Logo Berliner Mietergemeinschaft e.V.
MieterEcho 381 / Juni 2016

Umwandlung – Stück für Stück

Immer mehr günstige Mietwohnungen werden einzeln teuer verkauft

Von Gudrun Giese                                    

 

Von einem „Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen“ war im vergangenen Jahr in Berliner Medien die Rede. Hörte sich gut an, war aber nicht einmal die halbe Wahrheit. Denn das Verbot erstreckt sich nur auf Mietwohnungen in Milieuschutzgebieten – und das erst seit Inkrafttreten der Regelung im März 2015. Dort, wo bereits zuvor eine Umwandlung beantragt wurde, läuft das Verfahren weiter.    


Ein Beispiel für eine nach dem Verbot weiterlaufende Umwandlung in einem Milieuschutzgebiet befindet sich in der Ratiborstraße in Kreuzberg SO 36, einer ruhigen Straße mit gewachsener Struktur. Bis vor wenigen Jahren gehörte das Mietshaus einer Familie, die ihre Immobilie weder luxuriös sanierte noch die Bewohner/innen mit überzogenen Mietererhöhungen plagte. Doch vor ein paar Jahren verkaufte die Familie ihren Altbau mit Vorder-, Hinterhaus und einem Seitenflügel an eine skandinavische Firma, die ihr Investment schnellstmöglich ohne großen Aufwand rentabel verwerten wollte. Es folgte die Umwandlung in Eigentumswohnungen. „Für über 250.000 Euro wurde mir meine Wohnung angeboten“, berichtet ein Mieter, der seit mehr als 15 Jahren im Haus wohnt. Ein stolzer Preis für eine Altbauwohnung ohne großen Komfort. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Mieter nicht auf die Offerte einging – so wie die meisten seiner Nachbar/innen. „Durch die üblichen Wegzüge sind inzwischen einige Wohnungen frei geworden und dann relativ schnell an neue Eigentümer gegangen – teilweise auch an Selbstnutzer“, so der Mieter. Immerhin wurde bisher noch keine der vermieteten Wohnungen veräußert.      

 

Profitable Salamitaktik            

Dieser Ablauf ist gang und gäbe. Auch wenn sich der Verkaufsprozess so über einen längeren Zeitraum hinzieht, lohnt sich das Geschäft am Ende allemal. In der Immobilien Zeitung vom 21. Januar wurde das Verfahren unter der Überschrift „Salamitaktik“ beschrieben. Da zudem die Nachfrage nach Eigentumswohnungen das Angebot deutlich übersteige, würden die Preise kontinuierlich in die Höhe getrieben. Die „Konkurrenz um das knappe Gut wird immer härter“, heißt es im Artikel. „Denn nicht nur Mieter und Eigennutzer wollen kaufen. Zunehmend klopfen auch professionelle Anleger bei den Privatisierern an.“ Der recht hohe Anteil dieser Gruppe unter allen Käufern erkläre auch, warum „trotz reger Wohnungsprivatisierung die Eigentumsquote in Deutschland nicht explodiert“. Derzeit würden mehr als 45% der Wohnungen von ihren Eigentümern selbst genutzt, während diese Quote in Spanien bei 85% und in Italien bei 77% liege. Allerdings prognostiziert Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft im Beitrag der Immobilien Zeitung einen Anstieg der Wohneigentumsquote hierzulande auf mehr als 50% im Jahr 2020.            

In Berlin jedenfalls werden laut Grundstücksmarktbericht 2014/15 immer mehr Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt; für 2014 wurde ein Zuwachs um 23% registriert. Friedrichshain lag dabei mit 1.633 neu umgewandelten Wohneinheiten an der Spitze. Daneben habe es einen sprunghaften Anstieg von Umwandlungen in Neukölln, Treptow und Köpenick gegeben. Inwieweit das seit einem Jahr geltende Umwandlungsverbot in bisher 21 Milieuschutzgebieten Berlins diesen Trend stoppen kann, ist schwer abzuschätzen. Zum einen wegen der vielen bereits vor dem Stichtag abgeschlossenen Umwandlungen, zum anderen wegen der fortdauernden Umwandlungen in Stadtteilen, die nicht unter Milieuschutz fallen und auch keine Chance haben, diesen Status zu erhalten. Wenn es bei den Milieuschutzgebieten darum geht, die ansässigen Bewohner/innen vor der Immobilienspekulation und der Mietpreisspirale zu schützen, kommt die Regelung des Senats außerdem um Jahre zu spät. Auf mittlere Sicht werden sich nur wenige alteingesessene Mieter/innen in „ihren“ Wohnungen in den begehrten Stadtteilen halten können – ob Moabit, Wedding, Neukölln oder Tempelhof. Denn die Mieten steigen so oder so, zumindest bis diese Entwicklung durch den Bau günstiger Neubauwohnungen in ausreichender Zahl gestoppt wird.     

 

 


MieterEcho 381 / Juni 2016

Schlüsselbegriffe: Umwandlung, günstige Mietwohnungen, Umwandlungsverbot, Ratiborstraße, Milieuschutzgebiete, Wohneigentumsquote, Grundstücksmarktbericht,Immobilienspekulation, Neubauwohnungen