Editorial MieterEcho
Editorial MieterEcho Juli 2017
Liebe Leserinnen und Leser,
im April dieses Jahres erklärte die Immobilien Zeitung den geförderten Wohnungsbau für gescheitert. Zwar sei der Bedarf an bezahlbaren Mietwohnungen in den Städten enorm, denn nach einer Studie des Immobiliendienstleisters Dr. Lübke & Kelber können sich nur 10% der Mieterhaushalte ungeförderte Neubaumieten von 13 Euro/m² leisten, wobei in der Untersuchung bereits von einer stolzen Mietbelastungsquote von 35% ausgegangen wird. Für die Investoren aber ist die Förderung deshalb unattraktiv, weil sie ihnen zum einen eine zu geringe Rendite bietet. Zum anderen fühlen sich die Investoren in ihrem profitorientierten Handeln durch die einzugehende Mietpreisbindung allzu sehr eingeschränkt und sie fürchten deutliche Nachteile durch eine „sozialschwache“ Mieterschaft.
Bezahlbare Wohnungen werden in vielen Städten immer mehr zur Mangelware. Das in dieser Hinsicht eher kleinlich schätzende Bundesbauministerium hält 80.000 subventionierte neue Wohnungen pro Jahr für notwendig, gebaut wurden aber bis 2015 nur etwa 10.000 jährlich. Zudem verringert sich der Bestand dadurch, dass mindestens 50.000 Sozialwohnungen pro Jahr aus der Bindung fallen.
Was tun? Die Städte behelfen sich damit, dass sie den Projektentwicklern die Förderungen quasi aufdrängen. Sie machen in städtebaulichen Verträgen die Baugenehmigungen oder die Vergaben von Grundstücken davon abhängig, dass für einen gewissen Anteil der geplanten Wohnungen Förderungen in Anspruch genommen werden. Eine solche „erpresste Sozialquote“, wie sie die Immobilien Zeitung nennt, reicht von 20 bis 45% der zu errichtenden Wohnungen. In Berlin schreibt das Modell der kooperativen Baulandentwicklung in der Regel dann einen 30%igen Anteil von Sozialwohnungen vor, wenn neue Baugebiete die Aufstellung oder die Änderung eines Bebauungsplans erforderlich machen. Die Förderung selbst umfasst entweder ein zinsloses Baudarlehen bis zu 64.000 Euro je Wohnung, das mit einer Tilgung von 1% nur zu 75% zurückgezahlt werden muss, oder – als zweite Fördervariante – einen Kredit von maximal 50.000 Euro je Wohnung mit einer Tilgungsrate von 1,5% und einkommensorientierte Wohnkostenzuschüsse von bis zu 2 Euro/m². Beide Varianten haben eine Laufzeit von 20 Jahren, danach sind die Investoren von jeglicher Verpflichtung befreit.
Sozial ist an diesem System des „sozialen Wohnungsbaus“ nur die Sorge um die privaten Investoren. Wenn es aber für diese angesichts der Verwertungschancen, die die angespannten Wohnungsmärkte bieten, dennoch nicht attraktiv genug ist, sollten sich die Kommunen endlich auf die einzige nachhaltig soziale Möglichkeit besinnen, die ihnen zur Verfügung steht: einen kommunalen Wohnungsbau.
Ihr MieterEcho
MieterEcho 389 / Juli 2017
Schlüsselbegriffe: Neubaumieten, Investoren, geförderter Wohnungsbau, Rendite, Mietpreisbindung, Wohnkostenzuschüsse, Wohnungsmarkt, Immobilien Zeitung, Sozialwohnungen, Baulandentwicklung