Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 377 / Oktober 2015

Flüchtlinge unterstützen

Was bei der Aufnahme von Geflüchteten in privaten Wohnungen zu beachten ist

Von Christian Schröder    

                                                

In Berlin herrschen unzumutbare Bedingungen vor der Erstanlaufstelle im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) und in vielen Massenunterkünften. Viele Menschen spielen daher mit dem Gedanken, geflüchtete Menschen in ihrer eigenen Wohnung, einer Eigentumswohnung oder in ihrer Wohngemeinschaft aufzunehmen. Was ist dabei zu beachten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

                                

Darf jeder Geflüchtete in einer privaten Wohnung leben?    

Nein. Geflüchtete werden zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung behördlich untergebracht. Nach dem Asylverfahrensgesetz sind sie verpflichtet, bis zu sechs Wochen, längstens bis zu drei Monate, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Ob und wann Sie danach eine private Wohnung beziehen dürfen oder in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen müssen, hängt von ihrem rechtlichen Status ab und ist von Land zu Land sowie von Kommune zu Kommune unterschiedlich: Je nach Rechtslage und Praxis wird der Umzug in eine Wohnung gefördert, erlaubt oder verhindert. In Berlin dürfen Asylsuchende seit 2003 nach Ablauf der maximal dreimonatigen Frist in einer eigenen Wohnung wohnen. Durch das „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“ , welches zum 1. November 2015 in Kraft treten soll, drohen hier Verschlechterungen. Keinerlei Wohnbeschränkungen unterliegen anerkannte oder mit „subsidiärem Schutzstatus“ aufgenommene Flüchtlinge.          

                            

An wen kann ich mich wenden, wenn ich eine Wohnung zur Verfügung stellen will?            

Die Initiative „Flüchtlinge Willkommen“ vermittelt Zimmer – vorwiegend in WGs – an Geflüchtete. Nach Anmeldung und Beantwortung einiger Fragen zur Wohnsituation, zur Anzahl der Mitbewohner/innen, zum Wohnort, zu vorhandenen Sprachkenntnissen etc. hilft sie dabei, Kontakt mit einem geflüchteten Menschen herzustellen, der zu der Wohnsituation passt. In Berlin hilft die Beratungsstelle „Wohnungen für Flüchtlinge – Beratung und Vermittlung“ des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerks (EJF). Als Dienstleisterin des LAGeSo vermittelt das EJF ausschließlich Menschen, die sich im Asylverfahren befinden und ihr Geld vom LAGeSo beziehen. Für Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis hingegen sind in der Regel die Jobcenter und für Personen mit anderen Aufenthaltstiteln meist die bezirklichen Sozialämter zuständig. Für die Jobcenter und Sozialämter gibt es in Berlin keine dem EJF vergleichbare Wohnungsberatungsstelle.       

                                             

Werden die Mietkosten übernommen?            

LAGeSo, Jobcenter oder Sozialamt übernehmen die Miete nur, wenn sie den sozialhilferechtlichen Angemessenheitsgrenzen der „Ausführungsvorschrift Wohnen“ entsprechen. Die Bruttokaltmiete und Heizkosten werden unabhängig voneinander geprüft und ihre Grenzwerte sind an die Personenzahl gebunden. Für Mietangebote, die nicht den Angemessenheitsgrenzen entsprechen, werden keine Kostenübernahmen ausgestellt. Das LAGeSo muss die Kostenübernahmen genehmigen. Der dafür zuständige Bereich „Wohnungsanmietung und Mietübernahme für Asylsuchende“ ist personell unterbesetzt und entsprechend langsam bei der Prüfung. Bei Jobcentern und Sozialämtern ist es ähnlich.                
Die Initiative „Flüchtlinge Willkommen“ hat gute Erfahrungen mit Mikrospenden gemacht. Dabei sagen mehrere Leute monatliche kleine und Kleinstspenden für einen gewissen Zeitraum zu und richten einen Dauerauftrag ein. Dies ist für den Fall interessant, wenn kein Sozialleistungsbezug besteht und man die Kosten teilen möchte.             

                                   

Haben Geflüchtete Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS)?                    

Asylsuchende und Geduldete haben in Berlin derzeit keinen rechtlichen Anspruch auf einen WBS – im Gegensatz zu anderen Städten wie Bremen, Köln und Potsdam. Wohnungen, für die ein WBS erforderlich ist, können in Berlin nur nach einer Freistellung an geflüchtete Menschen vermietet werden. Die Freistellung kann von den Vermieter/innen beim bezirklichen Amt für Bürgerdienste (Wohnen) beantragt werden.                                        

Welche Anforderungen werden an das Mietverhältnis gestellt?                        

Vorgabe des LAGeSo ist, dass bei befristeten Verträgen die Mindestmietdauer für eine nicht- oder teilmöblierte Wohnung mindestens zwei Jahre betragen muss. Ein Mietvertrag für eine vollmöblierte Wohnung muss eine Mindestdauer von sechs Monaten haben. Jobcenter und Sozialämter handhaben dies unterschiedlich.


MieterEcho 377 / Oktober 2015

Schlüsselbegriffe: Aufnahme, private Wohnung, Geflüchtete, Erstanlaufstelle, Landesamt für Gesundheit und Soziales, LAGeSo, Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, subsidiärer Schutzstatus,Initiative „Flüchtlinge Willkommen", Kostenübernahme, WBS

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