Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 354 / Mai 2012

Zwischen Programm und Politikdienstleistung

Die Partei Die Linke will Mieten und Wohnen auf die Tagesordnung der Bundespolitik setzen und deshalb eine „wohnungspolitische Offensive“ starten

Christian Linde


Mit ihrem neuen Vorhaben distanziert sich die Parteiführung inhaltlich von der Privatisierungs- und Wohnungspolitik wie sie von ihrem Landesverband in Berlin betrieben wurde. An die Spitze der Bundesarbeitsgemeinschaft Städtebau- und Wohnungspolitik der Partei Die Linke tritt jedoch mit der ehemaligen Berliner Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher ausgerechnet eine der Vertreter/innen aus dem Kreis der Politikdienstleister/innen des Forums demokratischer Sozialismus, die für die Berliner Politik der Entsozialisierung des Wohnungsmarkts verantwortlich zeichneten.

Grund für die wachsende Sensibilität der Bundespartei Die Linke sind nicht nur die alarmierenden Zahlen zur Wohnraumversorgung, insbesondere in den Ballungsgebieten und Großstädten (siehe auch Seite 14), sondern auch die letzten Wahlergebnisse in Berlin. „Der Parteivorstand der Linken ruft die Landesverbände, Landtagsfraktionen sowie linke KommunalpolitikerInnen auf, die Anstrengungen im Kampf gegen Mietenexplosionen, sozialer Verdrängung, für mehr Sozialwohnungen und öffentlichen Wohnungsbau, gegen die Privatisierung von öffentlichem Wohnraum sowie gegen Zwangsräumungen von Hartz-IV-Bezieherinnen und -Beziehern zu verstärken und wird diese Anstrengungen unterstützen“, heißt es in einem Beschluss des Parteivorstands. „Die Wohnungswirtschaft wird seit Jahrzehnten ‚entsozialisiert’ und ausschließlich den Gesetzen des Marktes und den Vermieter-Interessen unterworfen. Marktkonforme Wohnungspolitik ist die fatale Grundorientierung der Bundesregierung“, stellt ein Positionspapier fest, vergisst aber zu erwähnen, dass damit auch die Regierungspraxis der rot-roten Koalition in Berlin beschrieben wird.

„Wohnen als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge“

Jetzt, frei von aller Verantwortung, verlangt Die Linke eine grundlegende Neuausrichtung der Wohnungspolitik. „Wir wollen, dass die Wohnungspolitik sich nicht dem Diktat der Marktgesetze unterwirft. Da wir Wohnen als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge verstehen, muss auch hier das Primat der Politik gegenüber der Ökonomie durchgesetzt werden. Der Linken geht es um die Wiederherstellung der sozialen Funktion der Wohnungspolitik und Beschränkung von Verfügungsrechten des Eigentümers.“ Weiterhin tritt die Partei für eine Reform der Kommunalfinanzen ein, die es den Kommunen ermöglicht, bereits privatisierte Bestände zurückzukaufen. Der Anteil von Wohnungen in öffentlicher Hand oder von Genossenschaften soll durch „gezielten“ Wohnungsbau erhöht werden. Bis zu 20% der Wohnungsbestände sollen zukünftig als Sozialwohnungen vorgehalten werden.

Mietpreisbindung und Begrenzung von Mieterhöhungen

Gefordert wird die Wiedereinführung der Mietpreisbindung bei öffentlichen, öffentlich geförderten und steuerlich begünstigten Wohnungen, die Begrenzung von Mieterhöhungen auf den Rahmen des Inflationsausgleichs sowie ein gänzliches Verbot von Preissteigerungen bei Mieterwechsel. Außerdem soll eine Mietobergrenze eingeführt werden, die einen Rechtsanspruch auf eine Miete in Höhe von 30% des durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens für Bestands- und Neuvertragsmieten erzeugt. Auch die Rekommunalisierung von privatisierten Wohnungsbeständen und Unternehmen der Ver- und Entsorgung will die Bundespartei Die Linke für das Ziel einer gemeinwohlorientierten Wohnungsversorgung erreichen.            

Das klingt alles sehr schön.    

Der Berliner Landesverband der Linken hatte jedoch die vergangenen zehn Jahre emsig genutzt, genau das Gegenteil von dem zu tun, was jetzt die Bundespartei fordert. Anfang März entschied sich zudem die Mehrheit der Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft Städtebau- und Wohnungspolitik der Partei Die Linke in einer Kampfabstimmung bei der Neubesetzung des Sprecherpostens mit Katrin Lompscher ausgerechnet für die Kandidatin, die in der rot-roten Koalition in den zurückliegenden zehn Jahren durch eine konsequente Privatisierungspolitik die Mietpreisexplosion und die angespannte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt mitverursachte. Rückendeckung erhielt dabei die Ex-Verbraucherschutzsenatorin von prominenten Vertreter/innen des neoliberalen und privatisierungsfreundlichen Forums demokratischer Sozialismus (FdS), wie Caren Lay und Halina Wawzyniak.

 


MieterEcho 354 / Mai 2012

Schlüsselbegriffe: Die Linke, Berlin, Privatisierungpolitik, Wohnungspolitik, Entsozialisierung, Wohnungsmarkt, Wohnraumversorgung, öffentliche Daseinsvorsorge

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