Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine Überschreitung der Oberwerte mehr.“
Was bedeutet der neue Berliner Mietspiegel 2013 für Mieter/innen?
Interview mit Gerhard Eichmann
Gerhard Eichmann nahm als Vertreter der Berliner MieterGemeinschaft an der Mietspiegelrunde teil. |
MieterEcho: Mehrere der vergangenen Mietspiegelrunden endeten mit einem Ausstieg der Mieterverbände aus den Verhandlungsrunden. Das war beim aktuellen Mietspiegel 2013 nicht der Fall. Konnten die Mieterorganisationen ihre Interessen durchsetzen?
Gerhard Eichmann: Die Mieter/innen haben Verhandlungserfolge aufzuweisen. Nur bei gehäuftem Vorliegen von Sondermerkmalen kann in wenigen Einzelfällen der Oberwert eines Mietspiegelfelds überschritten werden. Sondermerkmale werden nicht mehr für alle Wohnungen einheitlich, sondern nach Baualtersklassen getrennt ausgewiesen. In der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung gibt es nun die wohnwertmindernden Merkmale „kleines Bad“ und „kein Balkon“. Durch die Anwendung der Orientierungshilfe kann der Oberwert nicht mehr überschritten werden. Diese Forderungen konnten wir nun erstmals nach mehreren Mietspiegeln durchsetzen.
Was können Berliner Mieter/innen vom neuen Mietspiegel erwarten?
Trotz aller Bemühungen, einen möglichst „gerichtsfesten“ Mietspiegel auf den Weg zu bringen, finden sich nach Inkrafttreten eines jeden Mietspiegels Richter aller Instanzen, die Steine in den Weg werfen, statt genau hinzusehen, was sie eigentlich in den Händen halten. Auch erwarten viele Mieter/innen von uns eine „Mietenbremse“, aber dazu sieht das Gesetz den Mietspiegel leider nicht vor. Der neue Mietspiegel ist wie auch die früheren ein Begründungsmittel für Mieterhöhungen und ein Beweismittel für die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen, die vom qualifizierten Mietspiegel umfasst werden, und das sind erheblich mehr geworden. Durch die Ausweisung von Zu- und Abschlägen gibt es deutlich weniger Leer- und Sternchenfelder, die nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels sind. Der Mietspiegel versetzt Mieter/innen in die Lage, sich gegen überzogene oder unberechtigte Mieterhöhungen zu wehren. Mehr sieht das Gesetz bis heute nicht vor. Wer Neuvermietungsmieten an den Mietspiegel binden will, muss dies im Gesetz verankern.
Welche Entwicklung zeichnet sich durch den Mietspiegel bei den Mietpreisen ab?
Der Senat spricht von moderaten Mietsteigerungen. Die Vermieter finden die Neuvermietungsmieten aus den Zeitungen kaum wieder. Berliner Mieter/innen müssen zu Kenntnis nehmen, dass es sich mittlerweile im Ruhrgebiet billiger wohnt als bei uns. Altbauwohnungen, früher unsere „eigentlichen Sozialwohnungen“ genannt, sind richtig teuer geworden. Die Mieten in einfacher Wohnlage sind überproportional gestiegen. Bei kleinen und mittleren Wohnungsgrößen zeigt sich ein deutlicher „Hartz-Effekt“, denn durch die zunehmenden Umzugsaufforderungen der Jobcenter verteuern sich die Mieten in einfacher Wohnlage sowie bei kleinen und mittelgroßen Wohnungen. Der Spannenraum, das heißt die Differenz zwischen Unter- und Oberwert, hat sich in den meisten Feldern stark vergrößert. Die höchste Nettokaltmiete, die der neue Mietspiegel hergibt, liegt bei 12,02 Euro/qm im Monat mit dem Oberwert des Mietspiegelfelds L7 plus Zuschlag für Baualtersklasse 2003 bis 2011.
Welche Konsequenzen müssten gezogen werden?
Die zunehmende Verknappung von bezahlbarem Wohnraum zeichnet sich deutlich ab. Preisgünstiger Neubau lässt weiter auf sich warten. Das Land Berlin ist in der Bestandspolitik gefordert: Zweckentfremdungsverbot gegen Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum, Ausweitung der Kündigungssperrfrist bei Eigenbedarfskündigungen auf zehn Jahre für alle Bezirke und Absenkung der Kappungsgrenze für den gesamten preisfreien Wohnraum auf 15%. Auf diesen Gebieten kann Berlin selbstständig handeln. Und nicht zu vergessen: Im Herbst sind Bundestagswahlen und im Bundestag wird die Mietgesetzgebung gemacht.
MieterEcho 360 / Mai 2013
Schlüsselbegriffe: Berliner Mietspiegel 2013, Gerhard Eichmann, Mietspiegelrunde, Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung, Sondermerkmale, Baualtersklassen, Zweckentfremdungsverbot, Bestandspolitik, Eigenbedarfskündigungen, Kündigungssperrfrist, Kappungsgrenze