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Bewirtschaften, aber nicht bauen

Privatisierung und privatwirtschaftliche Organisation des Wohnungsmarkts nach der Private-Equity-Welle

Jutta Blume
 

Seit der Jahrtausendwende findet eine Umstrukturierung des Wohnungsmarkts in großem Ausmaß statt. An die Stelle kommunaler Wohnungsgesellschaften traten zunächst internationale Finanzinvestoren, später dann private Wohnungsunternehmen. Die Geschäftsstrategien sind unterschiedlich, allen gemeinsam ist die Einschätzung, dass sich auf dem deutschen Immobilienmarkt weiterhin Gewinne erzielen lassen.

 

Wenn man den Publikationen wohnungswirtschaftlicher Institutionen Glauben schenken darf, dann ist der Handel mit großen Wohnungspaketen in den letzten Jahren weitgehend zum Erliegen gekommen. Wurden im Jahr 2005 in Deutschland noch über 350.000 Wohnungen in größeren Transaktionen gehandelt, waren es nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Jahr 2009 nur noch 28.300. Als größere Transaktionen galten Verkäufe von Paketen mit über 800 Wohnungen. In Berlin fiel darunter z. B. der Verkauf von 3100 Wohnungen der Gesobau an die Howoge, also ein Geschäft zwischen den kommunalen Wohnungsunternehmen. Außerdem erwarb die Deutsche Annington die Prima GmbH Lichtenberg mit rund 4500 Wohnungen. Bei der Betrachtung von Paketverkäufen in großem Stil bleibt jedoch ein entscheidender Teil des Wohnungsmarkts außer Acht. Zum einen veräußern kommunale Wohnungsunternehmen weiterhin kleine Teile ihrer Bestände (vgl. MieterEcho Nr. 340/Mai 2010), zum anderen sind privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen seit einigen Jahren dabei, sich größere Bestände zusammenzukaufen.
 

„Zweite Generation“: Aktiengesellschaften und Fonds

Einige der großen Finanzinvestoren, die vor allem umfangreiche Wohnungspakete aus kommunalen Beständen erworben hatten, sind bereits nach wenigen Jahren wieder aus dem Immobilienmarkt ausgestiegen. Dazu hat die negative Entwicklung der Finanzmärkte beigetragen, häufig war aber ohnehin nicht geplant, die Bestände längerfristig zu halten. Auch der GSW-Käufer Cerberus hätte sich gerne mittels Börsengang von den Berliner Beständen getrennt, schätzte dann aber im letzten Moment die Gewinnchancen als zu niedrig ein.

Neben den großen Finanzinvestoren ist seit 2000 eine „zweite Generation“ von Immobilienkäufern aktiv geworden. Zum Teil sind es von Sparkassen gebildete Aktiengesellschaften, zum Teil private Herausgeber von Immobilienfonds, die in kleinerem Rahmen Wohnungsbestände gebildet haben. Zu nennen wären hier die Sparkassen Immobilien AG und Conwert aus Österreich, die Corpus Immobilien Gruppe und die Colonia Real Estate aus Köln. Die Strategien reichen vom schnellen Weiterverkauf bis hin zum mittel- bis längerfristigen Vermieten. Die letzten, die mit geschlossenen Immobilienfonds in den Berliner Markt einstiegen, waren Speymill mit Sitz im ehemaligen Steuerparadies Isle of Man, die den „Epicure Fonds“ auflegte, sowie die Proark Gruppe/Ejendomsinvest mit Sitz in Kopenhagen. Wie stark diese zweite Generation künftig auf dem deutschen Immobilienmarkt vertreten sein werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bereits Ende 2007 sprach der Immobilienverband Deutschland (IVD) davon, dass sich „einige der rein finanzgetriebenen internationalen Investoren aus Deutschland“ verabschieden würden. Da bei steigenden Kapitalzinsen nicht mehr die gewünschten Renditen zu erzielen seien, würden sie sich nun anderen Weltregionen, z. B. Asien, zuwenden. Einige dieser Finanzinvestoren wie Level One oder Babcock & Brown sind außerdem teilweise oder ganz in die Insolvenz gegangen.
 

Klassische Bewirtschaftung in der „dritten Generation“

Der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung (vhw) prognostizierte 2008 einen Übergang von opportunistischen zu längerfristig orientierten Investoren. Tatsächlich ist das Interesse der Investoren am deutschen Immobilienmarkt nicht gesunken, wobei gerade am Berliner Wohnungsmarkt immer noch besonders großes Interesse besteht. In der „dritten Generation“, die etwa seit 2005 auf dem deutschen Immobilienmarkt agiert, dominieren private, eigentümergeführte Unternehmen, die sich mehr und mehr auf die „klassische Wohnungswirtschaft“ stützen, wenn dies auch selten damit verbunden ist, dass sie selbst Wohnungen bauen. Sie unterhalten zumeist auch eigene Hausverwaltungen und Gebäudeservices.

Da diese Unternehmen, anders als offene Immobilienfonds, nicht den Anlegern verpflichtet sind, erfährt man kaum etwas über ihre Finanz- und Geschäftsstrategien. Selten kaufen sie größere Pakete. Die meisten haben recht genaue Vorstellungen über die Lage und Ausstattung der zu erwerbenden Immobilien. So spezialisiert sich der dänische Investor Taekker auf Altbaubestände in Kreuzberg, Friedrichshain und Prenzlauer Berg, der amerikanische Investor Nicolas Berggruen auf besonders auffällige und prestigeträchtige Immobilien. Die Käufer sind vor allem skandinavische Investoren, aber auch angelsächsische, österreichische oder niederländische.

Das verstärkte Auftreten der skandinavischen Unternehmen lässt sich auf einen Mangel an Immobilienangeboten in den eigenen Ländern bzw. den vergleichsweise niedrigen Preisen in Berlin und anderen deutschen Städten zurückführen. Darüber hinaus verfügen sie über das entsprechende Privatkapital. So gründete das größte schwedische Wohnungsunternehmen, Akelius Fastigheter AB, im Jahr 2006 eine deutsche Tochtergesellschaft und vermietet in Berlin etwa 3000 Wohnungen, vor allem in besseren Wohnlagen. Da die Akelius Gruppe auch eine eigene Bank betreibt, hat sie Zugang zu den entsprechenden Investitionsmitteln. Im Wohnungsbau engagiert sich das Unternehmen weder in Schweden noch in Deutschland.  

Das dänische Unternehmen Taekker schaffte es ebenfalls, in Berlin in kürzester Zeit einen Bestand von knapp 4000 Wohnungen aufzubauen, und bekundet Interesse, diese langfristig zu bewirtschaften. Daneben gibt es viele kleinere Privatinvestoren, von denen nicht alle als Vermieter auftreten. Einige nutzen die Wohnungen als private Ferienwohnungen für sich und ihre Freunde oder lassen sie zeitweise über eine Agentur als Ferienwohnungen vermieten. So bietet die auf skandinavische Privatinvestoren spezialisierte Maklerfirma Berlinmaegleren neben der Vermittlung passender Immobilien auch deren Vermittlung als Ferienwohnung an. Auf diese Weise tragen die Privatinvestoren nicht nur zur allgemeinen Mietsteigerung, sondern auch zur Verknappung des Wohnungsangebots bei.
 


 

Abhängig von Lage und Ausstattung nutzen die privaten Wohnungsunternehmen gern die Möglichkeiten der Mietsteigerung bei Neuvermietung und bieten häufig Wohnungen zu Mieten von 20% und mehr oberhalb des Mietspiegels an. Sie allein sind aber kaum für das steigende Mietniveau in der Stadt verantwortlich zu machen, denn auch die kommunalen Wohnungsunternehmen interessieren sich bei Neuvermietung wenig für die Mietspiegelwerte.
 

MieterEcho Nr. 342 / September 2010


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