Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 369 / September 2014

Bund spekuliert auf Höchstgebot

In Schöneberg wehren sich Mieter/innen gegen den
Verkauf ihrer Wohnungen durch die öffentliche Hand

Von Benedict Ugarte Chacón

 

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) will drei Häuser an der Ecke Großgörschenstraße und Katzlerstraße in Schöneberg verkaufen. Insgesamt geht es um 4.320 qm Wohn- und 408 qm Gewerbefläche. Der Verkauf soll zum Höchstgebot erfolgen. Betroffene Mieter/innen wehren sich in einer Initiative gegen den Verkauf.

 

Der von der Bima angestrebte Verkauf zum Höchstpreis lässt befürchten, dass der Erwerber nach dem Kauf die Mieten mit Luxusmodernisierungen in die Höhe treiben wird, um sein Investment möglichst schnell wieder hereinzubekommen (MieterEcho Nr. 367/ Mai 2014). Dies würde für die Mieter/innen nichts Gutes bedeuten. Vor diesem Hintergrund haben sich viele von ihnen im Dezember letzten Jahres zur Interessengemeinschaft Großgörschen & Katzler (ig GroKa) zusammengeschlossen. Die Initiative fordert unter anderem einen Stopp der „Höchstpreis-Strategie der Bima für Wohnimmobilien“ und setzt sich für die langfristige Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in ihrem Kiez ein. Wenn überhaupt, dann sollten die Häuser „ausschließlich an gemeinnützige, kommunale oder genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften veräußert werden“, heißt es im Aufruf zu einem „Kiezspaziergang“ vom Juni dieses Jahres. So solle eine sozialverträgliche Vermietung sichergestellt und der Verdrängung der bisherigen Mieter/innen entgegengewirkt werden.

 

Bund hält am Verkauf zum Höchstpreis fest

Beim für die Bima zuständigen Bundesfinanzministerium hat man für solcherlei Ansinnen allerdings wenig Verständnis. Nachdem sich die ig GroKa in einem Brief mit ihren Forderungen an verschiedene Stellen gewandt hatte, teilte ein Abteilungsleiter des Ministeriums der Initiative mit, dass die Bima „aufgrund der haushaltsrechtlichen Bestimmungen zur wirtschaftlichen Verwertung der ihr übertragenen nicht betriebsnotwendigen Immobilien verpflichtet“ sei. Eine Veräußerung müsse demnach zum „vollen Wert“ erfolgen. Dies gelte grundsätzlich auch für Wohnimmobilien und bedeute, dass auch „die in Rede stehenden Liegenschaften im Rahmen eines Bieterverfahrens zum Höchstgebot zu verkaufen“ seien. Etwas hilflos wirkt da das Agieren der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Tempelhof-Schöneberg, die in einem am 18. Juni gefassten Beschluss an den Bundestag appelliert, der Bima „das Bieterverfahren zum Höchstgebot zu untersagen, damit Verkäufe von Wohnimmobilien nicht dazu führen, dass Kaufpreise durch extrem steigende Nettokaltmieten refinanziert werden“. Die BVV fordert, das Bieterverfahren für die Großgörschenstraße/Katzlerstraße auszusetzen, bis der Bund der Bima entsprechende neue Zielvorgaben erteilt hat. Und wenn auch die Bezirksverordneten sich um die Mieter/innen sorgen, die Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) empfindet die Situation offenbar weniger dramatisch. Immerhin bewirbt sie in der Verkaufsbroschüre der Bima die betroffenen Häuser mit dem Hinweis, dass diese in einer ruhigen Nebenstraße lägen, aber „exzellent an den ÖPNV und den Individualverkehr angebunden“ seien. Der Bezirk lege jedoch Wert darauf, „die langfristig gewachsene Struktur und urbane Qualität des Quartiers zu bewahren“, weshalb Schöttler an die künftigen Investoren den Wunsch richtet, diese mögen doch bitte ihre „strategischen Ziele“ an diesem Umstand ausrichten. 

 

Mieter/innen wollen selbst kaufen

Bis Mitte Mai hatte die Bima noch mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag über einen Verkauf verhandelt. Deren Angebot basierte auf den Einnahmen, die nach dem Berliner Mietspiegel zu erzielen wären. Laut einem Bericht des Tagesspiegels soll die Bima aber einen um rund 20% höheren Preis verlangt haben, weswegen das Geschäft schließlich nicht zustande kam. Am 23. Juli übersandten nun betroffene Mieter/innen gemeinsam mit der Wohnungsbaugenossenschaft „Bremer Höhe“ ein eigenes Angebot in Höhe von 4,8 Millionen Euro an die Bima. Dieser Preis entspreche dem 20,7-fachen der Jahresnettokaltmiete und sei zwar üblich, aber dennoch als sehr hoch zu betrachten. Mitte August teilte die Bima allerdings mit, dass das Angebot der Mieter/innen keine Berücksichtigung im Bieterverfahren finden werde.      

 

Weitere Informationen und Kontakt:
www.ig-groka.de


MieterEcho 369 / September 2014

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