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MieterEcho 405 / September 2019

Akelius kauft weiter

Bewohner/innen eines Neuköllner Mietshauses wehren sich gegen den Verkauf an eine Akelius-Tochter

Von Jutta Blume     

Ende August versammelten sich mehrere hundert Menschen bei einem Straßenfest vor dem Eckhaus Weserstraße 164/ Wildenbruchstraße 85 und 86 in Neukölln, um gegen den Verkauf des Mietshauses an eine Tochterfirma des Immobilienkonzerns Akelius zu protestieren. Es besteht der Verdacht, dass der Verkauf auf dem Weg eines Share Deals abgewickelt worden sein könnte, um das bezirkliche Vorkaufsrecht auszuhebeln.                     

In dem Haus mit drei Aufgängen wohnen etwa 40 bis 50 Mietparteien, außerdem gibt es im Erdgeschoss mehrere Gewerbeeinheiten, die größte davon ist an das kollektiv geführte Café k-fetisch vermietet. Um die Jahrtausendwende wurde das Haus, nachdem es lange von einer Erbengemeinschaft verwaltet wurde, erstmals an einen Immobilienkonzern verkauft, zunächst an die Palu Suisse AG, dann die Dritte Cimarron GmbH. Anfang August erhielten die Mieter/innen Post, dass der Eigentümer nun die A.R.O 55 GmbH sei und Akelius mit der Hausverwaltung beauftragt worden sei, berichtet der Mieter Klaus Fischer*. „Der erste Schritt für uns war, Einsicht ins Grundbuch zu nehmen. Dort war du dem Zeitpunkt noch immer die Dritte Cimarron GmbH als Eigentümerin eingetragen.“ Einige Mieter/innen baten Akelius  schriftlich, sich als Hausverwaltung zu legitimieren, was auch erfolgte. Am 20. August wurde die A.R.O 55 GmbH ins Handelsregister eingetragen, Geschäftsführer ist dabei der Chef von Akelius in Europa, Ralf Spann. Die Anschrift ist mit der der Akelius Berlin GmbH identisch. Die Mieter/innen haben dem Handelsregister auch entnommen, dass der vormalige Eigentümer zu knapp 90% von der A.R.O. 55 übernommen wurde. Dies entspräche den von Finanzminister Olaf Scholz vorgeschlagenen Neuregelungen für Share Deals, die aber noch nicht als Gesetz verabschiedet wurden. Bei einem Share Deal wechseln statt Immobilien Unternehmensanteile den Besitzer. Auf diesem Weg entfällt für das erwerbende Unternehmen die Grunderwerbssteuer, wenn der alte Eigentümer für 5 Jahre – und nach der geplanten Reform für 10 Jahre – seine restlichen Anteile an dem Unternehmen hält.        

Bezirk liegt kein Kaufvertrag vor

Ein Share Deal hilft aber nicht nur, Steuern zu sparen, er hebelt auch das Vorkaufsrecht des Bezirks aus. „Grundsätzlich steht dem Bezirk in einem solchen Fall kein Vorkaufsrecht zu, weil es überhaupt keinen Kaufvertrag zur Prüfung gibt. Wir haben aber Grund zur Annahme, dass in diesem Fall ein Umgehungsgeschäft vorliegt, mit dem unser bezirkliches Vorkaufsrecht ausgehebelt werden soll. Hier Licht ins Dunkel zu bringen, ist unsere erste Aufgabe, aber das wird nicht einfach werden“, bestätigt Christoph Dathe, Sprecher des Neuköllner Stadtrats für Stadtentwicklung und Wohnen Jochen Biedermann, die Vermutung der Mieter/innen. Da kein Kaufvertrag vorliege, gelte allerdings auch nicht die Zweimonatsfrist, in der die Bezirksämter bei einem Verkauf prüfen müssen, ob sie ihr Vorkaufsrecht ausüben können und wollen. Ebenso ist dem Bezirksamt unbekannt, welcher Preis bei dem Geschäft aufgerufen wurde. Dass es sich um einen Share Deal handeln könnte, dafür spricht auch die bisherige Geschäftspraxis von Akelius, die Mieter/innen in einem Dossier zusammengetragen haben (vgl. S. 18). Grundstücksgeschäfte per Share Deal laufen häufig über GmbHs, deren Namen mit den Buchstaben A.R.O. beginnen und deren Anschrift immer die Geschäftsstelle von Akelius ist. Geschäftsführer der GmbHs sind Ralf Spann oder andere Akelius-Manager/innen. Die Mieter/innen des Neuköllner Eckhauses haben sich vorgenommen, sich zunächst besser zu vernetzen. „Wir sind alle total zusammengerückt. Wir wollen uns gegenseitig informieren, gemeinsame Strategien gegenüber Akelius entwickeln und auch die WG-Mieter/innen sensibilisieren, die aus dem internationalen Kontext kommen“, meint Fischer. Auch das Bezirksamt bietet kostenlose Beratung an und verweist auf den Schutz der Mieter/innen durch den Milieuschutz. „Prekär ist die Situation sicherlich für die Gewerbemieter*innen, die mietrechtlich viel schlechter geschützt sind“ so Christoph Dathe.


MieterEcho 405 / September 2019

Schlüsselbegriffe: Akelius,Neukölln