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MieterEcho 394 / April 2018

Editorial

Editorial MieterEcho April 2018

Liebe Leserinnen und Leser,


Elke Breitenbach (Die Linke), Sozialsenatorin, meinte in einem Interview gegenüber der Morgenpost, dass die ganze Stadt sich einig sei: „Wir brauchen dringend neuen, bezahlbaren Wohnraum.“ Ob ihre Kollegin Katrin Lompscher (Die Linke), Bausenatorin, diese Auffassung teilt, ist ungewiss. Von den öffentlichen Wohnungsbauunternehmen und dem Koalitionspartner SPD wurden große Zweifel geäußert und die Pläne Breitenbachs scheinen die Berechtigung dieser Zweifel zu bestätigen. Für die Unterbringung von Geflüchteten werden jetzt von der Sozialverwaltung wieder Modulare Unterkünfte (MUFs) geplant. Die gesetzliche Grundlage für das vereinfachte Planungsverfahren bietet eine eigens vom Bund geschaffene „Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte“. Sie gestattet die Bebauung von Gewerbeanlagen, den Verzicht auf ausreichende Verkehrsanbindung sowie die Versorgung mit Kitas, Schulen etc. Die Bedingung ist, dass die Wohnungen in den ersten drei Jahren zum großen Teil als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden. „Später“, so die Zukunftsvision Breitenbachs, „sollen sie zu günstigen Mieten auch anderen Wohnungssuchenden offen stehen“. Also denen, die schon jetzt Schwierigkeiten mit dem Zugang zum Wohnungsmarkt haben: Beziehende von Transferleistungen, Kleinrentner/innen, kinderreiche Familien, Alleinerziehende usw. Letztlich all die Unsichtbaren, die Opfer eines überhitzten Wohnungsmarkts und der ungenügenden wohnungspolitischen Bemühungen des Senats geworden sind. Wohnungspolitik, so ist zu befürchten, wird zukünftig nicht mehr von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sondern von der Senatsverwaltung für Soziales gemacht.    
Eine Entwicklung, die den Beifall der FDP findet. Für Sibylle Meister (MdA, FDP) wäre es ein Schildbürgerstreich ohnegleichen, „wenn diese Unterkünfte anschließend nicht als Wohnungen genutzt werden können“. Kein Wunder, denn Schlichtwohnungen, „die auf der Grenze zwischen Not- und Behelfswohnungen und normal ausgestatteten Wohnungen lagen“ (Wikipedia), mit ihren stigmatisierenden Wirkungen, war die wohnungspolitische Lösung der FDP bereits nach 1945.     
Die Redaktion des MieterEchos hatte im April 2016 hatte eine Veranstaltung unter dem Titel „Wozu Modul? – Wohnungsnot, Mieter/innen und Geflüchtete in Berlin“ durchgeführt. In der Einladung heißt es: „Im Zusammenhang mit dem Zuzug von Flüchtlingen ist die Errichtung von Modularen Unterkünften für Flüchtlinge in Leichtbauweise geplant. Geht es darum, die Not der Flüchtlinge zu beheben? Oder geht es darum, eine Rückkehr zum Schlichtbau für ärmere Bevölkerungsgruppen einzuläuten? Es scheint die Not der Flüchtlinge ausgenutzt zu werden, um eine dauerhafte Absenkung der Wohnqualität für einkommensschwache Haushalte zu etablieren. Dagegen muss eine menschenwürdige Wohnraumversorgung erstritten werden.“ Die Befürchtung findet jetzt ihre Bestätigung und die Forderung nach kommunalem Wohnungsbau ist aktueller denn je.



Ihr MieterEcho


MieterEcho 394 / April 2018

Schlüsselbegriffe: öffentliche Wohnungsbauunternehmen, Modulare Unterkünfte, MUFs, Flüchtlingsunterkünfte, Wohnungsmarkt, Wohnungspolitik, Behelfswohnungen, Wohnraumversorgung, kommunaler Wohnungsbau