MieterEcho 316/Juni 2006: Kommen nach den Heuschrecken die REITs?

MieterEcho

MieterEcho 316/Juni 2006

 PRIVATISIERUNG

Kommen nach den Heuschrecken die REITs?

Börsennotierte Immobiliengesellschaften in der Diskussion: Investorenglück und Mieterleid

Hermann Werle

Innerhalb der großen Koalition wurde lange über Details gestritten, da vor allem innerhalb der SPD erhebliche Steuerverluste für die öffentliche Hand befürchtet wurden. Zu aller Zufriedenheit scheinen jetzt aber vom Bundesfinanzministerium die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden zu sein: Real Estate Investment Trusts (REITs) könnten somit zum 01.01.2007 in der BRD eingeführt werden.

Für Finanzinvestoren wie Cerberus, Fortress etc. sind REITs ein optimales Instrument, um sich aus den - bis dahin ausgeweideten - Beständen der ehemals kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zurückzuziehen, so eines der Resultate einer Konferenz der Bundestagsfraktion der Grünen am 29.05. 2006. Die Konferenz "Wohnungsmarkt im Umbruch" stellte u.a. die bisherigen Erfahrungen mit Finanzinvestoren sowie die geplante Zulassung von REITs zur Diskussion. Aus Kiel berichtete der baupolitische Sprecher der grünen Ratsfraktion von der Wirkung des Verkaufs der Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG), die 1999 an die WCM gegangen war: "Die Einnahmen aus dem Verkauf sind weg". Haushaltspolitisch hätte der Verkauf also nur kurzfristig eine Wirkung gehabt, da sich die Defizite inzwischen wieder aufgebaut hätten, so Conrad Hansen. Und dass die Mieten seither nicht stärker gestiegen sind, sei dem Umstand eines entspannten Wohnungsmarkts in Kiel geschuldet. Einen weiteren kritischen Aspekt brachte Horst Becker, Mitglied des Landtags in NRW ein, wo die schwarz-gelbe Regierung für 2007 die Privatisierung der LEG - mit über 100.000 Wohnungen eine der größten Wohnungsgesellschaften der BRD - plant. Ziel der potenziellen Investoren seien Renditen im zweistelligen Bereich. Dafür würden Wohnungsbestände nach ihrer Verwertbarkeit zerlegt und wohnungspolitische Steuerungsmöglichkeiten unmöglich gemacht. Entspannte Wohnungsmärkte, so Becker, seien in NRW nur teilweise anzutreffen und insbesondere im unteren Mietsegment sei die Situation mitunter sehr angespannt, die Risiken der Privatisierung seien also viel höher einzuschätzen als die Chancen.

Mit Bild gegen REITs

Für Klaus Droste, Top-Investmentbanker der Deutschen Bank, stellt sich die Situation ganz anders dar: Deutschland hätte bezüglich "neuer Anlageprodukte" Nachholbedarf und ausländisches Kapital würde ungeduldig an den Grenzen auf den deutschen REIT - auch G-REIT genannt - warten. Der hiesige Immobilienmarkt sei viel zu kleinteilig und "Kapital in Immobilien zu parken" sei außerdem eine Vorstellung von gestern, so der REITs-Verantwortliche der "Initiative Finanzstandort Deutschland". Ein nach den bisherigen Erfahrungen kaum realitätstaugliches Argument führte der Wirtschaftsjournalist Stefan Loipfinger an. Nach seiner Meinung brauche Deutschland den G-REIT, weil REITs mit Sitz in Deutschland medial angreifbar seien. Nach dem Motto "Bild hilft - Ein Herz für Mieter" erklärte der Journalist dem erstaunten Publikum, dass es Private-Equity-Fonds mit Sitz im Ausland wenig scheren würde, wenn ihr Image in Deutschland durch "ausgepresste Mieter" Schaden nehmen würde. Anders sähe es bei den G-REITs aus. Allein durch die Öffentlichkeit sei hier der Mieterschutz gewährleistet, da negative Schlagzeilen in der Boulevardpresse auch Auswirkungen auf die Kursentwicklung hätten.

Kritische Bilanz

Auf den realen Mieterschutz kam die Runde indes auch wieder zu sprechen. Franz-Georg Rips vom Deutschen Mieterbund verwies dabei auf den "public value", d.h. die öffentlichen Werte, die bei den Verkäufen von Wohnungsbaugesellschaften keine Berücksichtigung finden würden. Eva Jähnigen von der grünen Stadtfraktion aus Dresden kritisierte die beim Verkauf der WOBA vereinbarte Sozialcharta. Diese sei lediglich bestandsorientiert, d.h. bei Neuvermietungen kommt sie nicht zur Anwendung. Zudem gibt es keine institutionelle Kontrolleinrichtung, die die Einhaltung des Mieterschutzes überwachen würde. Schlussendlich seien diese Mieterschutzklauseln der Sozialcharta "ein gutes Marketinginstrument", um Sorgen zu beschwichtigen. Der "Experte für Wohnungsbauförderungsrecht", Hans-Dieter Krupinski, beschrieb die Situation nach einer Privatisierung. Denn dann käme es zu Neubewertungen der Wohnungsbaugesellschaften (d.h. sie waren zuvor unterbewertet), um den Kreditrahmen für die Investoren zu erhöhen, während gleichzeitig die Sanierungsinvestitionen heruntergefahren werden. Programme wie die "Soziale Stadt" seien also weder mit Private-Equity-Fonds noch mit REITs zu bewerkstelligen. Die öffentliche Hand würde also in jedem Fall draufzahlen. Und schließlich hätte es während der Veranstaltung kein Argument gegeben, das angesichts der aktuellen sozialen Probleme schlüssig für Private-Equity-Fonds oder REITs sprechen würde.

Mit dem neuesten Konzept des sozialdemokratischen Finanzministers Peer Steinbrück könnten die bisher REIT-skeptischen Teile der SPD-Fraktion zum Umschwenken gebracht werden - zum Leid der Mieter/innen, zur Freude der Investoren.

REITs

REITs (gesprochen: "Riets") sind Immobiliengesellschaften, die in verschiedenen Ländern (u.a. Belgien, Frankreich, USA) bereits seit Jahren an den Börsen gehandelt werden. Da die Strategien von Private-Equity-Fonds wie Cerberus oder Fortress nicht auf dauerhafte Anlagen, sondern auf schnelle Verwertung ausgelegt sind, bieten REITs eine optimale Ausstiegsoption (MieterEcho Nr. 314 berichtete). Innerhalb der SPD mehrten sich die Befürchtungen, dass mit der Einführung von REITs Steuerausfälle für die öffentlichen Haushalte entstehen und Wohnimmobilien zu Spekulationsobjekten verkommen. Letzterem soll nun durch "Haltefristen" entgegengewirkt werden, z.B. ein REIT darf maximal 7% seiner Wohnungen innerhalb eines Jahres verkaufen oder aber er muss über sieben Jahre 80% der Wohnimmobilien halten.

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