Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 360 / Mai 2013

Veolia adieu!

Berliner Wassertisch startete Kampagne gegen den verbliebenen
privaten „Partner“ der Berliner Wasserbetriebe

Von Benedict Ugarte Chacón   

Die Berliner Wasserbetriebe wurden 1999 zu  49,9% an die Konzerne RWE und Vivendi (heute Veolia) verkauft. Das diese Teilprivatisierung regelnde Vertragswerk blieb geheim, bis der Wassertisch im Jahr 2011 mit einem Volksentscheid die Offenlegung erzwang. Den Privaten wurde im Vertrag nicht nur eine Rendite in bestimmter Höhe garantiert, sondern trotz ihrer Minderheitsbeteiligung auch die Unternehmensführung zugestanden. Im Oktober letzten Jahres beschloss das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD und CDU den Rückkauf der RWE-Anteile zum Preis von 618 Millionen Euro (MieterEcho Nr. 356/ September 2012).                                    

Nach diesem von den einstigen Privatisierungsparteien SPD und CDU als „Rekommunalisierung“ bezeichneten Rückkauf der RWE-Anteile bleibt ein Problem: Die Privatisierungsverträge gelten nach wie vor und damit bleiben sowohl die Gewinngarantie für Veolia als auch die unternehmerische Führung durch den verbliebenen privaten „Partner“ bestehen. Dass Veolia trotz seiner Beteiligung von lediglich 24,9% weiterhin über das Schicksal der gesamten Wasserbetriebe entscheiden kann, ist nicht nur absurd, sondern zeigt, in welche Situationen sich die öffentliche Hand mit Public-Private-Partnership (PPP) manövrieren kann. Weil es sich beim Kauf der RWE-Anteile nicht um eine wirkliche Rekommunalisierung handelt, protestierten Mitglieder des Wassertischs während der Abstimmung im Plenarsaal und ließen Flugblätter auf die Abgeordneten herunterregnen. Anlässlich des diesjährigen Weltwassertags am 22. März begann die Initiative ihre neue Kampagne „Veolia adieu!“ mit Protestveranstaltungen am Brandenburger Tor und vor der Veolia-Zentrale. In ihrer Rede kritisierte die Wassertisch-Mitbegründerin Dorothea Härlin nicht nur den an RWE gezahlten überhöhten Kaufpreis, sondern auch die nach wie vor zu starke Position Veolias bei den Wasserbetrieben: „Sobald private Konzerne mit im Geschäft sind, entmachtet sich die Politik freiwillig. Deshalb sagen wir ab dem heutigen Tag: Veolia adieu!“ Immerhin handle es sich bei Veolia um den weltweit größten Wasserkonzern, der gemeinsam mit Suez „zwei Drittel allen privaten Wassers auf diesem Planeten in Händen hält“. Nach Recherchen des Wassertischs ist Veolia mit Tochterfirmen in mindestens 35 deutschen Kommunen an der Wasserversorgung beteiligt.                                

Paris als positives Beispiel        

Die Behauptung Veolias, man würde als privater Partner dafür sorgen, dass sich die Belastungen der Kommunen in Grenzen halten, würde in Berlin nicht zutreffen, so der Wassertisch. Im Gegenteil seien seit der Teilprivatisierung die Wasserpreise um 35% gestiegen und gehörten nun zu den höchsten im deutschen Städtevergleich. Aus diesem Grund erging im Sommer 2012 eine Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts gegen die Berliner Wasserbetriebe. Aus den Erfahrungen mit Veolia sei klar, dass ein solches PPP-Modell „in Wirklichkeit nur der garantierten Rendite der Privaten dient“. Der Erhalt und der Ausbau der betriebsnotwendigen Infrastruktur ließen sich mit einer auf den schnellen Profit ausgerichteten Strategie nicht vereinbaren. Daher fordert der Wassertisch das Land Berlin auf, sich an der Rekommunalisierung der Wasserversorgung nach dem Pariser Modell zu orientieren. Dort wurden Veolia und Suez 2010 die Konzessionen entzogen und die Wasserversorgung wieder von der Stadt übernommen. Zudem wurde ein demokratisches Kontrollgremium installiert, welches zumindest eine gewisse Partizipation zulässt. Allerdings ist dabei zu bedenken, dass eine Rekommunalisierung nach diesem Modell nicht automatisch zu niedrigeren Wasserpreisen führt – zumindest in Paris war dies bislang nicht der Fall.      

 


MieterEcho 360 / Mai 2013

Schlüsselbegriffe: Berliner Wasserbetriebe, Veolia, Berliner Wassertisch, RWE, Teilprivatisierung, Rekommunalisierung

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