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MieterEcho 365 / Februar 2014

Kein „großer Wurf“ zu erwarten

Der Entwurf der neuen Wohnungsbauförderungsbestimmungen bietet kein nachhaltiges Konzept zur dauerhaften Schaffung von bezahlbarem Wohnraum

Von Rainer Balcerowiak      

 

In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz gibt es derzeit einige wohnungspolitische Baustellen, deren Bearbeitung gewisse Parallelen zu den Arbeiten auf dem geplanten Großflughafen in Schönefeld aufweist: Es geht nicht voran. Um die vor Monaten angekündigte Umwandlungsverordnung, die in Gebieten mit sozialen Erhaltungssatzungen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt stellen würde, ist es sehr ruhig geworden. Und die Umsetzung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes droht in vielen Bezirken an mangelnden finanziellen und personellen Ressourcen zu scheitern.                                                         

 

Auch die neuen „Verwaltungsvorschriften für die soziale Wohnraumförderung des Miet- und Genossenschaftswohnungsbaus in Berlin“ sind noch nicht über das Stadium eines am 28. Oktober 2013 vorgelegten ersten Entwurfs hinausgekommen. Die Endfassung und deren Verabschiedung solle „zeitnah erfolgen“, teilte eine Sprecherin der Senatsverwaltung auf Anfrage des MieterEchos mit, was immer das auch heißen mag. Immerhin lässt sich feststellen, dass der SPD-CDU-Senat dringenden wohnungspolitischen Handlungsbedarf offiziell eingesteht. Die zuvor regierende rot-rote Koalition hatte die Probleme auf dem Wohnungsmarkt schlicht geleugnet und sogar aktiv zur Verknappung bezahlbaren Wohnraums beigetragen, sei es durch den Verkauf städtischer Wohnungsbaugesellschaften, die Kappung der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau ohne entsprechende soziale Abfederung für die Mieter/innen oder die Einstellung des geförderten Neubaus.                                       

 

 

Belegungs- und Mietpreisbindung            

Das zentrale Ziel wird im Entwurf der Verwaltungsvorschriften wie folgt definiert: „Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung fördert Berlin den Bau von Miet- und Genossenschaftswohnungen, um die sozialen Nachbarschaften in Wohngebieten zu stärken, das Wohnungsangebot nachhaltig zu erhöhen und dabei insbesondere preiswerten Wohnraum für einkommensschwache Wohnungssuchende bereitzuhalten.“ Vorrang haben Bauprojekte innerhalb des S-Bahn-Rings, wo die Verdrängungseffekte durch steigende Mieten besonders drastisch sind. Als weitere Parameter für die Förderungswürdigkeit werden unter anderem benannt: beispielhafte architektonische und städtebauliche Qualität, Integration von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur, generationsübergreifendes und barrierefreies Wohnen, Berücksichtigung von Wohngemeinschaften mit therapeutischen und sozialpädagogischen Zielsetzungen sowie Selbsthilfe in der Baudurchführung. Festlegungen gibt es ferner für die förderfähigen Wohnungsgrößen und die Wohnungsstruktur. So soll der Anteil der 1- bis 2-Zimmer-Wohnungen mit einer Größe von maximal 40 beziehungsweise 54 qm in den Förderobjekten mindestens 50% betragen. Die Belegungs- und Mietpreisbindungen für Bezieher/innen unterer und mittlerer Einkommen sollen 20 Jahre betragen. Eine Umwandlung der geförderten Objekte in Eigentumswohnungen ist ausgeschlossen. Für Bestandsmietverhältnisse gilt ab dem zwanzigsten Jahr der Belegungsbindung eine Nachwirkungsfrist von zehn Jahren, während derer die Nettokaltmieten um maximal 15% in vier Jahren erhöht werden dürfen. Die Fördersumme für die Bauherren beträgt 830 Euro/qm und maximal 50.000 Euro pro Wohnung und wird als unverzinsliches Darlehen mit einer Laufzeit von 17 Jahren aus dem Sondervermögen „Wohnungsneubaufonds“ gewährt. Ergänzende Finanzierungen erfolgen zu marktüblichen Zinsen durch die Investitionsbank Berlin.

                                

Konditionen für Mieter/innen                

Die für 20 Jahre gebundene sogenannte Bewilligungsmiete beträgt 7,50 Euro/qm nettokalt und soll während der Bindungsfrist alle zwei Jahre um 20 Cent/qm steigen. Modernisierungsbedingte Umlagen sind während der Mietpreisbindung im Prinzip ausgeschlossen, es sei denn, die Maßnahmen basieren „auf Umständen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat“.         

Für die Inanspruchnahme dieser geförderten Wohnungen ist eine von den entsprechenden Behörden auszustellende Einkommensbescheinigung notwendig. Die Berechtigung wird alle drei Jahre überprüft. Um die Belastung einkommensschwacher Haushalte in Grenzen zu halten, werden ergänzend einkommensbezogene Zuschüsse gewährt. Die Grundlage der Berechnung sind die in § 9 Absatz 2 des bundesweit geltenden Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) festgelegten Obergrenzen für das Jahreseinkommen. Diese betragen 12.000 Euro für 1- und 18.000 Euro für 2-Personen-Haushalte. Für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen 4.100 Euro dazu. Bis zu einem Haushaltseinkommen von 110% der im Wohnraumförderungsgesetz genannten Grenzen beträgt die Förderung 1,50 Euro/qm und die Einstiegsmiete damit 6 Euro/qm nettokalt. Bis 120% sind es 6,50 Euro/qm, bis 130% 7 Euro/qm und bis 140% muss dann der volle Betrag von 7,50 Euro/qm bezahlt werden. Mindestens die Hälfte der Wohnungen sollen dabei Mieter/innen vorbehalten bleiben, die maximal 6,50 Euro/qm bezahlen müssen.                                        

 

Wirksamkeit und Nachhaltigkeit begrenzt        

Bis die Bestimmungen in Kraft treten, wird noch einige Zeit vergehen, auch sind Änderungen im weiteren Verlauf der Beratungen keineswegs ausgeschlossen. Aber bereits jetzt ist abzusehen, dass es sich keinesfalls um einen „großen Wurf“ zur Abmilderung der Wohnungsknappheit für Geringverdienende handelt. So reichen die einkommensbezogenen Kaltmietenzuschüsse bei Weitem nicht aus, um die Gesamtbelastung für die Mieter/innen in erträglichen Grenzen zu halten, da die Betriebskosten in keiner Weise berücksichtigt werden und diese Geringverdienende  überproportional treffen. Daran wird sich wohl auch nichts ändern, denn die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ursprünglich vorgesehene Wiedereinführung einer Betriebs- bzw. Heizkostenkomponente beim Wohngeld wurde wieder gestrichen. Für die Bezieher/innen von Transferleistungen wie ALG II oder Altersgrundsicherung dürften die im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung entstehenden Wohnungen in den meisten Fällen ohnehin nicht bezahlbar sein, da die Bruttowarmmieten über den Sätzen der Wohnkostenübernahme durch die Jobcenter liegen. Viel entscheidender ist allerdings, dass diese Form der Wohnungsbauförderung alles andere als nachhaltig ist. Denn nach dem Ende der Belegungs- und Mietpreisbindung unterliegen die Wohnungen wieder den Gesetzen des freien Marktes. Es wäre höchste Zeit, sich von der Idee der klassischen Wohnungsbauförderung zu verabschieden und als Land Berlin Wohnungsneubau direkt zu betreiben. Die ausgereichten öffentlichen Gelder wären dann nicht – wie bei dem Zuschusssystem – nach dem Auslaufen der Bindungen verloren, sondern das Land bliebe Eigentümer der Immobilien und könnte deren Belegung und die Mietpreisgestaltung dauerhaft regulieren.     

             


MieterEcho 365 / Februar 2014

Schlüsselbegriffe: Wohnungsbauförderungsbestimmungen, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Umwandlungsverordnung, soziale Erhaltungssatzungen, Zweckentfremdungsverbotsgesetz, Verwaltungsvorschriften für die soziale Wohnraumförderung des Miet- und Genossenschaftswohnungsbaus in Berlin, Mietpreisbindung, Belegungsbindung, Wohnungsneubaufonds, geförderte Wohnungen, Geringverdienende