MieterEcho 317/August 2006: Von der Feuerstelle zur modernen Küche

MieterEcho

MieterEcho 317/August 2006: Inhalt

Quadrat RATGEBER WOHNUNG

Von der Feuerstelle zur modernen Küche

Das Thema Küche ist ein Dauerbrenner

Ulla Otte

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt die Bedeutung der Küche im Zusammenspiel mit gesellschaftlichem Wandel. Aktuelle Trends und die Weiterentwicklung der Technik beweisen, dass sich die Bedürfnisse geändert haben.

Seitdem sich die Menschen nicht mehr von Rohkost ernähren, brauchen sie einen Ort zum Kochen. In der Vorzeit legten sie eine Feuerstelle an, um Wärme zu erzeugen, wilde Tiere abzuschrecken und um ihre Speisen zuzubereiten. Dort versammelte sich der Stamm oder die Familie und Essen wurde dabei auch zum sozialen Ereignis. Die Haushalte des Adels und des Bürgertums im 18. Jahrhundert fanden, dass der Geruch und die Zubereitung von Speisen nicht standesgemäß waren und verbannten die Küche in die Kellerräume, wo Bedienstete die Arbeit übernahmen. Im Speisezimmer wurde gemeinsam mit Familie und Freunden gegessen. Bauern- und Arbeiterküchen hingegen wurden bis ins 20. Jahrhundert für unterschiedliche Zwecke genutzt. Richtungsweisend für die Entwicklung moderner Küchen im Europa der 1920er und 1930er Jahre war der soziale Wohnungsbau. 1927 stellte die Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky ihre so genannte "Frankfurter Küche" vor: Sie gestaltete sie wie einen industriellen Arbeitsplatz, an dem die Arbeitswege minimiert wurden und alles Wichtige mit einem Griff erreichbar sein sollte. Sie stützte sich bei ihrer Entwicklung auf die Theorie des Amerikaners Frederick Winslow Taylor (1856-1915), der daran glaubte, Management, Arbeit und Unternehmen mit einer rein wissenschaftlichen Herangehensweise optimieren zu können, damit soziale Probleme zu lösen und "Wohlstand für alle" zu erreichen. Schütte-Lihotzkys Küche wurde in eine Vielzahl von Siedlungswohnungen eingebaut, die der Architekt Ernst May hauptsächlich für die Stadt Frankfurt am Main realisierte. Die "Frankfurter Küche" stellt den Prototypen unserer modernen Einbauküche dar, die der erwerbstätigen Frau die Hausarbeit erleichtern sollte und klar von den Wohnräumen abgetrennt war.

Sind Herd und Spüle "Pflichtausstattung"?

Entgegen der weit verbreiteten Ansicht gibt es in Berlin für Vermieter keine Pflicht, die Küche einer Mietwohnung mindestens mit einem Herd und einer Spüle auszustatten. Dass Herd und Spüle aber häufig mitvermietet werden, hat zwei Ursachen. Zunächst schreibt das Berliner Wohnungsaufsichtsgesetz als Mindestanforderung für eine Wohnung vor, dass sie über "Koch- und Heizungsmöglichkeit sowie Wasserversorgung und Ausguss" verfügen muss. Ein Herd und eine Spüle erfüllen aber mehr als diese Mindestanforderungen. Dies liegt daran, dass sich eine solche Ausstattung "wohnwertsteigernd" auswirkt, d.h. aufgrund des Mietspiegels höhere Mieten gezahlt werden müssen. Im aktuellen Berliner Mietspiegel 2005 ist in der Merkmalgruppe 2 "Küche" der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung als wohnwertmindernde Merkmale angegeben: "Keine Kochmöglichkeit oder Gas-/Elektroherd ohne Backofen" und "Keine Spüle". Eine Spüle nebst Herd ohne weitere Einrichtungen erfüllt aber nicht die Anforderungen des Mietspiegels an das Sondermerkmal "Moderne Einbauküche", für das der Vermieter einen Zuschlag von 0,16 Euro/qm geltend machen kann. Hierfür muss eine Küche mit "Küchenschränken, Einbauspüle, Wand- und Bodenfliesen sowie einem Einbauherd" ausgestattet sein. Außerdem muss die Ausstattung "neuzeitlichem Standard" entsprechen, d.h. in der Regel nicht älter als zehn Jahre sein.
Falls Sie mit Ihrer Spüle und/oder Herd angemietet haben, gehören diese Geräte dem Vermieter und müssen bei der Rückgabe der Wohnung wieder betriebsbereit angeschlossen sein. Falls Sie aber über eine eigene Küchenausstattung verfügen, können Sie die Geräte durchaus während der Mietzeit z.B. im Keller einlagern oder den Vermieter um die Aufbewahrung bitten. Vorsorglich sollten Sie den Zustand durch Fotos dokumentieren.

Wohnküchen im Trend

"Vom Arbeitsplatz der Hausfrau zum sozialen Treffpunkt der Familie", so beschrieb Trendforscher Matthias Horx erst vor wenigen Jahren die Entwicklung zur Wohnküche. "Die Küche öffnet sich nach außen und ersetzt das Wohnzimmer". Auf diese erneute gesellschaftliche Wandlung stellen sich Architekten und Küchenhersteller ein: Grundrisse werden zunehmend so gestaltet, dass die Küche größer wird oder eine breite Öffnung zum Wohnraum hat und nicht mehr Richtung Norden liegt. Moderne Küchenmöbel sind kaum noch vom Mobiliar für andere Räume zu unterscheiden - Fronten sind aus edlen Materialien wie Holz, satiniertem Glas oder Hochglanzlack. Innovative Technik trägt dazu bei, die Geräuschentwicklung der Küchengeräte zu minimieren: Geschirrspüler und Dunstabzüge arbeiten heute nahezu lautlos und Dämpfungssysteme ermöglichen das leise Schließen von Türen und Auszügen.

Ergonomische Gestaltung beugt Rückenschmerzen vor

Auch in punkto Ergonomie hat sich in den letzten Jahren einiges getan: Bei einer Körpergröße von 160 cm liegt die optimale Arbeitshöhe bei 90 cm, bei einer Größe zwischen 180 und 185 cm jedoch schon bei 105 cm. Rückenschonend ist auch die Planung unterschiedlicher Bereiche: So sollte die Spüle bis zu 15 cm höher, die Kochmulde dagegen tiefer liegen, damit die Töpfe bequem einsehbar sind. Durch individuelle Sockellösungen und verschiedene Korpuskonzepte reagieren die Hersteller darauf. Backöfen und Spülmaschinen werden in Hochschränke eingebaut, damit sie ohne Bücken gefüllt und entladen werden können. In Unterschränken sorgen Vollauszüge für besseren Überblick auf den Inhalt als Schranktüren.

Grundformen der Planung

Bei der Planung haben sich im Laufe der Zeit sechs Grundformen bewährt. Der reine Arbeitsraum sollte 8 bis 10 qm groß sein, eine Küche mit Essplatz 12 qm und eine Wohnküche mindestens 15 qm. Der Arbeitsablauf bei Rechtshändern erfolgt von links nach rechts, Aufbewahren - Spülen - Vorbereiten - Kochen, danach werden die Bereiche festgelegt, bei Linkshändern in umgekehrter Anordnung. Für Räume mit nur einer Stellwand kommt die einzeilige Küche infrage, bei der L-Form sind viele Varianten möglich. Wird zweizeilig geplant, sollte der Raum mindestens 240 cm breit sein, an den Schmalseiten liegen Fenster und Tür. In der U-Küche sind die Wege in der Regel kurz. Bei der G-Küche kann der kurze Schenkel als Tresen zum offenen Wohnbereich dienen. Die Kochinsel ist ideal für Räume, in denen mehrere Leute kochen.

Jede Menge Stauraum

Platz hat man nie genug, besonders in der Küche. Deshalb sollte man seinen Bedarf lieber großzügig bemessen. Unter- und Hochschränke gibt es mit Türen, Auszüge sorgen allerdings für einen besseren Überblick auf Vorräte und Geräte. Hat die Küche einen Winkel, nutzt ein Eckschrank mit Karussell den Platz optimal. Oberschränke werden mindestens 50 cm über die Arbeitsplatte gehängt, damit sich niemand den Kopf stößt. Aufsatzschränke stehen auf der Platte, werden mit Rollläden geschlossen und bieten Stauraum für Elektrogeräte wie den Toaster. Relingsysteme halten Utensilien und Gewürze bereit. Sogar im Sockel haben manche Hersteller Platzreserven mit Schubladen erschlossen. Mülltrennsysteme sind optimal unter der Spüle untergebracht.

Geräte mit moderner Technik

Nach wie vor werden traditionelle Kochmulden aus Emaille mit Gasbrennern oder Edelstahl mit Stahlgussplatten angeboten. Derartige Geräte finden sich nebst einer (preiswerten) Einfachspüle in vielen Berliner Mietwohnungen (siehe Kasten). Standard sind heute allerdings Kochfelder aus Glaskeramik mit unterschiedlichen Beheizungsvarianten. Verbreitet sind Strahlungswärme oder Halogenstrahler und zunehmend auch Induktionskochfelder, bei denen die Wärme direkt im magnetisierbaren Topfboden erzeugt wird und das Kochfeld fast kühl bleibt. Moderne Backöfen verfügen über Umluft, Ober- und Unterhitze und Grill. Viele haben eine reinigungsfreundliche Beschichtung oder sogar die pyrolytische Selbstreinigung, bei der Schmutzpartikel bei 500 Grad verbrannt und Ascherückstände einfach abgewischt werden. (Integrierte) Dampfgarer bereiten Lebensmittel vitaminschonend und geschmackserhaltend zu und können exakt temperiert werden. Dunstabzüge wirken nicht nur gegen störende Gerüche, sondern verhindern auch, dass Wasserdampf und Fett sich auf Wänden und Möbeln absetzen und Schäden verursachen. Geschirrspülmaschinen sind bequem und sorgen für eine Energieersparnis von ca. 50% gegenüber dem Spülen von Hand. Sie können ebenso unsichtbar in die Küche integriert werden wie Kühlgeräte.

Einbauküche oder Küchenmodule

Einbauküchen sind auch für Mieter/innen geeignet. Wasser- und Stromanschlüsse legen die Arbeitsbereiche der Küche fest. Wer eine schlichte Küche wählt, kann diese beim Auszug eher an Nachmieter/innen verkaufen, als eine, die zu sehr dem eigenen Geschmack entspricht. Eine Einbauküche kann aber auch mit umziehen: Die Elemente werden neu kombiniert und nur die Arbeitsplatte ersetzt. Eine praktische Alternative sind Küchenmodule, die immer mitgenommen und in der neuen Wohnung weiter verwendet werden können. Sie bestehen aus Bausteinen, bei denen Spüle oder Herd fest in einen Unterschrank eingebaut sind. Diese sind einfach aufzustellen und mit flexiblen Anschlüssen im Nu wieder einsatzbereit. Fast alle Hersteller bieten mittlerweile Modulküchen an und haben damit auf die zunehmende Mobilität der Gesellschaft reagiert.

Tipps für den Fliesenspiegel

Wem der Fliesenspiegel (d.h. die Wandfliesen über der Arbeitsplatte) nicht gefällt, muss nicht gleich mit riesigem Aufwand renovieren, alte Fliesen abschlagen und neue verlegen. Es gibt Farbe, mit denen die Keramik beschichtet werden kann. Sie besteht oft aus zwei Komponenten, ist einfach selbst zu verarbeiten und im Baumarkt erhältlich. Stimmt der Vermieter dem Lackieren nicht zu, gibt es eine Alternative: Mit Nischensystemen, die meist aus zwei Profilleisten und Platten bestehen, lassen sich hässliche Fliesen gut kaschieren. Die Profile werden unten und oben angeschraubt (am besten in die Fugen bohren), dann die Platten eingesteckt. Üblich ist ein System aus Alu und satiniertem Glas (z. B. von Ikea), denkbar ist aber auch ein Eigenbau mit anderen Materialien. Die Verblendungen werden beim Auszug einfach wieder abgenommen und die Löcher zugespachtelt.

Zurück zum Inhalt MieterEcho Nr. 317