MieterEcho 331/Dezember 2008: Das „Rettungspaket“

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MieterEcho 331/Dezember 2008

Quadrat FINANZKRISE

Das „Rettungspaket“

Banken erhalten milliardenschweren Blankoscheck

Benedict Ugarte Chacón und Hermann Werle

Für die verlustreichen Geschäftspraktiken der Banken wurden weltweit Rettungspakete in einer historisch einmaligen Dimension geschnürt. Über drei Billionen Euro standen innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung, wobei niemand weiß, ob sie auch nur annähernd ausreichen werden, um die noch immer existierenden Risiken bei den Banken und ihren Zweckgesellschaften abzudecken. Das von der Bundesregierung in wenigen Tagen in Bundesrat und Parlament durchgepeitschte „Finanzmarktstabilisierungsgesetz“ umfasst 500 Milliarden Euro, wovon 400 Milliarden Euro auf Staatsgarantien für kurzfristige Kredite der Banken untereinander entfallen.

80 Milliarden Euro können für staatliche Beteiligungen an Banken genutzt werden und 20 Milliarden Euro für Bürgschaftsausfälle. Das heißt, Banken können sich mit den staatlichen Beihilfen von ihren faulen Krediten befreien.

Am 15. Oktober 2008 beriet der Bundestag zum ersten Mal über den Entwurf des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes und verwies das Vorhaben in die zuständigen Ausschüsse – auf eine ansonsten übliche Anhörung von Sachverständigen verzichtete man, es musste ja schnell gehen. Am 17. Oktober verabschiedete der Bundestag das Gesetz. Am gleichen Tag traf sich der Bundesrat zu einer Sondersitzung und stimmte dem Gesetz ebenfalls zu. Danach ging es mit wehenden Fahnen zum Bundespräsidenten, der das Vorhaben brav abnickte, und so konnte das Gesetz am 18. Oktober in Kraft treten. Am 20. Oktober erfolgte die Verabschiedung der zugehörigen Durchführungsverordnung.

Ziel des Gesetzes und der Verordnung ist es, die Zahlungsfähigkeit der Banken mit Sitz in Deutschland zu sichern und damit den Finanzmarkt zu stabilisieren. Zentral ist die Einrichtung eines „Finanzmarktstabilisierungsfonds“ mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro. Davon kann der Staat 80 Milliarden Euro verwenden, um sich in Kreditinstitute einzukaufen. 20 Milliarden sind für Bürgschaftsausfälle vorgesehen. Zudem wird das Bundesfinanzministerium ermächtigt, durch Bürgschaften bis zu einer Gesamthöhe von 400 Milliarden Euro betroffenen Kreditinstituten, Kapitalanlagegesellschaften und Versicherungsunternehmen unter die Arme zu greifen. Das Gesamtvolumen des „Rettungspakets“ beträgt also 500 Milliarden Euro. Das Gesetz ist bis zum 31. Dezember 2009 befristet, danach soll der Fonds aufgelöst werden. Ein eventuelles Defizit teilen sich Bund und Länder im Verhältnis von 65 zu 35, wobei die Bundesländer maximal 7,7 Milliarden aufbringen müssen. Die Verwaltung des Rettungsfonds übernimmt die neu geschaffene „Finanzmarktstabilisierungsanstalt“. Sie ist bei der Deutschen Bundesbank angesiedelt, jedoch organisatorisch von dieser getrennt.

Beschwichtigung und Ablenkungsmanöver

Die Bundesregierung verkündete stolz, dass auch die Banken etwas zur Lösung der Krise beizutragen hätten. „Keine Leistung ohne Gegenleistung“, gab man als Parole aus. Die Banken, die die Rettungsmaßnahmen der Regierung annehmen, müssten sich „Überprüfungen der Geschäftspolitik“ unterziehen und der Staat könne auf sie einwirken. Zudem sollten die Managergehälter auf 500.000 Euro pro Jahr begrenzt werden. Etwas weniger bestimmt steht das alles jedoch in der Durchführungsverordnung. Da ist eher von „soll“, „kann“, „hinwirken“ und „Möglichkeiten“ die Rede. Was als „starker Staat“ inszeniert wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein halbseidenes Konglomerat aus Beschwichtigung, Vertuschung und medial aufgeblähten Ablenkungsmanövern. Was genau zwischen hilfsbedürftigen Banken und dem Rettungsfonds verhandelt wird, soll Geheimsache bleiben. Schließlich wolle man die wackligen Banken nicht zusätzlich zu ihrer Schmach noch an den Pranger stellen, hieß es aus dem Finanzministerium. Kontrolliert werden soll die Arbeit des Fonds nicht etwa öffentlich, sondern durch ein geheim tagendes Gremium aus neun Abgeordneten, die sich zum Stillschweigen verpflichten müssen.

Gesetz deckt Zockerei

Das Einwirken auf die Geschäftspolitik der jeweiligen Banken, eine der Gegenleistungen für die vielfältige staatliche Hilfe, war eine der „Botschaften fürs Volk“ und diese sah sich das ARD-Magazin Monitor genauer an. Denn wenn der Bund sich an einem privatrechtlichen Unternehmen beteilige, müsse er sich nach den Paragrafen 65 und 69 der Bundeshaushaltsordnung einen angemessenen Kontrolleinfluss sichern. Das Stabilisierungsgesetz besagt allerdings explizit, dass diese Paragrafen nicht zur Anwendung kommen sollen. Somit sei völlig offen, „in welcher Weise der Bund sich seinen Einfluss also sichert“, so der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, Christian Pestalozza. Ebenfalls nicht festgeschrieben sind Prüfungen der Geschäfts- und Lageberichte, wie sie die Bundeshaushaltsordnung in den Paragrafen 39 und 65 vorsieht. Von einer Offenlegung der ruinösen Geschäftspraktiken kann also keinerlei Rede sein – das Gegenteil ist der Fall. Das vom Bundestag mit den Stimmen von SPD, CDU/ CSU und FDP am 17. Oktober angenommene Gesetz deckt die Zockereien der Bankmanager und beschert denselben einen milliardenschweren Blankoscheck.

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