Dem Bau von Luxuslofts in alten Fabriken soll der Riegel vorgeschoben werden
Bezirksparlament in Friedrichshain-Kreuzberg beschloss Verschärfung des Milieuschutzes
Von Gaby Gottwald
Ein ausgebautes Loft in einer ehemaligen Fabrik oder einem Gewerbehof ist ein begehrtes Sahnehäubchen auf dem Immobilienmarkt. Die Ware kostet, weil sie exklusiv und knapp ist. Die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum lohnt sich für Investoren. Der Kaufpreis für ausgebaute Fabriketagen nahe der Spree oder dem Landwehrkanal in Kreuzberg treibt in Richtung 6.000 Euro/qm, der Mietpreis für solche Objekte beginnt häufig erst bei 16 Euro/qm nettokalt.
Es ist nahezu paradox, dass der Ausbau von Luxuslofts in ehemaligen Gewerberäumen gerade in Milieuschutzgebieten zum Verkaufsschlager von Immobilieninvestoren geworden ist. Der Grund: Die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum unterliegt nicht den baulichen Auflagen des Milieuschutzes. Dies bestätigte die Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten der Partei Die Linke Lothar Jösting-Schüßler in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg im Herbst letzten Jahres. Dieser Unfug soll nun im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein Ende haben. Die Linke brachte einen Antrag in die BVV ein. Sie fordert, dass auch der Umbau von Gewerbeflächen in Wohnungen den allgemeinen Auflagen des Milieuschutzes unterliegen soll. In der Begründung heißt es, dass der Milieuschutz dem Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen diene, damit „Bewohner/innen nicht durch Luxussanierungen und Luxusmodernisierungen und die damit einhergehenden Mieterhöhungen aus ihrem Wohngebiet verdrängt werden“ und nicht „nur ‚Besserverdienende‘ in der Lage sind, dort eine Wohnung zu mieten“. Dieses Anliegen werde „jedoch ad absurdum geführt, wenn der Umbau ehemaliger Gewerbeflächen, wie zum Beispiel alte Fabrikgebäude, zu Lofts und Luxuswohnungen auflagenfrei erteilt wird. (…) Die Angebote richten sich in der Regel nicht an die Wohnbevölkerung im Bezirk. Sie schrauben das Mietniveau in die Höhe und dienen nicht zum Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“. Der Umbau von Gewerbeflächen zu Wohnraum sei daher den allgemeinen baurechtlichen Auflagen der Erhaltungsordnung zu unterwerfen. Ende Juni beschloss die BVV fast einhellig den Antrag. Nur die CDU stimmte dagegen.
Preistreiber für zukünftige Mietspiegel
Der Milieuschutz, das heißt die soziale Erhaltungsverordnung nach dem Baugesetzbuch § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, ist eines der wenigen Instrumente, das die Bezirke eigenständig nutzen können, um der Mietsteigerung eine kleine Fessel anzulegen. Über baurechtliche Auflagen zur Einhaltung des ortsüblichen Standards werden Luxusmodernisierungen unterbunden. So soll die soziale Struktur der Wohnbevölkerung gewahrt und Verdrängung gemindert werden. Die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnraum von dieser Verordnung auszunehmen, ist wohl auch dem Gedanken geschuldet, dass die Schaffung von Wohnraum ein hohes Gut ist. Dies ist dann der Fall, wenn der neue Wohnraum allgemein zugänglich, sprich bezahlbar, ist. Wird dieser zusätzliche Wohnraum jedoch ausschließlich für eine finanzkräftige Elite geschaffen, kehrt sich die Argumentation ins Gegenteil, denn die Preise für die privilegierten Behausungen wirken sich auf die Allgemeinheit aus. Die hohen Mietpreise in den neu gebauten Lofts, die nur einer exklusiven Gruppe von Mieter/innen zur Verfügung stehen, werden sich in den Mietspiegeln der Zukunft abbilden und zu höheren Werten in den entsprechenden Mietspiegelfeldern führen. Der Run von Immobilienfirmen auf alte Gewerbehöfe, die durch Umwandlungen in luxuriöse Wohnungen überaus rendite-trächtig sind, hat auch zu einem Verlust von Gewerbeflächen in Wohnvierteln geführt. Dieser Entmischung möchte die SPD begegnen, was unter anderem ihre Zustimmung zum Antrag der Linken erklärt. Nun ist die Bezirksverwaltung am Zug. Die Änderung der Kriterien für den Milieuschutz muss Baustadtrat Frank Panhoff (B90/ Grüne) vollziehen. Zukünftig können dann auch weiterhin in Milieuschutzgebieten Gewerbeflächen zu Wohnraum umgebaut werden, aber nur unter den einschlägigen Auflagen. Damit entfällt der besondere Anreiz auf Extrarendite, den Investoren bisher durch den Luxusausbau alter Gewerbehöfe hatten. Es wäre zu wünschen, dass auch andere Bezirke diesem Beispiel folgen.
MieterEcho 376 / September 2015
Schlüsselbegriffe: Luxuslofts, alte Fabriken, Gewerbehof, Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg, Milieuschutzauflagen, Luxussanierungen, Luxusmodernisierungen, soziale Erhaltungsverordnung, Mietspiegel