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MieterEcho 373 / März 2015

Im Rücken des Finanzamts

Bezirk und Initiativen kritisieren profitorientierte Verwertung des Dragonerareals

Von Jürgen Enkemann                                                

Der Umgang mit dem ehemaligen Kasernengelände hinter dem Kreuzberger Finanzamt am Mehringdamm bleibt weiterhin umstritten. Das 47.132 qm große Dragonerareal ist eines der letzten großen und damit besonders begehrten Areale in Kreuzberg.


Das Dragonerareal hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erneut zum Verkauf angeboten, nachdem die Hamburger Investorgesellschaft ABR German Real Estate AG nach langen Verhandlungen mit der Bezirksverwaltung von ihrem Kauf zum Höchstbieterpreis von 21 Millionen Euro zurückgetreten war. Als damit im Sommer 2014 alles wieder offen zu sein schien, stieß die Frage der künftigen Entwicklung des Geländes auf großes öffentliches Interesse (MieterEcho Nr. 368/ Juli 2014). Die Tagespresse berichtete mehrmals darüber und verschiedene Initiativen wie das „Bündnis Stadt von Unten“, „Wir bleiben alle“ und „Upstall e.V.“ organisierten gemeinsam Veranstaltungen am Rande des Geländes. Sie errichteten symbolische Phantasiegebäude aus Pappkartons, entwickelten Pläne für eine Mischung aus Wohngebäuden mit bezahlbaren Mieten, kiezbezogenem Gewerbe sowie kulturellen Einrichtungen und äußerten ihren Protest gegen das Verfahren. Auch die Bezirksverwaltung von Friedrichshain-Kreuzberg schaltete sich mit ihren Verordneten und zuständigen Abteilungen in die Debatte ein. Ende November 2014 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV), der Bezirk solle einen Bebauungsplan für den „Rathaus-Block“ zwischen Yorckstraße und Obentrautstraße inklusive Dragonerareal erstellen – mit einem großen Anteil von sozialem Wohnungsbau und einer Mischung von Gewerbe und kultureller Nutzung (siehe nächster Beitrag).      

 

Teurer Verkauf, hoher Kaufpreis, exklusive Verwertung            

Aber unbeirrt von all den Aktivitäten und Einsprüchen bot die Bima, die dem Bundesfinanzministerium untersteht, das Dragonerareal zum Höchstgebot an. Den Zuschlag erhielt der Berliner Investor Arne Piepgras für sein Höchstgebot von 36 Millionen Euro. Entsprechend der Pläne von Piepgras sollte ein Komplex für Gewerbe, Kunst, Kultur und Wohnen entwickelt werden inklusive einer großen Tiefgarage. Der Kunstfaktor hatte auch in früheren spekulativen Praktiken von Piepgras zu seiner Strategie gehört, sich als interessanter Käufer darzustellen und öffentliche Fördermöglichkeiten einkalkulieren zu können. In diesem Fall war ein Sammlungs- und Ausstellungsort für Werke von George Grosz angedacht, ein reiner „Lockvogel“ nach Ansicht des Vereins Upstall e.V., der die Vermarktung des Areals seit mehreren Jahren kritisch begleitet und Gegenvorstellungen für ein soziales Projekt präsentiert hat. Die scharfen antikapitalistischen Satiren von Grosz ließen sich mit den Traditionen einer Protestkultur in Kreuzberg sicherlich gut in Einklang bringen und konnten eventuell den Verdacht einer höchst profitorientierten kapitalistischen Spekulation entkräften. Piepgras trat bei dem ganzen Verfahren, so zeigte sich inzwischen, nur als Zwischenkäufer auf. Nachdem er das Projekt im Februar dieses Jahres an die EPG Global Property Investment weitervermittelt hat, ist diese Gesellschaft mit Sitz in Prag die neue Eigentümerin und hat das Geld auch bereits, so ist durchgedrungen, auf das Konto der Bima überwiesen. Der Verkauf ist noch nicht voll wirksam, da die zuständigen Ausschüsse des Bundestags und des Bundesrats ihre Einwilligung erklären müssen, was aber als reine Formalie eingeschätzt wird. Kritische Stimmen sind sich einig in der Erwartung, dass die hohe Kaufsumme die Schaffung von überteuerten Angeboten für Wohnen und Gewerbe zur Folge haben wird. Die Fortsetzung des öffentlichen Protests gegen das gesamte Höchstbieterverfahren ist von verschiedenen Initiativen vorgesehen. Aus dem bezirklichen Bebauungsplan können sich vielleicht noch gewisse Hürden ergeben.      


MieterEcho 373 / März 2015

Schlüsselbegriffe: Dragonerareal, Kasernengelände, Kreuzberg, ABR German Real Estate AG, HHöchstbieterverfahren, Bündnis Stadt von Unten, Arne Piepgras, EPG Global Property Investment, Bima