Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 364 / Dezember 2013

„Wir fordern eine Ausweitung des Council Housing“

Die Kampagne Defend Council Housing (DCH) steht seit 15 Jahren für eine breite und erfolgreiche Organisierung von Mieter/innen

 

Interview mit Eileen Short von der Kampagne DCH    

                                    

MieterEcho: Wie kam es zur Gründung von DCH?                  

 

Eileen Short: Im Council Housing haben Mieter/innen sichere Mietverhältnisse, niedrige Mieten, gute Standards und umfassende Rechte. Das alles gilt es zu verteidigen. Der Politik gelang es in den 90er Jahren, viele der ehemals starken und gut organisierten traditionellen Mieterorganisationen unter Kontrolle und auf einen privatisierungsfreundlichen Kurs zu bringen. Das machte die Gründung von DCH notwendig. Zunächst organisierten sich einzelne Mieterinitiativen, die sich gegen die Privatisierung ihrer Bestände wehrten. Aus diesen Basisbewegungen heraus kam es 1998 zur Gründung der landesweiten Kampagne. DCH hat ein gewähltes Nationalkomitee und örtliche Gruppen. Wir werden unterstützt von Gewerkschaften, von Beschäftigten der Kommunen sowie von Politikern, die die Privatisierungspolitik konsequent ablehnen. Wo es sich ergibt, arbeiten wir mit den traditionellen Mieterorganisationen zusammen, bleiben aber stets selbstständig. DCH hat klare politische Positionen, ist aber parteipolitisch unabhängig.                                                


Wie genau sieht die Arbeit von DCH aus?                            

 

Wichtig ist uns, dass möglichst viele mitmachen können. Konkret geht es vor allem um die Mobilisierung und Organisierung der Mieter/innen in den bedrohten Beständen. Wir drucken Zeitungen, verteilen Flugblätter und unterstützen Gruppen vor Ort beim Aufbau neuer Strukturen. Die Stärke von DCH liegt darin, dass die Organisation in den betroffenen Wohnungsbeständen verankert ist und gleichzeitig auf politischer Ebene konkrete und realistische Alternativen zu den von der Regierung angebotenen Privatisierungen macht. Wir fordern Investitionen in die Bestände, etwa um die Energiestandards zu erhöhen und für die Instandhaltung, sowie eine Ausweitung des Council Housing.                                                        


Welche Erfolge gab es und wo steht DCH heute?      
             

 

Etwa ein Viertel der Privatisierungsversuche konnten wir abwehren, indem wir die Mieter/innen dazu brachten, dem mit der Privatisierung verbundenen Wechsel des Mietverhältnisses nicht zuzustimmen. Und das, obwohl die Privatisierungsverfechter mit miesen Tricks und enormen finanziellen Mitteln versucht haben, die Mieter/innen um den Finger zu wickeln. Dadurch existieren heute immer noch knapp zwei Millionen Wohnungen im Council Housing. Auch wenn das häufig beschworene „Ende des Council Housing“ nicht eintrat, wird nur minimal neu gebaut, die Bestände haben sich dezimiert und die Bedrohung hält an. Aktuell wird in drei bis vier Regionen aktiv gegen die Privatisierung gekämpft. Die gegenwärtige Regierung fährt einen großangelegten Angriff gegen die Sicherheit der Mietverhältnisse und versucht, die Rechte der Mieter/innen einzuschränken sowie die Mietzuschüsse zu kürzen. Deshalb ist es wichtig, den Druck aufrecht zu erhalten. Aktuell sind wir in der Bewegung gegen die Bedroom Tax sehr aktiv.                                        

 

Welche Zukunft sehen Sie für Council Housing?                    

 

Zugegeben, die Zeiten sind rau. Council Housing ist nach wie vor bedroht und die kollektive Organisierung der Mieter/innen wurde durch die Privatisierungen geschwächt. Dennoch ist die Ideologie der Privatisierung heute stark angeschlagen. Das liegt zum einen am Widerstand und zum anderen an der derzeitigen Wohnungskrise. Die seit 20 Jahren von den Regierungen verwendete Rhetorik liefert keine Lösung. Heute stehen vier Millionen Bewerber/innen auf den Wartelisten des Council Housing. Zahlreiche Mieter/innen im privaten Wohnungsbau sowie viele der hoch verschuldeten Wohnungseigentümer/innen wären froh, dort eine Wohnung zu bekommen. Das Bauen von neuen Wohnungen im Council Housing ist der einzige Weg, um die Wohnungen zu schaffen, die diese Leute brauchen: gut, günstig und mit sicheren Mietverhältnissen.

                                

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Interview und Übersetzung aus dem Englischen: Philipp Mattern.

 

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wohnen in der Krise. Neoliberalismus – Kämpfe - Perspektiven“ berichteten am 21. November 2013 Eileen Short von Defend Council Housing und Paul Watt von der Birkbeck Universität London über „England – Hohe Mieten statt Wohnungsbau“.

Dokumentation, Videos und weitere Informationen:

www.youtube.com/WohneninderKrise

www.bmgev.de/politik/wohnen-in-der-krise.html


MieterEcho 364 / Dezember 2013

Schlüsselbegriffe: Defend Council Housing, DCH, Council Housing, Mieterorganisation, Mieterinitiativen, Privatisierung, Bedroom Tax, privater Wohnungsbau

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