INFOSCHRIFT: Mängelbeseitigung
Tipps für Mieter/innen, in deren Wohnungen Mängel auftreten
Was tun, wenn der Wasserhahn tropft oder der Abfluss verstopft ist? Was tun, wenn der Herd kaputt ist oder die Fenster undicht sind? Was tun, wenn das Licht im Treppenhaus immer wieder ausfällt oder die Haustür nicht verschließbar ist? Was ist mit dem ohrenbetäubenden Baulärm aus der Nachbarwohnung, die seit Wochen saniert wird?
Die Erfahrung zeigt: Viele Mieter/innen sind ratlos, ärgern sich schwarz oder üben sich in endloser Geduld. Viele langen schließlich auch seufzend in die eigene Tasche, um den Mangel beheben zu lassen, oder führen selbst Reparaturarbeiten aus. Und manche haben die Illusion, dass der Vermieter ihnen ihre Geduld, ihre Mühe und ihre Kosten irgendwann schon honorieren wird.
Unsere Tipps zur Mängelbeseitigung sollen Ihnen helfen, notwendige Erhaltungsmaßnahmen schnell, ohne endlosen Ärger und ohne eigene Kosten durchzusetzen. Diese Tipps können unseren Mitgliedern im Einzelfall nicht den Weg in eine unserer Beratungsstellen ersparen, wo Sie detailliert anwaltlich beraten werden.
Erhaltung (Instandhaltung und Instandsetzung) ist Pflicht des Vermieters
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) hält in § 535 ausdrücklich als Pflicht des Vermieters fest: „Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.“ Mieter/innen haben folglich einen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihre Wohnung (und das Haus) laufend instand hält und, sobald nötig, instand setzt – also auftretende Mängel beseitigt.
Ausgeschlossen ist das Recht auf Mängelbehebung nur dann, wenn Mieter/innen den Mangel selbst verschuldet haben. Aber: Bei z. B. feuchten Wänden und Schimmelbildung flüchten sich Vermieter gern in die Behauptung, die Mieter/innen hätten den Mangel durch unzureichendes Lüften oder Heizen und somit durch vertragswidriges Verhalten selbst verschuldet. Lassen Sie sich dadurch nicht einschüchtern: Ein Verschulden muss Ihnen der Vermieter in jedem Fall erst nachweisen! Eine Klausel im Mietvertrag, die angibt, dass der Vermieter nicht beweisen müsse, dass ein Schaden (z. B. eine Rohrverstopfung) von den Mieter/innen verursacht worden sei, ist unwirksam. Vielen Mieter/innen erscheint es schwierig, die mitunter langwierige Prozedur zur Durchsetzung ihres Rechts auf Instandhaltung/ Instandsetzung auf sich zu nehmen. Wir wollen Ihnen im Folgenden zeigen, wie Sie es richtig anpacken, damit Ihre Wohnung schnell wieder bewohnbar und wohnlich wird.
Umfang der Erhaltungspflicht
Die in § 535 BGB verankerte Instandhaltungspflicht des Vermieters umfasst grundsätzlich die Beseitigung aller Fehler und Schäden, die den Gebrauch der „Mietsache“ beeinträchtigen oder unmöglich machen. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Wohnung des Mieters/der Mieterin: Auch die mitvermieteten Teile des Hauses wie Keller, Dachboden, Aufzug und Hof müssen in betriebssicherem und benutzbarem Zustand sein und entsprechend gepflegt werden. Außerdem muss der Zugang zu den gemieteten Räumen ohne Komplikationen und Gefahren möglich sein (gute Beleuchtung, sichere Geländer und Stufen im Treppenhaus, schließende und verschließbare Türen usw.). Allerdings haben Sie keinen generellen Rechtsanspruch darauf, dass der Vermieter Ihre Wohnung während der Mietzeit auf den jeweils modernen Stand der Technik (beispielsweise einbruchshemmende Wohnungstür, moderner Herd o. ä.) „nachrüstet“.
Für Erhaltung keine Mieterhöhung
Weil die Erhaltung zu den Grundpflichten des Vermieters gehört, darf dafür keinerlei Mieterhöhung verlangt werden. Manche Vermieter versuchen es trotzdem – indem sie beispielsweise nötige Erhaltungsmaßnahmen in Modernisierungen verwandeln: Statt ein verrottetes Einfachfenster zu reparieren, wird ein Fenster mit Isolierverglasung eingebaut, für das sie dann einen Wertverbesserungszuschlag verlangen. Deshalb: Aufpassen! (Siehe hierzu auch unsere Infoschrift „Modernisierung“.)
Häufig vorkommende Mängel
Zu Mängeln in der Wohnung gehören beispielsweise undichte oder klemmende Fenster und Türen, feuchte Decken und Wände, unvorschriftsmäßige Elektroleitungen, verstopfte Abflüsse, undichte Wasserrohre und Armaturen, morsche Dielen und Türschwellen, defekte Türklinken und -schlösser, ein defekter Ofen oder Küchenherd, unzureichende Beheizung, mangelnder Schallschutz sowie sonstige Baumängel.
Zu den Mängeln einer Wohnung zählt aber auch das Fehlen vertraglich zugesicherter Eigenschaften: Sie bekommen keinen Keller zugewiesen, obwohl im Mietvertrag zugesagt. Oder die tatsächliche Wohnfläche Ihrer Wohnung weicht um mehr als 10% von der im Mietvertrag angegebenen ab.
Kleine Instandhaltungen
Viele Vermieter versuchen, durch eine besondere Klausel im Mietvertrag („Kleinreparaturklausel“) die Kosten für kleine Instandhaltungsmaßnahmen auf die Mieter/innen abzuwälzen: Letztere sollen danach kleinere Reparaturen selbst bezahlen.
• Dies ist nur dann möglich, wenn sich die Klausel auf Reparaturen an Gegenständen beschränkt, die dem häufigen und direkten Zugriff der Mieter/innen unterliegen (wie Lichtschalter, Wasserhahn).
• Des Weiteren muss der Mietvertrag eine Begrenzung für die einzelnen Kleinreparaturen (höchstens 100 Euro gelten als angemessen) und eine weitere Begrenzung für alle Kleinreparaturen eines Jahres in Prozent der Jahresmiete enthalten. Als Höchstgrenze gilt derzeit 6% bis 8% der Jahresmiete, wobei umstritten ist, ob von der Netto- oder Bruttomiete auszugehen ist.
• Wichtig ist auch, dass der Mieter/die Mieterin die Reparatur nicht selbst veranlassen, sondern nur bezahlen muss (sogenannte „Vornahmeklauseln“ sind unwirksam). Übersteigt eine einzelne Reparatur den vertraglich vereinbarten Höchstbetrag, müssen Sie diesen nicht etwa anteilig selbst zahlen. Die Kleinreparaturklausel greift dann insgesamt nicht mehr. Wenn Sie also eine Vereinbarung über Kleinreparaturen in Ihrem Mietvertrag haben, lassen Sie deren Wirksamkeit unbedingt in einer Beratungsstelle anwaltlich überprüfen!
Schönheitsreparaturen und Erstrenovierung
Unter Schönheitsreparaturen ist der Anstrich von Fußböden, Wänden und Decken, das Tapezieren, der Innenanstrich von Türen und Fenstern sowie der Anstrich von Rohren und Heizkörpern zu verstehen. Diese Instandhaltungsarbeiten dürfen mietvertraglich auf die Mieter/innen abgewälzt werden, sofern sie durch Abnutzung während der Mietzeit oder beim Auszug fällig werden.
Grundsätzlich ist der Vermieter verpflichtet, den Mieter/innen die Wohnung beim Einzug in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu übergeben. Jedoch halten sich nicht alle Vermieter daran. Die Übernahme der Erstrenovierung befreit Sie keinesfalls automatisch von der Durchführung vertraglich übernommener Schönheitsreparaturen während der Mietdauer bzw. von Renovierungsarbeiten beim Auszug. Der BGH hat jedoch in den letzten Jahren eine Vielzahl von mietvertraglichen Schönheitsreparaturklauseln für unwirksam erklärt. Deshalb: Wenn Sie eine Wohnung voller Mängel gemietet haben oder ausziehen wollen, sollten Sie sich unbedingt beraten lassen, bevor Sie zu Spachtel und Pinsel greifen. Auf gar keinen Fall sollten Sie sich bei einer Wohnungsabnahme zur Unterschrift unter irgendein Protokoll („Sonst nehme ich die Wohnung nicht ab ...“) nötigen lassen. (Näheres hierzu in unserer Infoschrift „Schönheitsreparaturen“.)
Mängelbeseitigung: 1. Mängelanzeige
Was ist nun zu tun, wenn ein Mangel in Ihrer Wohnung oder im Haus auftritt? Der erste und wichtigste Schritt ist, dem Vermieter den Mangel sofort anzuzeigen. Dies ist nicht nur Ihr gutes Recht, sondern sogar Ihre Pflicht. Andernfalls verlieren Sie hinsichtlich der nicht angezeigten Mängel wesentliche rechtliche Ansprüche gegen den Vermieter und können sich sogar schadensersatzpflichtig machen. Sie sollten dem Vermieter die Mängel von Anfang an schriftlich anzeigen, und zwar so, dass Sie den Zugang der Mängelanzeige beim Vermieter auch nachweisen können.
Dazu haben Sie verschiedene Möglichkeiten:
– Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein,
– Abgabe beim Vermieter oder seiner Hausverwaltung, wobei Sie sich den Empfang auf Ihrer Kopie bestätigen lassen,
– Einwurf in den Briefkasten des Vermieters/der Hausverwaltung im Beisein eines Zeugen, der auch den Inhalt Ihres Schreibens kennt.
E-Mails oder Telefaxe können Sie auch versenden, aber aus Beweisgründen nicht als alleinige Form der Mitteilung. Bitte orientieren Sie sich an unserem Musterbrief 1 und achten Sie darauf, dass Sie das Ende der (angemessenen) Frist, die Sie Ihrem Vermieter zur Mängelbeseitigung setzen, mit einem genauen Datum benennen (also nicht nur: „innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens“). Natürlich müssen Sie sich immer eine Kopie/einen Ausdruck Ihrer Schreiben für die eigenen Unterlagen aufheben.
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Musterbrief 1: Mängelanzeige
Berlin, den ...
Sehr geehrter Herr Säumig,
in meiner Wohnung ist folgender Mangel/sind folgende Mängel aufgetreten:
........................................................
Gemäß § 535 BGB sind Sie zur Instandhaltung verpflichtet.
Ich bitte Sie, den Mangel/die Mängel innerhalb von zwei Wochen, spätestens bis zum ... beseitigen zu lassen.
Bis zur endgültigen Beseitigung des Mangels/der Mängel werde ich die Miete unter Vorbehalt zahlen. Dies betrifft auch schon die bereits für diesen Monat gezahlte Miete.
(Eine Kopie dieses Schreibens erhält das zuständige Bau- und Wohnungsaufsichtsamt.)*
Mit freundlichen Grüßen
Marie Mieter
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Selbermachen nur bei Gefahr in Verzug
Manche Mieter/innen, die sich das Schreiben von Briefen oder das Warten ersparen möchten, holen kurzerhand selbst die Handwerker. Aber: Der Vermieter wird sich fast immer weigern, die Rechnung zu begleichen oder die verauslagten Kosten zu erstatten. Nach Rechtslage dürfen Mieter/innen, wenn sie die Kosten vom Vermieter ersetzt haben wollen (§ 536 a Absatz 2 Nr. 1 BGB), keinesfalls einen Mangel einfach selbst beseitigen (lassen), ohne den Vermieter zuvor – unter Fristsetzung – zur Mängelbeseitigung aufgefordert zu haben. Ausnahme: Wenn Gefahr in Verzug ist, d. h. wenn Mängel auftreten, die umgehend beseitigt werden müssen, um größere Schäden oder Gefahren für das Haus oder für die Gesundheit der Mieter/innen zu vermeiden (§ 536 a Absatz 2 Nr. 2 BGB). Das wäre beispielsweise der Fall bei einem Rohrbruch oder bei Strom- bzw. Heizungsausfall, wenn – etwa am Wochenende – der Vermieter/die Hausverwaltung nicht erreichbar ist. Dann dürfen Sie selbst sofort handeln. Ihre Bemühungen, den Vermieter/die Hausverwaltung vorher zu erreichen, müssen Sie sorgfältig dokumentieren und gegebenenfalls beweisen können (Zeugen!). Wenn möglich, lassen Sie sich vorher beraten.
Mängelbeseitigung: 2. den besten Weg wählen
Wenn die von Ihnen für die Mängelbeseitigung gesetzte Frist abgelaufen ist, ohne dass der Vermieter reagiert hat, sollten Sie unbedingt eine unserer Beratungsstellen aufsuchen: Unsere Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen beraten Sie, welcher der für Sie effektivste weitere Weg zur Mängelbeseitigung ist. Die drei wichtigsten möglichen Wege sind folgende:
Ersatzvornahme
Bei kleineren, einfach zu behebenden und deutlich eingrenzbaren Mängeln (beispielsweise tropfendem Wasserhahn, gesprungenem Handwaschbecken, nicht regulierbarem Heizungsventil) empfiehlt sich die sogenannte Ersatzvornahme: Sie sind berechtigt, den Mangel fachgerecht selbst zu beseitigen/beseitigen zu lassen und den Ersatz Ihrer Aufwendungen zu verlangen, wenn der Vermieter mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist (§ 536 a Absatz 2 Nr. 1 BGB).
In Verzug ist der Vermieter, wenn er nach Mängelanzeige und Mahnung (Aufforderung zur Mängelbeseitigung) die Mängel
– trotz objektiver Möglichkeit
– nicht in angemessener Frist beseitigt hat. Angemessene Frist heißt, dass der Vermieter die Möglichkeit haben muss, einen Handwerksbetrieb zumindest mit einer Überprüfung zu beauftragen. Rund zwei Wochen werden hierfür im Allgemeinen als angemessen angesehen.
Sie zeigen dem Vermieter den Mangel an und setzen ihm eine angemessene Frist mit einem bestimmten Termin für die Mängelbeseitigung (Mahnung), gleichzeitig teilen Sie ihm mit, dass Sie – sollte der Vermieter die Mängel bis zu dem genannten Termin nicht beseitigt haben – es danach ablehnen werden, seine Leistungen zur Mängelbeseitigung anzunehmen (Ablehnungsandrohung). Nach Ablauf der Frist beauftragen Sie dann selbst einen Handwerker mit der Reparatur und bezahlen die Rechnung erst einmal aus eigener Tasche. Anschließend teilen Sie Ihrem Vermieter den Abschluss der Arbeiten sowie die Höhe der Ihnen entstandenen Kosten mit, fügen Kopien der entsprechenden Rechnungen bei und setzen ihm eine Zahlungsfrist (siehe Musterbrief 2). Zugleich kündigen Sie an, dass Sie die Kosten entweder von Ihrer übernächsten Miete abziehen oder aber gerichtlich einfordern werden (§ 539 BGB), wenn er die Zahlung nicht fristgerecht leistet. Vor der Verrechnung der Kosten mit der Miete sollten Sie Ihren Mietvertrag dahingehend prüfen lassen, ob eine Einschränkung zur Verrechnung vereinbart wurde.
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Musterbrief 2: Ersatzvornahme
Berlin, den …
Sehr geehrter Herr Säumig,
nachdem Sie die Ihnen mit Schreiben vom … gesetzte Frist/gesetzten Fristen haben verstreichen lassen, ohne die Ihnen mitgeteilten Mängel zu beseitigen, habe ich meinerseits die Mängelbeseitigung veranlasst und Handwerker mit der Ausführung der erforderlichen Arbeiten beauftragt.
Mir sind hierfür Aufwendungen in Höhe von ... Euro entstanden (siehe beiliegende Rechnungen in Kopie).
Ich bitte um Überweisung des Betrags auf mein Konto IBAN ..., BIC … bei … eingehend bis zum …*.
Für den Fall der Nichtzahlung kündige ich an, dass ich die mir entstandenen Kosten
(entweder) mit der Miete für den übernächsten Monat, also für den Monat … aufrechnen werde.
(oder) auf gerichtlichem Weg einfordern werde.
Mit freundlichen Grüßen
Marie Mieter
eine Frist von zehn Tagen setzen
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Beachten Sie: Der Vermieter muss nur die Aufwendungen ersetzen, die zur Mängelbeseitigung objektiv erforderlich waren. Das sind die Kosten, die nach Auffassung von Fachleuten zur Behebung des Mangels notwendig waren. Beispiel: Ist die Reparatur des Wasserhahns durch Ersetzen des Drehknopfs möglich, dürfen Sie nicht einen neuen Wasserhahn anbringen lassen.
Instandsetzungsklage
Ein sicherer Weg, besonders bei komplizierten und teuren Schäden, ist die Instandsetzungsklage: Der Vermieter wird vor Gericht auf Beseitigung der Mängel verklagt. Eine solche Klage kann jedoch den Nachteil haben, dass es unter Umständen sehr lange dauert, ehe über sie verhandelt wird. Andererseits wird immer der Vermieter selbst verklagt und nicht die Hausverwaltung. Es ist daher gar nicht mal selten, dass der Vermieter seiner Hausverwaltung „Beine macht“, wenn er Post vom Amtsgericht erhält.
Selbstverständlich müssen Sie auch in diesem Fall dem Vermieter die Mängel angezeigt und ihn unter Fristsetzung zur Beseitigung der Mängel aufgefordert haben. Er muss sich mit der Mängelbeseitigung also in Verzug befinden oder aber die Beseitigung endgültig abgelehnt haben. Lassen Sie sich vor einer Klageerhebung unbedingt beraten!
Einstweilige Verfügung
Bei einer einstweiligen Verfügung handelt es sich um ein gerichtliches Eilverfahren. Dieses Verfahren ist sehr schnell wirksam, jedoch nur bei Mängeln möglich, deren Beseitigung keinen Aufschub duldet wie bei Strom- oder Wasserausfall sowie bei Heizungsausfall im Winter.
Sie bzw. Ihr Anwalt/Ihre Anwältin können sich direkt an das Gericht wenden, das dann gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung den Vermieter zur unverzüglichen Mängelbeseitigung verpflichtet. Lassen Sie sich auch in diesem Fall unbedingt beraten!
Mängelbeseitigung: 3. zusätzliche Maßnahmen
Wohnungsaufsicht
Bei erheblichen Mängeln in der Wohnung oder am Gebäude empfiehlt es sich, als zusätzliche Maßnahme die Bau- und Wohnungsaufsicht (BWA) des jeweiligen Bezirksamts einzuschalten – beispielsweise wenn es sich um den Außenanstrich der Fenster, die Instandsetzung von Treppenaufgängen, die Verschließbarkeit der Haustür, ein undichtes Dach, Risse im Schornstein, die Beleuchtung von Keller und Hof, feuchte Wände oder Schäden am Balkon handelt.
Die Eingriffsmöglichkeiten der Behörden sind im Wohnungsaufsichtsgesetz geregelt und reichen bis zum Bußgeld und zur Ersatzvornahme. Wichtig ist, dass Sie bei der Wohnungsaufsicht Ihre Beteiligung an dem Verwaltungsverfahren beantragen, damit Sie über das Vorgehen in Ihrer Sache informiert werden. Schicken Sie daher in derartigen Fällen eine Durchschrift/Kopie Ihrer Mängelanzeige an das zuständige Bau- und Wohnungsaufsichtsamt (BWA). Vermerken Sie dies in Ihrem Schreiben an den Vermieter (Musterbrief 1). Damit machen Sie deutlich, dass Sie ihm nötigenfalls auch die Behörden ins Haus schicken werden. Auch wenn die Wohnungsaufsicht „eingeschaltet“ wird, können Sie jederzeit parallel dazu eine Klage beim Amtsgericht einreichen.
Gesundheitsamt
Wenn sich Unrat im Hof türmt, Ratten auftauchen, sich Ungeziefer im Haus oder in der Wohnung breit macht, Keller oder Böden völlig verdreckt oder voll Gerümpel sind, wenn Sie von Ausdünstungen oder üblen Gerüchen belästigt werden, sollten Sie sich an das Gesundheitsamt wenden. Es kann die Beseitigung gesundheitlicher Gefahrenquellen anordnen.
Mietminderung
Vom Recht der Mietminderung sollten Sie als zusätzliche Maßnahme Gebrauch machen. Allerdings wird die Minderung allein wegen des in der Regel relativ niedrigen vor Gericht durchsetzbaren Minderungsbetrags den Vermieter oftmals nicht zur Mängelbeseitigung bewegen können.Ihr Minderungsrecht tritt grundsätzlich kraft Gesetz mit dem Auftreten des Mangels und Kenntnis des Vermieters davon ein (§ 536 BGB). Sie müssen eine Mietminderung also nicht beim Vermieter „beantragen“. Das Gesetz schreibt auch nicht vor, dass Sie dem Vermieter bei der Mängelanzeige mitteilen, dass Sie bis zur Mängelbeseitigung die Miete nur unter Vorbehalt zahlen, aber wir empfehlen dies dennoch. Denn: Warten Sie mit der Minderung zu lange und zahlen Sie die Miete in Kenntnis des Mangels über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos in voller Höhe weiter, können Sie Ihre Minderungsrechte verlieren, weil man Ihnen unterstellt, den mangelhaften Zustand Ihrer Wohnung als vertragsgerecht anzuerkennen. Mindern Sie niemals auf eigene Faust, sondern erst nach anwaltlicher Beratung. Dies ist schon deshalb wichtig, weil unter Umständen eine Kündigung Ihres Mietvertrags droht, wenn die Minderungsbeträge eine Monatsmiete erreichen. Greifen Sie auch nicht auf sogenannte Mietminderungslisten zurück – schon gar nicht aus dem Internet. Gerichtsurteile zu Mietminderungen sind immer Einzelfallentscheidungen!
Voraussetzung für eine Mietminderung ist, dass durch die Mängel die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt wird. Eine nur unerhebliche Beeinträchtigung berechtigt nicht zur Minderung. Mindern können Sie die Miete ab dem Zeitpunkt, an dem der Vermieter nachweislich vom Mangel Kenntnis erhält, bis zur Beseitigung des Mangels (§ 536 BGB). Nutzen Sie dazu unseren Musterbrief 3. Haben Sie die Miete gemindert und klagt der Vermieter auf volle Zahlung der Miete, müssen Sie beweisen, dass die Wohnung mangelhaft ist und Sie den Mangel dem Vermieter angezeigt haben. Sie sollten deshalb rechtzeitig Beweise sammeln (Fotos, Protokolle, Zeugen). Ein vertraglicher Ausschluss des Mietminderungsrechts ist in Wohnraummietverträgen immer unwirksam. Hinweis: Auch Baumaßnahmen am oder im Haus, die zu erheblichen Beeinträchtigungen führen, rechtfertigen eine Mietminderung (Ausnahme: dreimonatiger Minderungsausschluss bei energetischer Modernisierung). Bei Baulärm auf Nachbargrundstücken ist Vorsicht geboten: Hier kann ein Minderungsrecht ausscheiden, wenn Sie bei Anmietung der Wohnung damit rechnen mussten, dass auf dem Nachbargrundstück früher oder später gebaut wird.
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Musterbrief 3: Mietminderung
Berlin, den …
Sehr geehrter Herr Säumig,
mit Schreiben vom ... hatte ich Ihnen folgende Mängel mitgeteilt: ...
Ich werde nunmehr bis zur Beseitigung der Mängel … % der Miete = … Euro monatlich einbehalten.
Den Minderungsbetrag für die Zeit seit meiner Mängelanzeige mit oben genanntem Schreiben, also für die Monate ... bis ... = ... Euro werde ich von der übernächsten Miete abziehen.
Ich zahle die Miete weiterhin unter Vorbehalt, den Mietminderungsanteil werde ich nach Mängelbeseitigung genau bestimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Marie Mieter
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Zurückbehaltungsrecht
Um Ihren Anspruch auf Mängelbeseitigung durchzusetzen, können Sie als weiteres Druckmittel gegenüber dem Vermieter neben der Mietminderung einen Teil der (bereits geminderten) Miete so lange zurückbehalten, bis die Mängel beseitigt sind. Dieses Zurückbehaltungsrecht beträgt die drei- bis fünffache Summe des Mietminderungsbetrags. Aber Achtung: Nach erfolgter Mängelbeseitigung müssen Sie dem Vermieter die zurückbehaltene Miete auf jeden Fall nachzahlen. Auch bei der Mietminderung selbst kann man leider nie ganz sicher sein, dass ein Gericht die Minderungsbeträge in voller Höhe anerkennt. Deshalb empfiehlt es sich, dieses Geld „zu parken“, z. B. auf einem Tagesgeldkonto oder Sparbuch. Die Einzahlung auf ein eigens angelegtes „Sperrkonto“ ist dagegen nicht erforderlich.
Schadensersatz
Entstehen Ihnen aufgrund von Mängeln Schäden an Ihrer Gesundheit oder Ihrem Eigentum, können Sie neben der Instandsetzung Ihrer Wohnung Schadensersatz verlangen, wenn Sie dem Vermieter Verschulden nachweisen können.
Die häufigsten Fälle dürften Wasserschäden sein. Hierzu exemplarisch zwei Beispiele:
1. Dem unachtsamen Mieter der Wohnung über Ihnen läuft die Waschmaschine aus oder der ansonsten einwandfreie Keller wird bei einem Unwetter überflutet. Hier liegt kein Verschulden des Vermieters vor.
2. Der Vermieter hat das über Ihrer Wohnung befindliche undichte Dach trotz Ihrer ausdrücklichen Hinweise nie abdichten lassen und deshalb kommt es zum Wasserschaden in Ihrer Wohnung. Hier liegt ein Verschulden des Vermieters vor.Für unverschuldete Mängel muss der Vermieter nur dann haften, wenn erhebliche Mängel bereits bei Einzug vorlagen oder zugesicherte Eigenschaften der Wohnung fehlen. Ausgeschlossen sind Schadensersatz und Mietminderung jedoch, wenn Mieter/innen beim Abschluss des Mietvertrags von den Mängeln Kenntnis hatten und sich nicht ausdrücklich die Wahrnehmung ihrer Rechte vorbehalten haben (§ 536 b BGB).
Aufwendungsersatz
Entstehen Ihnen im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Mängelbeseitigung Aufwendungen, können Sie diese vom Vermieter in angemessenem Umfang ersetzt verlangen. Sie können hierfür auch einen Vorschuss vom Vermieter verlangen (§ 555 a Absatz 3 BGB).
Außerordentliche fristlos Kündigung
Wenn Ihre Wohnung Schäden oder Mängel aufweist, die Ihre Gesundheit oder die Ihrer Angehörigen gefährden, können Sie außerordentlich fristlos kündigen (§ 569 Absatz 1 BGB). In der schriftlichen Kündigung müssen Sie als Kündigungsgrund die Gesundheitsgefährdung nennen und darlegen, woraus sich diese ergibt. Sie verlieren dieses Kündigungsrecht selbst dann nicht, wenn Sie den gesundheitsgefährdenden Mangel bereits bei Einzug kannten. Unerheblich ist auch, ob Ihr Vermieter den Mangel zu verantworten hat. Allerdings dürfen Sie erst dann kündigen, wenn Sie dem Vermieter eine Frist zur Abhilfe gesetzt haben und diese erfolglos verstrichen ist. Diese Fristsetzung ist unnötig, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg verspricht (z. B. wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder der Vermieter diese endgültig abgelehnt hat). Sie sollten sich hierzu beraten lassen! Zusätzlich zur fristlosen Kündigung können Sie die Miete mindern und – unter strengen Voraussetzungen – Schadensersatz fordern. Auch wenn der Vermieter Ihnen den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung vorenthält oder wieder entzieht, können Sie außerordentlich fristlos kündigen (§ 543 Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1 BGB).
Durchführung der Arbeiten
Der Vermieter muss die Arbeiten zur Mängelbeseitigung zügig durchführen lassen und dem Mieter/der Mieterin – sofern dessen/deren Wohnung betroffen ist – rechtzeitig den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mitteilen. Abschließend muss der Vermieter alle entstandenen Schäden, z. B. an Tapeten, Decken und Fußböden, und alle Verschmutzungen auf seine Kosten beseitigen lassen.
Wir vermitteln Ihnen hiermit zwar viele Tipps und Informationen, jedoch können wir nur eine Übersicht geben und auch nur die Rechtslage bei Drucklegung einbeziehen. Diese allgemeinen Informationen ersetzen nicht die für den konkreten Fall nötige individuelle Rechtsberatung. Nehmen Sie zur Beratung die erforderlichen Unterlagen mit – insbesondere den Mietvertrag – und auch einen Nachweis über Ihre Mitgliedschaft (das aktuelle MieterEcho auf Ihren Namen oder einen Zahlungsbeleg).
MieterEcho 371 / Dezember 2014
Schlüsselbegriffe: Mängelbeseitigung, Instandhaltung, Instandsetzung, Erhaltungspflicht, kleine Instandhaltungen, Schönheitsreparaturen, Erstrenovierung, Mängelanzeige, Ersatzvornahme, Instandsetzungsklage, einstweilige Verfügung, Gesundheitsamt, Mietminderung, Zurückbehaltungsrecht, Schadensersatz, Mietminderungsrecht