Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 367 / Mai 2014

Auf dem Weg zu einem neuen kommunalen Wohnungsbau

Oder: Warum der direkte Schutz der Bestandsmieten nicht
reichen wird, um die wohnungspolitischen Probleme zu lösen

Von der Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau                                    

Berlin braucht einen neuen Wohnungsbau. Diese Tatsache lässt sich inzwischen nicht mehr leugnen. Allein um den Zuzug in die Stadt zu kompensieren, müssten dem Senat zufolge jährlich über 10.000 neue Wohnungen geschaffen werden. Während der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in der gesamten Stadt spürbar ist und der Druck auf die Bestandsmieten enorm steigt, ist eine Lösung dieser Probleme von der etablierten Politik nicht zu erwarten. Statt innovative und nachhaltige Ansätze zu entwickeln, werden verhaltene Förderkonzepte präsentiert, die in ihrer Logik stark an das System des alten sozialen Wohnungsbaus erinnern – mit all seinen Schwächen und Fehlern.                                     


Die Kämpfe von Mieter/innen gegen Verdrängung und steigende Mieten sind zahlreich und bitter notwendig. Allein im Bestand lassen sich die derzeitigen Wohnungsmarktprobleme jedoch nicht lösen. Selbst der Druck von unten und die Anwendung sämtlicher mietpreisdämpfender Instrumente kann die Schaffung neuer und bezahlbarer Wohnungen nicht ersetzen. Der Mieterprotest braucht angesichts dieser dramatischen Lage ein weiteres Standbein, nämlich die Ausarbeitung und Propagierung eines klugen Neubaukonzepts, das den Wohnungsbau nicht dem Bestandsschutz gegenüberstellt, sondern ihn als Teil desselben begreift.                 

Die von der Berliner MieterGemeinschaft ins Leben gerufene „Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau“ nimmt sich dieser Herausforderung an und wird sich in den kommenden Monaten aktiv in die wohnungspolitischen Debatten dieser Stadt einmischen. Ihr Ziel ist es, im Interesse der Mieter/innen eine eigene Position in der bisher weitgehend vom Senat und der Immobilienwirtschaft dominierten Neubaudiskussion zu erarbeiteten. Im Zentrum steht dabei die Forderung nach einem „kommunalen Wohnungsbau“.                                                        

Öffentlich Bauen statt Private fördern            

Kommunaler Wohnungsbau bedeutet, Wohnraumversorgung als Aufgabe zu begreifen, die in die öffentliche Hand gehört. Von den privaten Akteuren ist eine Beseitigung des Wohnungsmangels nicht zu erwarten. Ihnen kann und darf daher nicht allein der Bau neuer Wohnungen überlassen werden. Angesichts einer Mangellage, wie sie derzeit in Berlin existiert, ist es notwendig, Wohnungen im kommunalen Eigentum zu errichten. Werden öffentliche Mittel zur Schaffung von Wohnraum eingesetzt, dann dürfen sie nicht in den Taschen privater Akteure verschwinden. Genau das ist im deutschen Fördersystem des sozialen Wohnungsbaus leider über Jahrzehnte passiert. Private Bauträger erhielten Darlehen und Zuschüsse, mittels derer für einen gewissen Zeitraum Mietpreis- und Belegungsbindungen erkauft wurden. Nach dem Auslaufen der Förderung blieben die Wohnungen dauerhaft im privaten Eigentum. Speziell in Berlin wurden häufig absurd hohe Baukosten genehmigt, die zu ebenfalls absurd hohen Kostenmieten führten. Das belastet nicht nur die öffentlichen Kassen, sondern konfrontiert auch die Sozialmieter/innen nach dem Auslaufen der Anschlussförderung mit einer exorbitanten Mietbelastung. Diese Fehler dürfen nicht wiederholt werden. Vielmehr muss sich von dem im europäischen Vergleich exotischen deutschen Fördersystem als solchem verabschiedet werden. Ein nachhaltiger, öffentlich finanzierter Wohnungsbau muss Wohnraum schaffen, der dauerhaft im öffentlichen Eigentum verbleibt und so bezahlbare Mieten garantiert und eine politische Regulierung des Wohnungsmarkts ermöglicht. Um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen, sind fundierte wohnungspolitische Positionen und die Schaffung einer breiten gesellschaftlichen Basis notwendig. Die „Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau“ wird auf den in Kürze stattfindenden Mitgliedertreffen der Berliner Mieter-Gemeinschaft ihre diesbezüglichen Standpunkte vor und zur Diskussion stellen. Interessierte aus den Bezirken sind herzlich eingeladen, an diesem Projekt mitzuwirken. (pm)                  

 


MieterEcho 367 / Mai 2014

Schlüsselbegriffe: kommunaler Wohnungsbau, Berlin, Bestandsmieten, Förderkonzepte, Wohnungspolitik, Mieterprotest, Neubaukonzept, Bestandsschutz, Berliner MieterGemeinschaft, Wohnraumversorgung, Wohnungsmangel, Belegungsbindung, Kostenmieten, Anschlussförderung, öffentlich finanzierter Wohnungsbau

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10963 Berlin

Tel.: 030 - 21 00 25 84
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