MieterEcho 327/April 2008: Untergangsstimmung an der Côte d’Azur

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MieterEcho 327/April 2008

Quadrat WOHNUNGSMARKT

Untergangsstimmung an der Côte d’Azur

Auch auf der weltgrößten Messe der Immobilienbranche ist die Krise spürbar

Sebastian Müller

Jedes Jahr im Frühling trifft sich an der Côte d’Azur die globale Immobilienbranche und das, was sich dafür hält. Für deutsche Oberbürgermeister ist die Messe mittlerweile scheinbar ein Muss. 28.000 Besucher wurden dieses Jahr auf dem "Le marché international des professionnels de l’immobilier (MIPIM)" in den Messehallen von Cannes gezählt – zumeist nicht in frühlingshafter Aufbruchstimmung. Erstmals seit Jahren macht sich die Branche, in der Erfolgsmeldungen und eine vergoldete Zukunft zum professionellen Auftritt gehören, Sorgen.

Die geplatzte Immobilienblase in Spanien stürzte kürzlich eines der größten spanischen Immobilienunternehmen, Colonial, in die Krise. Am Eröffnungstag der MIPIM brach der Aktienkurs von Gecina, einer führenden französischen Immobilienfirma, dramatisch ein. Der Kurs der deutschen Hypo Real Estate geht durch größere Tiefen, die Aktien der Gagfah haben zwei Drittel ihres Emissionswerts eingebüßt. Keine Frage, die Hausse ist in Europa vorbei. Die US-amerikanische Subprime-Kreditkrise hat die Immobiliendealer erreicht.

Käufer zögern, die Zinsen steigen, die Investitionsbanken sind durch die Milliardenverluste bei der Spekulation auf Subprime-Kredite ernsthaft ,klamm’. Tausende von Gläubigern haben ihre Rechtsanwälte in Marsch gesetzt und bedrängen sie mit weiteren Forderungen. Gerade haben sich die Notenbanken der USA, Europas und Japans erneut auf die zweite große Finanzspritze für Banken geeinigt, um ihre Liquidität zu sichern. Nach der Pleite der Bear Stearns Fonds im Juni 2007 verhandelt nun einer der größten Finanzinvestoren weltweit, der Hedgefonds Carlyle Capital Corp. (CCC) mit seinen Gläubigerbanken, um einen Notverkauf seiner milliardenschweren Wertpapierbestände zu verhindern. Anleger rufen schon Kapital in der Höhe von fünf Milliarden Dollar ab. Ein weiterer Abzug von 16 Milliarden droht bereits. Zu Notverkäufen von Wohnungsbeständen könnten aber auch diejenigen Fondsinvestoren gezwungen werden, die in den letzten drei bis fünf Jahren groß in das Wohnimmobiliengeschäft in Deutschland und Europa eingestiegen sind. Sie köderten ihre Anleger mit Gewinnmargen von 20% und mehr und finanzierten ihre Käufe zu 80 bis 90% mit – vermutlich eher – kurzfristigen Krediten. Das ging so lange gut, wie die Preise und Mehrfachverkäufe in Gang kamen, die Zinsen niedrig blieben und die Banken mitspielten. Alle diese Bedingungen stimmen jetzt nicht mehr. Jetzt drohen Anschlussfinanzierungen, und die Banken werden die Werte der beliehenen Bestände genauer ansehen. Das Massengeschäft mit dem Verbriefen von Hypotheken ist durch die Subprime-Kreditkrise definitiv ausgehöhlt.

Analytiker erwarten einen Einbruch des Geschäfts, im Bereich der Gewerbeimmobilien allein um 73% für 2008. Der von internationalen Finanzinvestoren heimgesuchte und gesteuerte Teil der deutschen Immobilienbranche wird sich der Krise nicht entziehen können. Wer die Finanzinvestoren bisher angebetet hat, wird Grund haben, erneut zum Himmel zu flehen: Herr, lass den Kelch an uns vorübergehen.

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