Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Schlechtes Klima für Mieter/innen

Für das Energiekonzept der Bundesregierung ist eine Änderung des Mietrechts im Gespräch

Jutta Blume
 

Den Wünschen der Bundesregierung zufolge sollen zukünftig doppelt so viele Wohngebäude energetisch modernisiert werden wie bisher. Strittig ist, wer die Kosten für Wärmedämmungen und neue Heizungen übernehmen soll. Diskutiert wird eine Änderung des Mietrechts und eine höhere Belastung der Mieter/innen.

 

„Mit dem Ziel, verstärkt Energieeffizienzpotenziale im Gebäudebereich zu heben, wird die Bundesregierung das Mietrecht ausgewogen novellieren und für energetische Sanierungen investitionsfreundlicher gestalten. Es ist deshalb auch zu überprüfen, ob und wie auch die Vergleichsmietenregelung geändert werden kann, um Fehlanreize für die Sanierung von Gebäuden zu vermeiden.“ So steht es im Ende September vom Bundeskabinett verabschiedeten Energiekonzept.

Zurzeit wird etwa 1% des Gebäudebestands der Republik jährlich energetisch saniert. Diese Sanierungsrate soll auf 2% erhöht werden, ohne dass es einen Zwang zur energetischen Sanierung geben soll. Um Hauseigentümer dazu zu bewegen, ihre Gebäude energetisch zu sanieren, sind also andere wirtschaftliche Anreize als bisher nötig. Die Regierung spricht davon, ein Förderprogramm „Energetische Städtebausanierung“ bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufzulegen. Gleichzeitig kürzt die Regierung aber das bislang mit 1,4 Milliarden Euro ausgestattete Programm „Energieeffizient sanieren“ auf 436 Millionen im Jahr 2011. Zusätzlich sollen 500 Millionen Euro aus dem Energie- und Klimafonds kommen, in den die Betreiber der Atomkraftwerke künftig als Gegenleistung für die verlängerten Laufzeiten einzahlen sollen.
 

Energetische Sanierung nicht „warmmietenneutral“

Eine Verdoppelung der Sanierungsquote dürfte mit dieser zum Teil noch unsicheren Finanzierung kaum erreicht werden. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet mit 5 Milliarden Euro, die jährlich nötig wären, um die Sanierungsziele der Regierung zu erreichen. Da Fördermittel den Hauseigentümern bisher offenbar keinen ausreichenden Anreiz geboten haben, soll nun Aussicht auf eine schnelle Refinanzierung der Investition über die Mieten wirken. Bundeskanzlerin Merkel spricht in diesem Zusammenhang von einer „fairen Verteilung der Lasten“. Vermieter und Mieter/innen profitieren aber nicht gleichermaßen. Die Deutsche Energieagentur (Dena) rechnet vor, dass höhere Kaltmieten durch die Heizkostenersparnis aufgewogen werden, wenn sich der Energiebedarf um 70% reduziert. Diese 70% sind nach Einschätzung von Claus Michelsen vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle aber eher Zukunftsmusik. Er hat die Energieverbrauchsdaten der letzten 15 Jahre von rund 160.000 Wohngebäuden ausgewertet und kommt zu dem Schluss, dass die Sanierungspotenziale überschätzt werden. Bei den untersuchten Gründerzeitbauten lag der Energiebedarf nach der Modernisierung im Schnitt nur 10% unter dem Ausgangswert. Wohnbauten aus den 50er und 60er Jahren schnitten mit 27% Energieersparnis etwas besser ab. Allerdings liege der Ausgangsverbrauch im unsanierten Zustand mit 160 KWh/qm deutlich unter dem von der Dena angenommenen Wert von rund 250 KWh/qm, so Michelsen.

Die Ergebnisse des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle bedeuten nicht, dass keine höheren Energiestandards möglich wären, aber sie zeigen, was unter den wirtschaftlichen Bedingungen der letzten 15 Jahre realisiert wurde. Eine höhere Umlage der Modernisierungskosten auf die Miete könnte das Bild daher durchaus verändern.
 

Modernisierungsumlage höher als 11%

Bis jetzt können 11% der Modernisierungskosten auf die Miete aufgeschlagen werden. Die Regierung erwägt nun, diesen Betrag zu erhöhen. Das hieße, dass sich die Sanierung für die Vermieter in weniger als neun Jahren amortisieren würde. Um welchen Prozentsatz die Regierung die Umlage der Sanierungskosten erhöhen möchte, ist noch nicht bekannt, ebenso wenig, ob dies lediglich Kosten der energetischen Sanierung oder auch sonstige Modernisierungskosten betreffen wird. In der Praxis werden eine Wärmedämmung und der Einbau einer neuen Heizung oft mit anderen Modernisierungsmaßnahmen verbunden, die ebenfalls mietsteigernd wirken. Zu den Maßnahmen der energetischen Modernisierung würden Photovoltaikanlagen auf dem Dach zählen, da diese die Energiebilanz eines Hauses senken. Mieter/innen haben keinen direkten Vorteil dadurch, aber die Investitionskosten könnten künftig trotzdem auf die Miete umgelegt werden.

Der Eigentümerverband Haus und Grund fordert außerdem, die Möglichkeit von Mietminderungen wegen energetischer Sanierungen auszuschließen. Baulärm, Dreck und andere Beeinträchtigungen, die mit einer Wärmedämmung und der Installation moderner Heizungsanlagen zusammenhängen, müssten die Mieter/innen demnach einfach hinnehmen. Die CDU schlägt vor, dass bei energetischer Modernisierung 3 Monate lang nicht die Miete gemindert werden darf.

Dass die energetische Modernisierung schon nach heutigem Recht als ein Mittel dienen kann, alteingesessene Mieter/innen zu verdrängen, zeigt ein Beispiel aus Kreuzberg, über das die taz am 7. Oktober berichtete. Nach einer umfassenden Modernisierung und Wärmedämmung soll der Zeitung zufolge die Miete in den betreffenden Häusern um bis zu 82% steigen. Falls der Vermieter mit seinen Forderungen vor Gericht durchkommt, wären wohl nicht wenige Mieter/innen zum Auszug gezwungen.
 

MieterEcho Nr. 344 / Dezember 2010


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