Editorial MieterEcho
Editorial MieterEcho Oktober 2015
Liebe Leserinnen und Leser,
je enger der Wohnungsmarkt, desto exotischer die Investoren. Die Firma Gekko Real Estate GmbH tummelt sich seit einigen Jahren auf dem engen Berliner Wohnungsmarkt. Ihr Tun beschreibt sie so: „Der Leistungsumfang umfasst die gesamte Wertschöpfungskette vom Grundstückserwerb über die Planung, Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie die Vermarktung der Immobilie.“ Das ist schön formuliert. Man könnte auch sagen, sie setzt eine Verwertungskette in Gang, indem sie Häuser mit halbwegs bezahlbaren Mieten kauft, zur Hofseite Balkons anflanscht, ans Treppenhaus einen jeweils auf den Zwischenetagen haltenden Fahrstuhl montiert, die Fassade mit den neuesten Styropor-Produkten der Dämmstoffindustrie verklebt, und dadurch die Mieten unbezahlbar macht, sodass die leergezogenen Mietwohnungen als Eigentumswohnungen profitabel verkauft werden können. Um die Sache zügiger abzuwickeln, setzt sie Entmietungsspezialisten ein oder hilft durch rabiate Bauleiter nach.
Die Firma Gekko ist kein Einzelfall.
Seit ca. 2007 wandelt sich der Berliner Wohnungsmarkt zu einem Vermietermarkt. In den letzten vier Jahren hat das Tempo enorm zugenommen. Jeweils 40.000 Menschen zogen jährlich zusätzlich in die Stadt und die Neubauleistungen hielten sich bis 2013 auf einem niedrigen Niveau von unter 4.500 Wohnungen. Auch ohne zusätzliche Nachfrage müssten in einer Stadt mit 1,9 Millionen Wohnungen jährlich deutlich über 10.000 Wohnungen gebaut werden, allein um den sich ständig durch Umwandlung von Wohnungen in Gewerberäume, Abriss, Zusammenlegung und dergleichen verringernden Bestand zu erhalten. Die erweiterte Nachfrage durch die Zuzüge erforderte den Bau von zusätzlichen 20.000 Wohnungen. Erst 2014 übertraf die Bauleistung von 7.300 Wohnungen die im Koalitionsvertrag vereinbarte viel zu geringe Zahl von 6.800 Wohnungen. Schwerfälliger geht es kaum.
Jetzt aber soll sich das ändern. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) will Tempo machen. Zu den 15.000 Wohnungen, mit denen im nächsten Jahr gerechnet wird, soll die gleiche Anzahl von Wohnungen in Leichtbauweise kommen. Absichten, die zwar zuversichtlich stimmen, aber zugleich die Befürchtung aufkommen lassen, dass sich auch dadurch die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nicht schließt, sondern nur langsamer öffnet.
Die „Gekkos“ dieser Stadt brauchen sich jedenfalls um ihre Profite keine Sorgen zu machen. Sie werden noch viele Jahre in Berlin ein lukratives Betätigungsfeld haben.
Ihr MieterEcho
MieterEcho 377 / Oktober 2015
Schlüsselbegriffe: Wohnungsmarkt, Investoren, Gekko Real Estate GmbH, Dämmstoffindustrie, Eigentumswohnungen, Neubau, Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, Koalitionsvertrag, Umwandlung