Das gibt Krach
Unverträglich: Hostel zwischen Wohnhäusern
Susanne Torka, B-Laden Lehrter Straße
Wie wichtig weitblickende Stadtplanung ist, zeigt sich gerade dort, wo sie misslingt und problematische Situationen deshalb entstehen, weil sich einzelne privatwirtschaftliche Interessen durchsetzen. So auch an der Lehrter Straße, wo ein 850-Betten-Hostel inmitten von Wohnhäusern gebaut wurde.
Das A&O-Hostel in der Lehrter Straße wurde in einem sogenannten beschränkten Arbeitsgebiet ohne Bebauungsplan genehmigt. Eigentlich sind Wohnhäuser in diesem Gebiet illegal, und das seit mehr als 100 Jahren. Die Anwohner/innen der Lehrter Straße protestierten (MieterEcho Nr. 337, Dezember/2009). Im November 2008 zogen sie „gegen den Ausverkauf“ ihrer Straße mit Möbeln auf eine kleine Grünfläche, um zu demonstrieren, dass man hier bald nur noch ausziehen könne. Die Kommunalpolitik reagierte und die Bezirksverordnetenversammlung beschloss, die Lehrter Straße als Wohnstraße zu stärken und weiter zu entwickeln. Zu diesem Zweck finden im Rahmen des Förderprogramms Stadtumbau-West regelmäßig Zukunftswerkstätten statt. Ob das indes die Planungen verbessert, muss sich noch zeigen.
Nächtliche Lärmbelästigungen
Das Verwaltungsgericht bestätigte 2009 die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung für das Hostel. Geklagt hatte die Degewo, Vermieterin von ca. 100 benachbarten Wohnungen. Ihr wurden in einem Vergleich folgende Zusagen seitens des Hostel-Betreibers gemacht: keine Nutzung der Dachterrasse, Pflanzung einer Hecke zum Nachbargrundstück, keine Einfahrt für Busse nach 22 Uhr und Einhaltung der Nachtruhe. Noch bevor das Gebäude komplett fertig gestellt war, eröffnete A&O im Sommer 2010 die ersten 100 Zimmer. Die Anwohner/innen beschwerten sich umgehend über nächtlichen Lärm aus den Fenstern, laut diskutierende Raucher vor dem Eingang, grölende Jugendgruppen, Mülltransporte mit scheppernden Rollwagen und vorfahrende Busse in der Nacht usw. Die Anwohner/innen organisierten sich und fordern mit gemeinsamen Briefen Eingriffe vom Ordnungs- und Umweltamt.
„Das Ende einer Stadt“
Oliver Winter, der Geschäftsführer der A&O Hostels, erklärte, dass die Entwicklung des Quartiers für die Stadt einen höheren Stellenwert habe, „als die Interessen der Mieter, die dort wohnen und ihre Lebensqualität mit der Zeit vergleichen, als die Lehrter Straße das Ende einer Stadt war“. Sie sollten doch wieder ans Ende der Stadt ziehen, wenn sie die Vorzüge nicht erkennen würden. Falls sie das nicht einsehen wollten, käme es zum Dauerkonflikt*. Wenn die Beschwerden anhalten, will das Umweltamt Mitte zu einem Runden Tisch einladen.
Gerade bei diesem Grundstück hätte es das Land Berlin eigentlich in der Hand gehabt, für eine verträgliche Entwicklung zu sorgen, denn es war der Liegenschaftsfonds, der das im Zuge der Westtangentenplanung erworbene Grundstück für den Hostelbau verkaufte. Solche städtebaulich wichtigen Schlüsselgrundstücke sollten anderen Kriterien unterliegen, als nur der Landeskasse möglichst hohe Einnahmen zu bringen.
* Der komplette Text des Briefes ist auf MoabitOnline einzusehen
MieterEcho Nr. 346 vom März 2011
Schlüsselbegriffe: A&O-Hostel, Lehrter Straße, Susanne Torka, Hostel, Krach, Lärm, Lärmbelästigung, Touristen, Touristifizierung, Moabit, Stadtumbau-West, Liegenschaftsfonds