Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 450 / September 2019

Mieten steigern, Steuern vermeiden

In einem umfassenden Dossier beleuchten Mieter/innen die Geschäftspraktiken von Akelius

Von Peter Nowak

„Wrangelstraße 92, Zimmer 25 Quadratmeter, 1060 Euro, Erdgeschoss, verfügbar ab 11.3.2019“ . Dieses 
Wohnungsangebot von Akelius ist keine Ausnahme. Längst hat sich  der Immobilienkonzern den Ruf eines Mietentreibers in Berlin erworben. Auf Mietendemonstrationen waren Schilder mit der Parole: „Lebst Du noch oder wohnst Du bei Akelius?“ zu sehen. Mitte August gingen Mieter/innen von Akelius mit einen gut recherchierten Dossier an die Öffentlichkeit, in dem das Geschäftsmodell des Konzerns unter die Lupe genommen wird.                                    

2018 hatten sich erstmals Mieter/innen aus Akelius-Häusern aus Kreuzberg und Neukölln getroffen. Betroffene aus anderen Stadtteilen kamen in den letzten Monaten dazu. So bildete sich ein fester Kreis, der über Monate an dem Dossier gearbeitet hat. Entstanden ist ein sehr dichtes, gut lesbares und mit Quellen, unter anderem  aus dem MieterEcho, unterfüttertes Kompendium. Zunächst schauen die Autor/innen hinter die Kulissen des aus verschiedenen Firmen bestehenden Konzerngeflechts. Namensgeber ist der schwedische Geschäftsmann Roger Akelius, der laut Dossier vorher als „Buchautor und Steuer(vermeidungs)berater“ bekannt gewesen sei. In dem Firmengeflecht steht die schwedische Akelius Residental Property AB an zentraler Stelle. Sie besitzt die Rechtsform einer Societas Europaea/Europäische Aktiengesellschaft (SE). Der Einstieg ins Immobiliengeschäft begann 1994 mit dem Erwerb von Grundstücken in drei schwedischen Städten. 2006 entdeckte Akelius auch das internationale Geschäft für sich und hat seitdem mehrere Unterfirmem gegründet. Obwohl Schweden der zentrale Firmensitz blieb, haben die verschiedenen Unterfirmen ihren Sitz in Zypern. Diese wiederum sind im Besitz von Stiftungen mit Sitz auf den Bahamas. Zypern und Bahamas sind nicht zufällig international bekannte Steuerparadiese. Hier bedient sich Akelius der in der Immobilienwirtschaft üblichen Steuervermeidungsstrategien.                                    

„Metropolen mit einer Seele“       

In einem eigenen Kapitel befasst sich das Dossier mit der Frage, warum für Akelius Berlin, wo das Unternehmen knapp 14.000 Wohneinheiten besitzt, in den letzten Jahren zum attraktiven Standort wurde. Das sind immerhin 23% des gesamten Bestands von Akelius-Wohnungen. Auch hier folgt der Konzern einem Trend der Immobilienwirtschaft. „Ein Fünftel aller Berliner Mietwohnungen gehört Unternehmen, die Immobilien zu ihrem Hauptgeschäft gemacht haben“, schrieb der Tagesspiegel kürzlich in einer Analyse des Berliner Wohnungsmarkts. Zu den Gründen für die Attraktivität Berlins gehört der anhaltende Bevölkerungszuzug, der den Bedarf nach Wohnungen steigert. Ein weiterer Pluspunkt aus Sicht der Immobilienwirtschaft sind die im Vergleich zu europäischen Metropolen wie Paris oder London niedrigeren Berliner Mieten. Damit steigen die Profiterwartungen der Konzerne, die auf weitere Mieterhöhungen in Berlin setzen.                
„Akelius konzentriert sich auf Metropolen mit einer Seele, da sie ein geringeres Risiko aufweisen und langfristig höhere Renditen bieten als kleine und mittlere Städte. Eine Metropole mit einer Seele ist die Kombination der kulturellen, intellektuellen, politischen und wirtschaftlichen Zentren eines Landes“, wird im Dossier aus Akelius-Broschüren zitiert. Wie andere Konzerne zieht es auch Akelius häufig in ehemals vernachlässigte Stadtteile. Dort sind die Profiterwartungen hoch und der kulturelle Flair gehört zu den Faktoren, die den Standort aufwerten. Dass ein Großteil der dort lebenden Bevölkerung verdrängt wird, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten kann, ist die Folge dieser Strategie. Am Ende verschwindet dann auch ein Großteil der Subkultur, die den Stadtteil erst attraktiv gemacht hat. Solche Entwicklungen waren in den letzten Jahren in Brooklyn in New York, Parkdale in Toronto und Kreuzberg oder Schöneberg in Berlin zu beobachten.

Radikaler Mietpreistreiber       

Akelius ist nur einer der Player auf dem Berliner Immobilienmarkt, der als Mietpreistreiber hervorsticht, wie in dem Dossier mit zahlreichen Beispielen belegt wird. „Vor dem Hintergrund eines durchschnittlichen Mietspiegels von 6,72 Euro pro Quadratmeter für ganz Berlin im Jahr 2019 verlangt Akelius durchschnittlich 17,86 Euro bei Mietangeboten und setzt bei realisierten Neuvertragsmieten noch immer durchschnittlich 16,42 Euro durch. Der Durchschnitt der Bestandsmieten lag 2018 bei 8,64 Euro“, heißt es im Dossier. Als ein wichtiges Mittel der Profitsteigerung wird die Umwandlung von Gewerbeeinheiten in Wohnraum und von Miet- in Eigentumswohnungen genannt. Im Akelius-Jahresbericht von 2018 werden Beispiele aufgezählt: „In Berlin wurden drei Gewerbeeinheiten auf dem Grundstück in der Nehringstraße 11 zu vier kleinen Wohneinheiten umgewandelt. Durch den Umbau erhöhten sich die Mieteinnahmen aus den Wohnungen in der Nehringstraße um sechshundert Prozent.“ Über ein Gebäude am Weinbergsweg heißt es im Jahresbericht: „Als wir das Eigentum übernahmen, betrug die Miete EUR 6,60 pro Quadratmeter. Durch vor allem neue Mietverträge, ist die durchschnittliche Miete um 88 Prozent auf 12,38 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Das restliche Mietpotenzial beträgt 32 Prozent.“ Mit dem „restlichen Mietpotenzial“ sind vor allem Bestandsmieter/innen mit alten günstigen Verträgen gemeint. In dem Dossier wird nachgezeichnet, dass Akelius im Vergleich zu anderen großen Immobilienkonzernen hohe Beträge für Modernisierung und Instandsetzung ausgibt: „Am krassesten ist das Verhältnis bei Akelius. Neun Euro pro Jahr und Quadratmeter gibt der Konzern für die Instandhaltung aus, satte 105 Euro für die Modernisierung“, wird in dem Dossier aus einer Recherche der Tageszeitung Neues Deutschland zitiert.        
Ein weiteres Merkmal der Geschäftsstrategie von Akelius ist laut Dossier die Auslagerung von Service, Bau und Hauswartstätigkeiten an Subfirmen. Vor allem auf dem Bau werden häufig Arbeiter aus Osteuropa beschäftigt, die neben Niedriglöhnen auch ungenügendem Arbeitsschutz ausgesetzt seien. Wiederholt hätten Mieter/innen auf Versammlungen berichtet, dass die Berufsgenossenschaft Baustopps auf Akelius-Baustellen verhängen musste, weil die Sicherheit der Arbeiter/innen und Mieter/innen und die Absicherung der Baustellenbereiche nicht gewährleistet waren.
    


Politik schützt Mieter/nnen nicht   

Im Dossier wird überzeugend dargelegt, dass von den Folgen dieses Geschäftsmodells nicht nur die Akelius-Mieter/innen betroffen sind. „Weil Akelius bei allen seinen Neuvermietungen konsequent die Mietpreisbremse umgeht, verknappt der Konzern aktiv den bezahlbaren Mietwohnraum in der gesamten Stadt. Aufgrund der massiven Preissteigerung bei den Akelius-Neuvermietungen steigt der stadtweite Mietspiegel insgesamt. Dadurch sind letztlich alle Berliner Mieter*innen von Akelius betroffen.“  Hier wird aufgezeigt, wie Akelius auf zweierlei Weise für höhere Mieten in Berlin sorgt: „Zum einen direkt in ihrem eigenen Vertrag mit Akelius mit Hilfe der modernisierungsbedingten Mieterhöhungen. Und zum anderen indirekt, weil der Mietspiegel aufgrund der außergewöhnlich hohen Akelius-Neuverträge kontinuierlich ansteigt, woraus Akelius dann selbst wiederum den Nutzen für sich herausziehen kann, die Miete nach oben anzupassen.“ In einem Kapitel setzen sich die Autor/innen der Studie mit der Rolle der Politik auseinander, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, dem Profitstreben von Konzernen wie  Akelius Grenzen zu setzen. Wenn es in Einzelfällen gelungen ist, die Geschäftspraktiken von Akelius abzuwehren, dann war das der Verdienst der betroffenen Mieter/innen, die sich organisiert haben. Im letzten Drittel des Dossiers finden sich dafür einige Beispiele aus verschiedenen Städten. Der Fokus liegt natürlich auf Berlin. Berichte über  Mieterversammlungen und Proteste von Akelius-Mieter/innen aus Kreuzberg, Neukölln und Charlottenburg zeigen, von wo Akelius mit Gegenwind rechnen muss. Für Mieter/innen, die sich ebenfalls wehren wollen, kann die im Dossier abgedruckte Liste mit Ratschlägen nützlich sein. Abzuwarten bleibt, wie sich der Berliner Mietendeckel auf die Geschäftsstrategie des Konzerns auswirken wird. 
   
Weitere Informationen:
akelius-vernetzung.de/wp-content/uploads/2019/08/Dossier_Akelius_in_Berlin_2018_19_    Auflage_2.pdf


MieterEcho 450 / September 2019

Schlüsselbegriffe: Akelius

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