EDITORIAL (Juli 2011)
Einleitung zum MieterEcho Nr. 348
Liebe Leserinnen und Leser,
wenn sich das MieterEcho mit Tourismus beschäftigt, sind nicht die zerschlagenen Flaschen, nicht die in den Ballermann-Tourismus abgleitenden Gesänge auf der Straße – vornehmlich dann, wenn Berliner/innen schlafen möchten oder sich von ihren mies bezahlten Jobs erholen müssen –, auch nicht die unzähligen Kneipen Anlass, sondern die Lücken im ohnehin schon viel zu knappen Wohnungsangebot, die durch Ferienwohnungen noch weiter vergrößert werden. Dieses Statement muss vorausgeschickt werden, weil allen, die eine Wohnung suchen und im Internet die tollen Ferienwohnungsangebote sehen und fluchen, entgegengehalten wird, sie seien fremdenfeindlich. Welch eine Infamie.
In Berlin bilden sich bei einer angebotenen Wohnung Schlangen oft bis zu hundert Bewerber/innen und im Nachbarhaus warten schicke „Appartements in Citynähe“ als Ferienwohnungen auf Nachfrage von Touristen.
Wenn der Senator für Wirtschaftspolitik Harald Wolf (Die Linke) ausschließlich wirtschaftliche Erfolge in der Touristenindustrie sucht, dann hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für die Unterbringung der Gäste Sorge zu tragen, ohne der Berliner Bevölkerung zukünftig einen Platz unter den zahlreichen Brücken zu reservieren.
Aber eine Wohnungsplanung gibt es in Berlin nicht. Öffentlicher Wohnungsbau ist für die rot-rote Koalition Tabu.
Die Jobs, die in der Touristenindustrie entstehen, nimmt Sebastian Riesner, Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, unter die Lupe (siehe Artikel „Es gibt nichts, was es nicht gibt“), und die Verwandlung von ehemals für den Lebensalltag als nützlich empfundenen Einrichtungen in touristische Attraktionen kann am Beispiel des „Türkenmarkts“ am Maybachufer studiert werden (Seite 10).
Die Touristen sind nicht das Problem. Das Problem ist eine Politik, die mit den Geistern der Tourismusindustrie, die sie rief, nicht umzugehen vermag.
Weil die Redaktion des MieterEchos zum Problem Ferienwohnungen gern mehr erfahren möchte, bittet sie alle Mitglieder und Leser/innen um Mitteilungen auf unserer Website. Dort ist eine Umfrage zum Thema Ferienwohnungen eingerichtet: www.bmgev.de/politik/wohnungsmarkt/ferienwohnungen-umfrage.html
Wir bedanken uns schon jetzt vorab bei allen, die uns bei unserer Recherche unterstützen.
Ihr MieterEcho
MieterEcho 348 / Juli 2011
Schlüsselbegriffe: Tourismus, Ferienwohnungen, Harald Wolf, Wohnungsbau, Sebastian Riesner, Umfrage