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MieterEcho 367 / Mai 2014

Mietpreisbremse lückenhaft

Justizministerium legt Gesetzentwurf vor

Von Jutta Blume                                                    

Das Bundesjustizministerium hat einen Referentenentwurf zur im Koalitionsvertrag angekündigten Mietpreisbremse vorgelegt – mit vollem Namen „Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung“. Wie der Titel schon sagt, gilt die Mietpreisbremse nur für „angespannte Wohnungsmärkte“. Die Landesregierungen bestimmen per Rechtsverordnung für höchstens fünf Jahre, welche Gebiete das sein werden.                                     


In diesen noch zu definierenden Gebieten darf die Miete nach einem Mieterwechsel künftig nicht um mehr als 10% über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen. Wird für eine Wohnung ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, deren Miete bereits zuvor mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, darf sie weiterhin zu diesem überhöhten Preis vermietet werden, nur eben nicht weiter steigen. Mieten von über 20 bis 35% oberhalb des Mietspiegels, also überhöhte Mieten, werden durch die Mietrechtsänderung damit sogar legitimiert. Außerdem soll § 5 Wirtschaftsstrafgesetz, mit dem eine überhöhte Miete als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, im Zuge der Gesetzesänderung gestrichen werden. In der Realität ist dieser Paragraf kaum noch zur Anwendung gekommen, da Mieter/innen das geringe Angebot und eigene Bemühungen zur Wohnungssuche vor Gericht nachweisen müssen. Auch nach dem neuen Gesetz müssen betroffene Mieter/innen aktiv werden, indem sie im Fall einer überhöhten Miete eine schriftliche Rüge erteilen. Vermieter/innen sind hingegen zur Auskunft verpflichtet, was die Berechnung und Zulässigkeit der Miethöhe angeht. Ganz ausgenommen von der Mietpreisbremse sind Neuvermietungen von Neubauten sowie Neuvermietungen nach umfassenden Modernisierungen.                  

 

Immobilienlobby droht mit vorzeitigen Mieterhöhungen                    

Kritik am Gesetzesentwurf hagelt es von allen Seiten, in erster Linie natürlich aus der Immobilienwirtschaft. Die Lobbyverbände sehen im Gesetz ein Investitionshemmnis, das die Bereitschaft neu zu bauen einschränken würde. Da sich die Mietbeschränkung nicht auf neu fertig gestellte Wohnungen bezieht und zudem ein großer Teil der Neubauten als Wohneigentum verkauft wird, werden die Immobilienverbände mit diesem Argument kaum überzeugen können, auch wenn der Präsident des Immobilienverband Deutschland (IVD) Jens-Ulrich Kießling sich dabei noch zum Anwalt der Mieter/innen aufschwingt: „Die Mietpreisbremse richtet sich langfristig gegen die Mieter, obwohl diese davon profitieren sollen.“ Ebenfalls vonseiten der Immobilienlobby kommt die Prognose, dass das Gesetzesvorhaben zu Vorzieheffekten führen könnte. „Vermieter könnten die Gelegenheit nutzen wollen, die Miete noch mal kräftig zu erhöhen, ehe sie künftig mit geringeren Mietsteigerungen zufrieden sein müssen“, erklärt Manfred Binsfeld, von der Ratingagentur Feri Eurorating im Interview mit dem Handelsblatt vom 24. März 2014. Einige Kritiker sehen in der Mietpreisbremse auch gleich einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Im Interview mit dem Manager Magazin bezeichnet der Jurist Thies Boelsen den Gesetzentwurf als verfassungswidrig, da er den Gleichheitsgrundsatz verletzen würde, wenn die Miete nur in bestimmten Regionen begrenzt würde.                                                            

Unklare Rechtsbegriffe                 

Da keine juristische Definition eines „angespannten Wohnungsmarkts“ existiert, würde eine flächendeckende Anwendung einige Unklarheiten beseitigen, denn der Knackpunkt der Mietpreisbremse ist die Festlegung der Gebiete. Die Ausweisung wird unter anderem vom politischen Willen der jeweiligen Landesregierung abhängig sein. Man denke nur an Berlins frühere Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), die noch von einem entspannten Wohnungsmarkt sprach, als die Mieten in der Innenstadt bereits eklatant stiegen. Die Immobilienlobby fürchtet natürlich das Gegenteil, nämlich „Wildwuchs an mietpreisgebremsten Wohnungsmärkten“, wie es Marc Weinstock, Wirtschaftsrat der CDU und Geschäftsführer der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft, formulierte. Der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschuss, Andreas Mattner, sagte: „Länder und Kommunen dürfen keinen Freifahrtschein für die Mietpreisbremse erhalten.“ (Immobilien Zeitung vom 20. März 2014). In den Erläuterungen zum Gesetzentwurf heißt es allerdings, dass vor der Ausweisung eines Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt statistische Daten erhoben werden sollten oder zeitnah erhobene Daten bereits vorliegen sollten. Und weiter: „Schließlich sollte die Erarbeitung eines Maßnahmenplans zur Beseitigung des Wohnungsmangels in den betroffenen Gebieten geprüft und in die Abwägung, ob eine entsprechende Verordnung erlassen wird, einbezogen werden.“ Das heißt, eine Mangelsituation führt nicht zwangsläufig zur Mietenbeschränkung, sondern die Regierenden können auch die Meinung vertreten, dass bereits genug getan wurde und die Wirkung der Maßnahmen noch abgewartet werden müsse. Das klingt mehr nach einem Freifahrtschein, die Mietpreisbremse nicht anwenden zu müssen. So fürchtet beispielsweise der Mieterbund, dass nicht alle Bundesländer die Mietpreisbremse anwenden werden.        

Der „angespannte Wohnungsmarkt“ ist allerdings nicht der einzige unklare Begriff im Gesetzentwurf. Der Immobilienberater Rainer Zitelmann fragt in seinem Newsletter vom 24. März 2014: „Was ist eine ‚umfassend’ modernisierte Wohnung und wann ist die Wohnung zwar modernisiert, aber eben nicht ‚umfassend’ modernisiert?“ Denn von dieser Bewertung ist abhängig, ob die Mietpreisbremse nach Modernisierung gilt oder nicht. Auch der Begriff der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ sei nicht definiert. Diese wird in der Regel über den Mietspiegel bestimmt, der aber bislang nicht in allen Städten und Gemeinden aufgestellt wird. Vermieter werden die Gelegenheit vermutlich nutzen, um die bestehenden Mietspiegel anzufechten. Laut Hans Joachim Beck vom IVD kritisieren Vermieter immer wieder, dass die Datenbasis der Mietspiegel nicht ausreichend sei. Die Mietpreisbremse könnte somit die Diskussion über die Erhebung von Mietspiegeln wieder neu anfachen. Mieter/innen und ihre Organisationen wie die Berliner MieterGemeinschaft bemängeln an den Mietspiegeln nach wie vor, dass sie nur Mieterhöhungen und neu vereinbarte Mieten der letzten vier Jahre beinhalten, langjährig gleichbleibende und damit zumeist günstige Mieten jedoch gar nicht berücksichtigt werden.        

                                

Entfallende Maklergebühren                 

Neben der Mietdeckelung enthält der Gesetzentwurf eine Regelung der Maklerprovisionen zugunsten der Mieter/innen. Das neue Prinzip ist: Wer bestellt, soll auch bezahlen. Beauftragt der Vermieter für die Vermittlung einer Wohnung einen Makler, muss er diesen künftig selbst bezahlen. Wohnungssuchende müssen nur dann die Maklerprovision aufbringen, wenn sie diesem zuvor einen schriftlichen Suchauftrag erteilt haben. Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz rechnet damit, dass Mieter/innen bei den Maklergebühren um 571,38 Millionen Euro im Jahr entlastet werden, mehr als durch die Mietpreisdämpfung, die 282,8 Millionen Euro Entlastung bringen soll. Die Maklerlobby fürchtet folglich um ihre Existenz. Christian Osthus, Bereichsleiter Recht beim IVD warnte im Handelsblatt vom 26. März 2014 vor Insolvenzen und Umsatzeinbrüchen von 50% bei den Maklerunternehmen. Gleichzeitig prognostiziert der IVD, dass die Maklerkosten künftig auf die Miete umgelegt würden.    

Es gilt als wahrscheinlich, dass die Mietrechtsänderungen 2015 in Kraft treten. Der Entwurf muss das Kabinett passieren, wird in den Ausschüssen beraten und auch die Verbände werden angehört. Bis das Gesetz vom Bundestag verabschiedet wird, können die Immobilien- und die Maklerlobby sowie die CDU/CSU-Fraktion noch einige Änderungen bewirken. Die CDU/CSU-Fraktion fordert eine Beschränkung der Gültigkeit des Gesetzes auf die nächsten fünf Jahre. Sollten die Union und die Verbände diese Forderung durchsetzen, gäbe es in fünf Jahren fast keine Möglichkeit der Mietpreisdeckelung, da § 5 Wirtschaftsstrafgesetz ebenfalls abgeschafft wurde.    


MieterEcho 367 / Mai 2014

Schlüsselbegriffe: Ferienwohnungen, Zweckentfremdungsverbotsgesetz, Bestandsschutz, Leerstand, Wohnungsmangel, Wohnraumförderung, Fluktuationsreserve, Wohnungsmarkt, Leerstand