Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Abseits vom Richtertisch

Eine mit Mietrechtsangelegenheiten befasste Richterin hält Vorträge bei der Eigentümerlobby

Von Clemens Berg            

Es gehört in manchen Zusammenhängen mittlerweile zum guten Ton, die angebliche Überlastung der Justiz zu beklagen. Nichtsdestotrotz sind manche Richter in der Lage, mehr oder weniger umfangreichen Nebentätigkeiten nachzugehen. Diese sind anzeigepflichtig und beinhalten beispielsweise Lehr-, Prüf- oder Fortbildungstätigkeiten sowie gutachterliche Aufträge. Grundsätzlich ist nichts gegen Nebentätigkeiten von Richtern einzuwenden – so lange ihre eigentliche Arbeit nicht zu kurz kommt.          

Abgesehen vom Umfang der Nebentätigkeiten ist die Frage interessant, in welchem Zusammenhang Richter diese erbringen. Da ist zum Beispiel die seit dem Jahr  2000 als Vorsitzende der Zivilkammer  63 des Landgerichts Berlin fungierende Richterin Regine Paschke, die auch für Mietsachen zuständig ist. Neben ihrer Tätigkeit am Landgericht tritt sie als Referentin auf. So etwa bei einer Tagung des Verbands nordrhein-westfälischer Immobilienverwalter (VNWI) im Jahr 2008. Der VNWI begreift sich als „eine starke berufsständische Interessenvertretung“ für Immobilienverwalter. In seiner Selbstdarstellung heißt es: „Der VNWI e.V. unterstützt und berät professionelle Immobilienverwalter bei ihrer täglichen Arbeit in allen juristischen, kaufmännischen und technischen Fragen.“ Weiterhin zählt der Verband „zielgerichtete Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit“ zu seinen Leistungen. Im Bericht zum „IX. Kölner Verwalterforum“ am 9. Februar  2008 wird ein Vortrag von Paschke erwähnt. Dieser  soll als Thema das Mietrecht „unter dem Gesichtspunkt des Spannungsverhältnisses zwischen den überforderten Vermietern, den fordernden Mietern und der Rolle des Verwalters dazwischen“ gehabt haben. „In ihrem amüsanten Vortrag mangelte es nicht an eindrucksvollen Beispielen, die wieder einmal klar machten, dass  gerade Mietstreitigkeiten oftmals nur  Ausdruck sonstiger Probleme der Parteien sind.“       

Seminar über Mieterhöhungen    

Die Immobilienverwaltungs-Lobby scheint es der Richterin angetan zu haben. Für den Berlin-Brandenburger Landesverband des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) trat Pasch-ke im April 2012 im Rahmen eines Seminars mit dem Titel „Wohnungsmietrecht aktuell – neueste Rechtsprechung und Praxishinweise für Verwalter von Mietwohnungen“ auf und referierte laut Veranstaltungseinladung zu den Themen Mieterhöhung, Mietminderung, Modernisierung und Betriebskosten. Der BFW versteht sich selbst als regionaler „Spitzenverband der privaten unternehmerischen Immobilienwirtschaft“ und sieht seine Aufgaben unter anderem in der „Öffentlichkeitsarbeit zur Imageförderung der Branche“ sowie der „Mitwirkung an Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahren“. Im Januar dieses Jahres wandte sich der Verband gemeinsam mit der IHK gegen die geplante Zweckentfremdungsverbotsverordnung, mit dem das Problem der als Ferienwohnungen vermieteten Wohnungen angegangen werden soll. Neben ihrer Referententätigkeit ist Paschke auch publizistisch tätig. So unterhält sie eine eigene Kolumne in Das Grundeigentum, einer Fachzeitschrift für Haus- und Grundbesitzer sowie Makler.        

Frage nach Befangenheit        

Mittlerweile erlangen die Aktivitäten der Richterin eine gewisse öffentliche Aufmerksamkeit. Nachdem das MieterEcho-Online über Paschkes Nebentätigkeiten berichtet hatte, befasste sich der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses in seiner Sitzung am 13. März auf Anfrage der Piratenfraktion damit. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) gab an, dass ihm dieser „Einzelfall“ nicht bekannt sei und er diesen zunächst nur grob beurteilen könne. Dennoch lägen solche Tätigkeiten „immer in einer Grauzone“. Ob der Fall ein parlamentarisches Nachspiel haben wird, ist zurzeit noch offen.      

Die Frage nach einer möglichen Befangenheit der Richterin stellte auch der Tagesspiegel in seiner Berichterstattung über ein Urteil, das Paschke Ende März im weit beachteten Prozess zu den Baumaßnahmen betreffend der Calvinstraße 21 in Moabit (MieterEcho Nr. 352/ Januar 2012) gefällt hatte. Nach  Ansicht Paschkes waren die von den Mieter/innen wegen Bauarbeiten vorgenommenen Mietminderungen unrechtmäßig. Schließlich hätten sie ja damit rechnen müssen, dass in der Umgebung ihres Hauses irgendwann einmal gebaut werden würde.


Schlüsselbegriffe: Nebentätigkeiten, Richterin Regine Paschke, Mietrecht, Landgerichts Berlin, Eigentümerlobby, Zweckentfremdungsverbotsverordnung, Immobilienverwalter, Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen

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