Editorial
Einleitung zum MieterEcho Nr. 349
Liebe Leserin und Leser,
„Würden Wahlen etwas ändern, wären sie verboten“, sagt der Volksmund. Recht hat er, was die Voraussetzung, dass Wahlen nichts ändern, betrifft. Jedenfalls nicht in Berlin und nicht in der Wohnungspolitik.
Die Allparteienkoalition in Sachen wohnungspolitischer Abstinenz wird auf jeden Fall auch nach dem 19. September 2011 ihre Fortsetzung finden.
Einzig die Einfärbung wird sich ändern. Statt Rot-Rot kann Rot-Schwarz oder Rot-Grün erwartet werden, vielleicht auch Grün-Schwarz. In welcher Couleur die nächste Regierung aber auch antritt: Die Leistungen der rot-roten Koalition, nämlich die Verknappung des Wohnungsangebots, steigende Mieten und exzellente Verwertungsbedingungen auf dem Immobilienmarkt für Spekulanten aus aller Herren Länder werden fortgesetzt. Zu den nachhaltigsten Erfolgen der rot-roten Koalition gehört die Beseitigung des Sozialen Wohnungsbaus. Eine historische Epoche sozialen Fortschritts wurde von der Sozialdemokratie und der Nachfolgerin der KPD generös dem Müllhaufen der Geschichte überantwortet. Öffentliche Wohnungsbestände wurden massenweise privatisiert und jede auch nur kleine mietpreisdämpfende Regelung gemieden, als sei es Teufelswerk.
In Erinnerung werden die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und ihr vermieterfreundliches Wirken in den Mietspiegelrunden bleiben und – nicht zuletzt – ihre Sprüchlein über den entspannten Wohnungsmarkt und die höheren Mieten in München.
Der Warnruf der Berliner MieterGemeinschaft. „Vorsicht Wohnungsnot!“ erreicht noch längst nicht die Ohren der Mandatsträger in den Parteien.
Noch nicht. Am 3. September 2011 wurde er von den vielen tausend Teilnehmer/innen der ersten großen Protestdemonstration gegen steigende Mieten verstärkt.
Die Demonstration war ein großer Erfolg, zu dem das MieterEcho den Vorbereitungsgruppen seine solidarischen Glückwünsche ausspricht. Nur durch den außerparlamentarischen Protest kann vermieden werden, dass der Weg von der drohenden Wohnungsnot zum Wohnungselend fortgesetzt wird.
Außerparlamentarische Strukturen bilden sich in der Stadt. Sie gilt es zu stärken. Deshalb unterstützt das MieterEcho alle Stadtteilinitiativen und wird sie von der nächsten Ausgabe an vorstellen. Damit ist der Appell an alle Leser/innen verbunden, sie zu unterstützen oder sogar in ihnen mitzuarbeiten.
Berlin darf nicht nur für Touristen attraktiv sein. Diese Stadt gehört ihren Bewohner/innen, und für sie muss sie lebenswert und vor allem bezahlbar sein.
Ihr MieterEcho
MieterEcho 349 / September 2011
MieterEcho 349 /
Schlüsselbegriffe: Wahlen, rot-rote Koalition, Wohnungspolitik, Privatisierung, Protest, außerparlamentarische Strukturen, Stadtteilinitiativen