MieterEcho 321/April 2007: Gesetz zur Einführung von REITs vom Bundestag verabschiedet

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MieterEcho 321/April 2007

Quadrat PRIVATISIERUNG

Gesetz zur Einführung von REITs vom Bundestag verabschiedet

Am 22. März hat der Bundestag das umstrittene Gesetz über die Einführung börsennotierter Immobilienfond beschlossen. Diese Real Estate Investment Trusts - kurz REITs genannt - elektrisierten die Finanz- und Immobilienbranche bereits in den vergangenen Jahren. Denn hinter dem Wortungetüm verbirgt sich eine lukrative Anlagemöglichkeit für Finanzinvestoren. REITs bieten nicht nur einen Weg Anlagevermögen an Immobilienbeständen an der Börse zu notieren, sondern sind darüber hinaus mit großzügigen Steuervergünstigungen ausgestattet.

Aus der Perspektive des Finanzmarkts haben die REITs gleich zwei Vorteile: Zum einen können Unternehmen und große Konzerne auf diesem Weg ihre in Immobilien gebundenen Anlagewerte aktivieren und das so verflüssigte Vermögen in anderen Bereichen investieren. Zum anderen bieten die REITs eine neue Anlagesphäre für Finanzinvestoren. Experten wie der Deutsche-Bank-Vorstand Hermann-Josef Lamberti rechneten im Vorfeld der Gesetzesentscheidung mit einem Gesamtpotenzial von bis zu 60 Milliarden Euro. Denn aus der Perspektive des Finanzmarkts schlummern Milliardenvermögen in den Bilanzen der großen Konzerne, nämlich in den viel gerühmten "stillen Reserven". Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Immobilienfonds (Degi) zufolge besitzen die 100 größten deutschen Konzerne Immobilien mit einem Buchwert von rund 190 Milliarden Euro. Kein Wunder, denn in Deutschland halten 75% aller größeren Unternehmen nach wie vor an ihren Immobilien fest - in den USA sind es nur 25%.

REITslose Wohnungsbestände

Die Pläne für die Einführung von REITs wurden von der Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) seit 2003 vorangetrieben und ein erster Gesetzesentwurf aus dem Hause Steinbrück im September 2006 deutete auf einen durchschlagenden Erfolg der Lobbyarbeit. Doch aufgeschreckt durch die Warnungen von Mieterorganisationen formierte sich innerhalb der SPD-Fraktion der Widerstand gegen das Projekt der REITs. befürchtet wurden insbesondere negative Effekte einer zunehmenden Renditeorientierung auf den Immobilienmärkten und steigender Privatisierungsdruck für die öffentlichen Wohnungsbestände.

Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt sind langfristig zu befürchten

Ganz typisch für die Politik der großen Koalition mündeten die verschiedenen Positionen in einem mehr oder minder faulen Kompromiss. Die Lobbyisten des Finanzkapitals setzen sich grundsätzlich mit der Einführung der REITs und ihrer Befreiung von der Körperschafts- und Gewerbesteuer durch. Die Herausnahme von Bestandswohnungen hingegen kann als Zugeständnis an die Skeptiker innerhalb der Regierungsparteien gewertet werden. Damit unterscheiden sich die REITs in Deutschland von denen in anderen Ländern, wo es derartige Beschränkungen nicht gibt. Dennoch können Finanzinvestoren mit satten Anlagen rechnen, denn neben Gewerbe- und Hotelimmobilien können auch neugebaute Wohnungen (nach 31.12.2006 fertiggestellt) und ausländische Wohnimmobilien im Rahmen der REITs an die Börse gebracht werden.

Ein direkter Zugriff der Börse auf die Mietwohnung ist damit vorerst abgewehrt, aber die durch die REITs zu erwartenden Bewegungen auf dem Immobilienmarkt werden auch an den Wohnungsbeständen nicht spurlos vorbeigehen.

REITs

REITs (gesprochen: "Riets") stellen eine börsennotierte Immobilienanlage dar. Die Anleger sind an den laufenden Einnahmen und der Wertsteigerung einer Immobilie beteiligt. Gesetzlich ist eine Ausschüttung von 90% des Gewinns vorgesehen. Ein REIT ist von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, vorausgesetzt er beschränkt sich auf seine Haupttätigkeiten Erwerb, Bewirtschaftung und Verkauf von Immobilien. Die Besteuerung der Erträge eines REITs erfolgt nach Ausschüttung direkt beim Anleger als Dividende. Entstanden sind REITs in den 60er Jahren in den USA und mittlerweile bereits in 20 Ländern vertreten. Mit dem neuen Gesetz werden REITs nun rückwirkend zum 1. Januar auch in Deutschland in Form von Aktiengesellschaften zugelassen.

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