Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 386 / Februar 2017

Nicht genehmigte Modernisierung im Milieuschutzgebiet

In der Taborstraße 4 im Kreuzberger Wrangelkiez droht Verdrängung

Von Ralf Hutter                                        

 

Der Kreuzberger  Wrangelkiez ist seit Jahren ein ganz großer Schauplatz der Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt. Ein neues Kapitel spielt sich in der Tabor-straße 4 ab. Allem Anschein nach hat die neue Eigentümerfirma sogar unerlaubt Wohnungen modernisiert. Die Firma gehört vermutlich zum Geflecht um den Spekulanten und ehemaligen Karstadt-Investor Nicolas Berggruen, hat aber auch eine enge Verbindung zum Eigentümer der Cuvry-Brache.                                  

 

Seit dem 1. Oktober 2016 gehört der Gründerzeitaltbau der Czarny & Schiff Taborstraße 4 GbR. Bereits am 1. November beschwerten sich die rund 20 Mietparteien in einem Brief an den damaligen Bezirksstadtrat Hans Panhoff (B90/Grüne) und an das für Milieuschutz zuständige Stadtentwicklungsamt über das „aggressive Verhalten“ des neuen Vermieters. Dieser hatte mehreren Parteien Kündigungsschreiben wegen vermeintlich unerlaubter Untervermietung geschickt – der Voreigentümer hatte sich laut der Hausgemeinschaft stets mit mündlichen Vereinbarungen zufrieden gegeben – und bei anderen höhere Mietzahlungen angemahnt. Manche „wurden an der Tür bedroht, sie würden rausgeklagt, wenn sie nicht neue Verträge zu neuen Konditionen unterschrieben“. Illegal könnten die Baumaßnahmen in den beiden Maisonette-Wohnungen im Seitenflügel sein. Diese wurden „vollständig entkernt“, wie die Hausgemeinschaft in einem weiteren Brief Anfang Dezember ans Bezirksamt schrieb. Dieses hatte bereits Mitte November festgehalten, dass nie Modernisierungen beantragt wurden. Dass nur Instandhaltung stattfinde, wie die Eigentümer dann behaupteten, bestreitet die Hausgemeinschaft. Sie hat dem Bezirksamt viele Fotos geschickt. Demnach sind „alle Fußböden, Tapeten, Fliesen, Küche, Bad und auch die intakten Heizkörper“ den Baumaßnahmen „zum Opfer gefallen“, zudem wurden „neue Dielen und Dämmstoffe die Treppe hochgetragen“. Die Mieterin Meike Jahnke* hat jemanden angesprochen, der gerade von der Besichtigung der umgebauten Dachgeschosswohnungen kam, und erfahren, dass die Miete 840 Euro betragen soll. Früher seien es unter 500 Euro gewesen, ist sich Jahnke sicher. Ihr und einer Nachbarin zufolge sind die Wohnungen keine 60 qm groß. Wenn nicht modernisiert wurde, dürfte die Miete laut Gesetz nicht so hoch sein. Wurden sie modernisiert, geschah das ohne Erlaubnis.                                 

„Unangenehme“ Art            

In einem der Anschreiben der Mieter/innen an die Bezirksverwaltung ist von „bis zu 10 Tage rückdatierten Briefen“, die zum Teil ohne Poststempel im Briefkasten waren, zu lesen. Eine Kündigung sei mit einer Auszugsfrist von sieben Tagen ausgesprochen worden. Darüber hinaus sollen Miteigentümer Samuel Czarny und ein Bauleiter oft an Türen geklingelt haben, um sofort Abmachungen zu treffen, zum Teil auf eine „unangenehme“ Art, wie eine betroffene Mieterin berichtet. Czarny ist mindestens seit 1994 im Immobiliengeschäft tätig und seit 2005 bei der Berliner Immobilienfirma des Milliardärs Nicolas Berggruen, dem einstigen vermeintlichen Karstadt-Retter, der aus dem insolventen Handelshaus noch Geld rausholte. „Mit weit mehr als 100 Immobilien ist das Unternehmen, das seit 2005 am Markt aktiv ist, einer der größten Hausbesitzer der Stadt“, schrieb die Berliner Zeitung im August 2012. Allein in Kreuzberg besitzt die Nicolas Berggruen Holdings GmbH 19 Häuser. Im Juni 2013 schrieb die Wirtschaftswoche, dass laut „Immobilienkreisen“ damals alle Häuser zusammen 450 Millionen Euro wert wären, dabei hätte die Firma nur rund 300 Millionen investiert. Der zweite namensgebende Gesellschafter der Czarny & Schiff GbR ist Ariel Schiff. Er arbeitete Anfang der 90er Jahre im Immobilienbereich mit Artur Süsskind zusammen, mit dem er 2009 die Hotelkette Amano gründete. Sie führt in Berlin fünf Hotels, ein sechstes ist angeblich im Bau und ein siebtes in Planung. Das Hotel in Planung könnte das sein, das nun nach jahrelangem Konflikt auf der Cuvry-Brache entstehen soll, denn die gehört ebenfalls Süsskind. Die Cuvry-Brache liegt keine 200 Meter von der Taborstraße 4 entfernt.           

 

 * Name geändert


MieterEcho 386 / Februar 2017

Schlüsselbegriffe: Modernisierung, Milieuschutzgebiet, Taborstraße 4, Wrangelkiez, Nicolas Berggruen, Milieuschutz, illegale Baumaßnahmen, Cuvry-Brache

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