenden Wahlkämpfen spielen. Doch in der Hauptstadt könnte das sogar zum Topthema werden. Zum einen sind die Mieten hier noch wesentlich stärker gestiegen als in anderen deutschen Städten. Außerdem hat die Entscheidung der Karlsruher Verfassungsrichter/innen zum Berliner Mietendeckel für Wut und Verbitterung in großen Teilen der Bevölkerung gesorgt. Und falls es der Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen gelingen sollte, bis zum 26. Juni genügend Stimmen für einen Volksentscheid zu sammeln, der dann parallel zu den Wahlen am 26. September stattfinden würde, erhält dieser Themenbereich noch zusätzliche Brisanz.   

Nach dem Scheitern des Mietendeckels haben die Parteien der rot-rot-grünen Regierungskoalition versprochen, sich für einen Mietendeckel auf Bundesebene einzusetzen, oder wenigstens eine Öffnungsklausel auf den Weg zu bringen, die den Ländern jene Gesetzgebungskompetenz für eigene Mietregulierungen einräumen würde, die derzeit nicht besteht. 

Doch im Programm der SPD zur Bundestagswahl sucht man nach entsprechenden Festlegungen vergeblich. Die Partei will lediglich in „angespannten Wohnlagen“ ein „zeitlich befristetes Mietenmoratorium einführen. Das bedeutet: Mieten können für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden“.  

Eine offensichtliche Mogelpackung, denn wenig später beruft sich die SPD auf die „Mietpreisbremse“, die sie entfristen will. Doch diese „Bremse“ bezieht sich ausschließlich auf Neuvermietungen, bei denen die neue Miete bis zu 10% über dem Mietspiegelwert liegen darf. Außerdem müssen bereits zuvor vereinbarte Mieten, die deutlich darüber liegen, nicht abgesenkt werden. Daran will die SPD nichts ändern. Unklar bleibt, ob Modernisierungsumlagen, die oftmals zu enormen Mietsprüngen führen, von dem Moratorium erfasst werden sollen. Angesichts der auch von der SPD geforderten Forcierung der energetischen Gebäudesanierung wird besonders dieses Problem in den kommenden Jahren gewaltig an Fahrt aufnehmen.

Wohneigentum soll gefördert werden

Ein weiteres gravierendes Problem wird nur in einem Nebensatz erwähnt. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und die daraus oftmals resultierende Geltendmachung von Eigenbedarf ist in Städten wie Berlin neben der Mietpreisexplosion längst zum größten Verdrängungsmotor geworden. Zwar hat der Bundestag vor einigen Wochen das „Baulandmobilisierungsgesetz“ verabschiedet, das den Kommunen bei angespannter Wohnraumlage einen Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung einräumt. Aber dieses Gesetz ist ähnlich wie die Mietpreisbremse löchrig wie ein Schweizer Käse, da es zahlreiche Ausnahmetatbestände für die Hauseigentümer beinhaltet. Dennoch scheint es für die SPD in dieser Frage keinen weiteren Regelungsbedarf zu geben. Im Gegenteil: „Wohneigentum dient nicht nur der Versorgung mit Wohnraum, sondern auch der Vermögens- und Alterssicherung“, heißt es in dem Programm. Ferner wolle man „Mietkaufmodelle fördern und ein Programm Jung-Kauft-Alt für den Erwerb von Bestandsimmobilien auflegen“. 

Den Wohnungsbau will die SPD mit einer Art konzertierten Aktion ankurbeln. „Dazu werden wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, aber auch private Wohnungsunternehmen und Vermieter*innen, die sich einer sozialverträglichen Vermietung verpflichtet fühlen, sollten dabei sein, wie auch die Bauwirtschaft und die Gewerkschaften“ denn es gebe „eine gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten“. Außerdem will die SPD „eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen“, um damit „ein zusätzliches nicht gewinnorientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen“. Die simple Erkenntnis, dass private Investoren auf dem Wohnungsmarkt vor allem Gewinne für sich oder ihre Anleger realisieren wollen, spielt bei der SPD keine Rolle, die Eigentumsfrage wird, abgesehen von einigen geforderten Regulierungen bei der Bodenpolitik, konsequent ausgeklammert.  Mieter/innen haben von dieser Partei jedenfalls wenig zu erwarten.


MieterEcho 418 / Juni 2021

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